Mario Draghi verlangt den Sparern noch mehr Geduld ab
Auch 2017 will der Chef der Europäischen Zentralbank seine Nullzinspolitik fortsetzen. Das setzt besonders deutschen Anlegern zu, denn die Inflation steigt spürbar.
Das war ein schlechtes Jahr für alle, die ihr Geld auf Sparkonten parken und auch noch eine Lebensversicherung besitzen. Weil viele deutsche Anleger in höherem Maße als Bürger anderer Eurostaaten ihr Geld so anlegen, gehören sie zu den Hauptleidtragenden der abenteuerlichen und inakzeptablen Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank.
Die Welt wurde aus Sicht heimischer Sparer 2016 noch düsterer. Dies lag vor allem daran, dass Euro- Notenbankchef Mario Draghi die Zinsen von ohnehin lächerlichen 0,05 erstmals auf null Prozent gesenkt hat. Die Bürger bekommen kaum noch was für Anlagen auf Tages- und Festgeldkonten.
Mario Draghis Politik greift viele Menschen an
Die radikale Nullzinsdiät macht vor allem Lebensversicherern massiv zu schaffen. Die Überschussbeteiligung bleibt auf Abmagerungskurs. So sinkt bei der Allianz Deutschland die laufende Verzinsung aus Garantiezins und Überschüssen für klassische Verträge von 3,1 Prozent in 2016 auf 2,8 Prozent in diesem Jahr. Die Politik der Europäischen Zentralbank kommt damit einem Angriff auf viele Menschen gleich, die ihr Geld ohne allzu große Risiken für das Alter anlegen wollen.
Da helfen alle Ratschläge von Draghi nicht, die Deutschen sollten stärker auf Aktien setzen. Zwar hat der EZB-Chef recht, dass viele Bundesbürger Chancen, die sich an der Börse bieten, sträflich verstreichen lassen. Aber eines übersieht der Italiener und frühere Investmentbanker gerne: Wer für seinen Lebensabend Geld beiseitelegt und dessen Wert etwas mehren will, sollte besser Anlagen mit geringerem Risiko wählen. Ein zu hoher Aktienbestand kann zu menschlichen Katastrophen führen, wenn die Börsen dann kollabieren, wenn ein Anleger in Rente geht und Geld braucht.
Die Geduld der Sparer könnte überstrapaziert werden
Wurde die Geduld deutscher Sparer schon 2016 strapaziert, so könnte sie in diesem Jahr überstrapaziert werden. Denn eines der Hauptargumente Draghis droht in sich zusammenzufallen. Bislang konnte der Notenbank-Präsident immer darauf verweisen, dass die deutschen Sparer nicht enteignet würden, weil die Inflation extrem niedrig sei. So war die reale Verzinsung unter Berücksichtigung der Teuerungsrate zum Teil positiv. Schließlich gab es im vergangenen Jahr in der Eurozone sogar Monate mit einer negativen Inflationsrate. So verloren die Eurobürger zumindest in diesen Phasen trotz lächerlicher Zinsen auf Sparguthaben kein Geld.
Aber die Draghi-Beruhigungspille büßt an Wirkung ein, ist doch die Inflation im Dezember 2016 hierzulande auf 1,7 Prozent und damit stärker als in anderen Euroländern nach oben geschnellt. Weil die Bundesbank davon ausgeht, dass die Teuerung in diesem Jahr im Schnitt bei 1,4 Prozent liegt, kommt es doch zu der von Draghi abgestrittenen schleichenden Enteignung konservativerer Anleger.
Der Druck auf den Präsidenten der Europäischen Zentralbank wächst
Sollte die Teuerung auch 2018 ansteigen, steckt der EZB- Präsident in einer Zwickmühle: Einerseits wächst der Druck auf ihn, den Einstieg in den Ausstieg aus der Nullzinspolitik vorzubereiten, zumal auch in Amerika die Zinsen steigen. Andererseits muss der tragische Draghi mit billigem Geld Krisenstaaten wie Italien und Griechenland unverändert stützen, um eine neue Eurokrise zu verhindern. Auf den Schultern des EZB-Mannes lastet eine fast übermenschliche Verantwortung, denn wenn der Euro scheitert, könnte auch das angeschlagene Projekt „Europa“ wenn nicht scheitern, so doch fundamental beschädigt werden.
Es wird schwer für Draghi, sich aus der Nullzinsfalle zu befreien. Vielleicht ringt sich die EZB, wie einige Skeptiker glauben, erst 2019 durch, die Zinsen anzuheben. Am Ende könnten sieben magere Jahre für Sparer rauskommen – und das ohne die Aussicht auf sieben fette.
Die Diskussion ist geschlossen.