Immer mehr Bayern bekommen Antidepressiva
Die Zahl der Antidepressiva-Patienten in Bayern ist in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen. Vor allem bei den Männer gibt es einen starken Zuwachs.
Die Bayern nehmen immer häufiger Antidepressiva. Die Zahl der Patienten, denen entsprechende Medikamente verordnet wurden, ist zwischen 2008 und 2018 um 26 Prozent gestiegen. Das zeigen aktuelle Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse. Der Anstieg in Bayern liegt damit genau im bundesweiten Durchschnitt.
Auffällig: Zwei von drei Patienten, denen ein Medikament gegen Depressionen verschrieben wurde, sind weiblich. Doch während die Zahl der Frauen in Bayern im Erhebungszeitraum um ein Viertel stieg (25 Prozent), ist die Zunahme bei männlichen Betroffenen mit mehr als einem Drittel (38 Prozent) deutlich höher.
Hamburger nehmen am seltensten Antidepressiva
Trauriger Spitzenreiter der Datenerhebung ist Sachsen-Anhalt. Dort stieg die Zahl der Menschen, die mit Antidepressiva behandelt werden mussten, um 43 Prozent. Den geringsten Zuwachs gab es in Hamburg. Dort stieg die Zahl der Antidepressiva-Patienten nur um 16 Prozent.
Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat sich allein die Zahl der Arbeitnehmer, die wegen seelischer Erkrankungen am Arbeitsplatz ausfielen, in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Die Folge: bundesweit 107 Millionen Krankheitstage allein in 2017. Daher ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Medikamente gegen Depressionen verschrieben und eingenommen werden.
Nur Antidepressiva reichen nicht
Apotheker Sven Seißelberg von der KKH sagt: „Gerade bei schweren Verlaufsformen sind Antidepressiva oft unersetzlich. Sie lindern Symptome wie Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und hellen die Stimmung auf.“ Allein können sie eine Depression jedoch nicht heilen. Vielmehr bedarf es der Kombination mit einer Psychotherapie.
Antidepressiva werden oft zu schnell verschrieben
Oftmals werden Medikamente gegen Depressionen jedoch zu schnell und ohne eindeutige Diagnose verschrieben. Bei leichten bis mittleren Depressionen sind sie nicht immer das Mittel der Wahl. „Vor allem Kinder und Jugendliche sollten Antidepressiva nur in Ausnahmefällen erhalten“, appelliert Sven Seißelberg. Denn die Nebenwirkungen können stark sein, reichen von Müdigkeit über Gewichtszunahme, Verstopfung, Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen bis hin zu Herzrhythmusstörungen.
Wem ein Antidepressivum verordnet wurde, der sollte genau beobachten, ob es ihm spürbar besser geht. Apotheker Seißelberg rät: „Halten die Beschwerden auch nach mehrwöchiger Einnahme an oder treten starke Nebenwirkungen auf, sprechen Sie Ihren Arzt an. Eventuell ist die Dosis zu ändern, ein Präparat mit anderen Wirkstoffen geeigneter oder das Medikament abzusetzen.“ (tf)
Antidepressiva ersetzen nicht die Therapie
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