
Wer waren die "Urmeitinger"? Archäologen finden fünf Skelette

Plus Bei Waltershofen wurden bei Baggerarbeiten Skelette gefunden. Die Gräber stammen aus dem frühen Mittelalter. Was sie über die Geschichte Meitingens erzählen.
"Eigentlich wollten wir nur einen Kanalanschluss an den Wertstoffhof bauen." Mit diesen Worten präsentierte Meitingens Bürgermeister Michael Higl beim Neujahrsempfang das Bild eines Skeletts und verriet, dass beim Baggern in der Tiefe (erneut) Geschichtsträchtiges entdeckt worden sei: "Urmeitinger" in der Nähe von Waltershofen, die circa 750 nach Christus gelebt haben könnten.
Die Firma Archäograph, die mit den Grabungen betraut wurde, lieferte nun detailliertere Informationen zu diesem Fund: In der Werner-von-Siemens-Straße wurden frühmittelalterliche Gräber gefunden. Das ließen bereits im Oktober Drohnenaufnahmen im Zuge der archäologischen Baubegleitung erahnen. Die Skelette waren in West-Ost-Richtung ausgerichtet und in Nord-Süd-Richtung angeordnet. Die Ausgrabung erfolgte im Januar, wobei insgesamt fünf Bestattungen ausgegraben und dokumentiert wurden. Es handle sich um zwei Jugendliche im Alter zwischen 13 und 18 Jahren, eine Frau zwischen 25 und 30 Jahren sowie zwei Männer – einer im Alter zwischen 30 und 40 Jahren und einer zwischen 40 und 60 Jahren.
Skelett bei Meitingen gefunden: gebrochene Rippen und schlechte Zähne
Der ältere Mann, der laut Auskunft der Archäologen unter starker Arthrose und Gelenkschmerzen gelitten haben müsste, bei dem Karies festgestellt wurde und dem im Laufe seines Lebens zwei Rippen gebrochen worden waren, befand sich im Zentrum der Grabgruppe. Die Archäologen leiteten daraus eine mögliche Hierarchie ab: Die bedeutendste Person dieser Grabgruppe sei demnach der ältere Mann gewesen. Links und rechts von ihm befanden sich der jüngere Mann und die jüngere Frau. Die Grabgrube des Jugendlichen, der im Süden der Grabgruppe entdeckt wurde, störe das Grab der Frau, heißt es in den Auswertungen der Archäologen, woraus sie schlussfolgerten: Dieser Jugendliche starb später als die Frau. Der weiter nördlich bestattete Jugendliche scheint gar etwas abseits zu liegen.

Um ableiten und dokumentieren zu können, aus welcher Zeit die Skelette stammen, gaben mehrere kleinere Details Aufschluss. Nur zwei eiserne Gürtelschnallen konnten die Archäologen in den Gräbern finden: beim Grab des jungen Mannes und bei einem Jugendlichen, der demzufolge als männlich gedeutet werden könnte, was aber nur eine Vermutung darstellt. Mit Blick auf die geschichtliche Einordnung erklären die Archäologen, dass die Zeit der üppig ausgestatteten Gräber aus der Merowingerzeit vorbei gewesen sein muss, obgleich die Ausrichtung der Körperbestattungen mit dem Kopf im Westen und dem Körper gen Osten erhalten geblieben ist. Das Fazit der Archäologen: "Wir datieren die Gräber daher unter Vorbehalt in die späte Merowinger-/frühe Karolingerzeit, d. h. um 700 bis 750 n. Chr.", heißt es im Bericht. Vermutlich handle es sich um eine kleine Hofgrablege. Erst im 8. bis 10. Jahrhundert habe sich die Bestattung bei Kirchen etabliert.
Das haben Archäologen in Meitingen gefunden
Neu sind Funde aus dem frühen Mittelalter in Meitingen nicht. Im Neubaugebiet an der Donauwörther Straße, die einen Teil der römischen Via Claudia darstellt, wurde zwischen 2016 und 2021 eine Siedlung des 7. bis 9. Jahrhunderts ausgegraben. Da diese Siedlung mit zahlreichen Grubenhäusern nur knapp einen Kilometer von den fünf Skeletten entfernt liegt, gehen die Archäologen davon aus, dass sich diejenigen, die in der Siedlung lebten und die Menschen, deren Überreste im Januar ausgegraben wurden, vermutlich gekannt haben. Doch nicht erst in jüngster Zeit wurden Überreste aus längst vergangenen Jahren geborgen: Bereits im Jahr 1956 sei eine Körperbestattung samt Schwert und Riemenzunge im Zuge von Baggerarbeiten freigelegt worden, heißt es im Bericht der Archäologen. Sie vermuten, dass beim Kiesabbau zahlreiche Gräber zerstört worden seien.
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