
Biberbacherin wandert mit Pferden über die Berge

Tina Boches Leidenschaft für das Wandern mit Pferden entstand aus einer Notwendigkeit heraus. Sie selbst stammt aus Argentinien und lebte dort auf einer Ranch.
Tina Boche schnallt große Taschen an Bueno, ihren argentinischen Criollo, der schon über 30 Jahre alt ist. "Säumen ist, mit einem Minimum an Ausrüstung unterwegs und frei zu sein", sagt sie. Dabei wird ein Packtier wie ein Pferd, ein Muli oder sogar ein Hund gesattelt, um Güter zu transportieren.
Etwa 50 Kilogramm seien dabei im Hobbybereich gängig, erzählt Boche. Profis können die Tiere sogar mit bis zu 100 Kilogramm beladen. Dazu zeigt sie einen historischen Sattel der Schweizer Armee, der schon über 100 Jahre alt ist. "Da wiegt das Gestell allein schon 20 Kilo", sagt sie. Welcher Sattel verwendet wird und mit wie viel Gewicht sie befüllt werden, hänge aber immer vom Tier ab und wer unterwegs sei. "Junge Männer schaffen es auch, eher den Sattel mit 100 Kilo zu beladen, als ich mit meinen 61 Jahren", erklärt Boche. Die Sättel sind reine Packsättel. Zum Reiten eignen sie sich nicht.

Die Kommunikation zwischen Pferd und Mensch muss stimmen
Das Ziel des Säumens sei es, mit den Tieren autark unterwegs zu sein, sagt Boche: "Man hat sein Zelt, Essen und alles dabei." Das Säumen hat eigentlich Tradition, um Waren wie Wein, Käse oder Salz über die Alpen zu transportieren, bevor es Straßen gab. Heute wird es besonders in Amerika genutzt. "In den Nationalparks darf man ja nicht mit dem Auto fahren, also bepacken die Ranger Pferde", sagt sie. Sie selbst ist in Argentinien geboren und lebte dort auf einer Ranch. "Dort ist es normal, mit Tieren unterwegs zu sein", erzählt sie. Ihre Leidenschaft für das Wandern mit Pferden entstand aus einer Notwendigkeit heraus.
Mehrmals im Jahr macht sie große Touren mit den Pferden. Vor unserem Gespräch ist sie gerade aus der Schweiz zurückgekommen. Es war ihre fünfte Alpenüberquerung in diesem Jahr. Die Menschen reiten oder gehen zu Fuß. Ihr separates Packtier führen sie an einem Strick in der Hand mit. Die Kommunikation und Vertrauen seien dabei essenziell, so Boche, und müsse erst am Boden erlernt werden, bevor es über den Berg gehe. So muss das Pferd beispielsweise lernen, hinter dem Menschen zu gehen und zu warten, bis dieser einen schwierigen Teil des Weges erklommen und Platz für das Tier gemacht hat. "Wenn 500 Kilo kommen, dann kommen 500 Kilo und können nicht einfach stoppen", meint sie, daher müssen Mensch und Tier sich abstimmen.
Tina Boche aus Biberbach-Markt: "Es ist die absolute Freiheit"
Nicht jedes Tier kann einfach bepackt werden. Ein spezielles Training ist notwendig, weil es mit leblosen Gütern beladen werde, nicht mit einem Menschen, der sich selbst ausbalanciere. "Die tote Last bewegt sich immer zum Nachteil vom Pferd", erklärt Boche. Das Tier müsse lernen, das auszugleichen. Zudem könne die Last scheppern oder mit Seilen fest geschnürt werden. "Das Pferd muss entspannt genug sein, um das mit sich machen zu lassen", so Boche. Die Dauer der Ausbildung hänge von der Intelligenz und der Geduld des Tieres ab. Mehrere Tage bis Wochen kann sie dauern. "Ein Pferd lernt aber nie aus", sagt sie Für größere Touren und mehr Gewicht müsse immer trainiert werden. Aber auch die Menschen müssen fit sein.
Fit ist Boche. Seit Mai sei sie immer wieder unterwegs gewesen, um Touren zu leiten. "Ich bin immer nur heim- gekommen, um die Tiere zu wechseln und meine Wäsche zu waschen", erzählt sie. Langweilig werde es trotzdem nicht. "Diese Art zu Reisen ist so entschleunigt", meint Boche. Auf dem Pferd sei alles, was benötigt werde. So könne sie völlig unabhängig von Zivilisation unterwegs sein. Abends sucht sie nach einem geeigneten Platz mit Gras für die Pferde, um ihr Zelt aufzuschlagen, und fragt bei den Besitzern, ob sie dort für die Nacht bleiben dürfe. In den 14 Tagen in der Schweiz habe sie nicht einmal eine Absage bekommen. Über die Pferde komme sie mit den Menschen ins Gespräch und erhalte einen ganz anderen Zugang zu ihnen, sagt Boche: "Auf einmal öffnet sich eine Welt, wo man willkommen ist." Diese Offenheit und Nettigkeit vermisse sie im Alltag. Über die Pferde könne sie die Natur ganz anders erleben. "Ich habe dann kein Fernsehen und kein Radio, sondern bin einfach ganz entschleunigt und genieße die Natur", erzählt sie. Ein bisschen Minimalismus sei auch nötig. "Aber es ist die absolute Freiheit", sagt sie mit leuchtenden Augen.
Durch Nachfrage entstand die Säumer-Akademie in Markt
So zieht sie auch jeden Februar durch die Anden in Argentinien. Zehn Tage lang sind sie und andere ohne Strom oder Hotels unterwegs. "Man kommt an ganz andere Orte, als Reisende, die an Infrastruktur gebunden sind", erzählt Boche. Immer mehr Freunde hätten gefragt, ob sie nicht einmal mitkommen dürften. "Ich habe einfach gemerkt, wie groß das Interesse ist", sagt sie. So kam es, dass sie 2013 zusammen mit Bjørn Rau eine Säumer-Akademie gründete. Die erste in Europa. Auf der Burg Markt bildet Boche nun Mensch und Tier im Bereich Säumen fort. Dafür hat sie den Eiserner Gustav Preis vom VFD erhalten. Zusätzlich bietet sie Touren durch Argentinien, die Schweiz oder Tschechien an. Informationen dazu sind auf ihrer Homepage unter www.saeumer-akademie.com zu finden.
Sie haben nicht die Berechtigung zu kommentieren. Bitte beachten Sie, dass Sie als Einzelperson angemeldet sein müssen, um kommentieren zu können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an moderator@augsburger-allgemeine.de.
Um kommentieren zu können, gehen Sie bitte auf "Mein Konto" und ergänzen Sie in Ihren persönlichen Daten Vor- und Nachname.
Bitte melden Sie sich an, um mit zu diskutieren.