Zwischen Personalmangel und Überlastung: Politik lässt kranke Kinder im Stich
Dass sich die Lage in den Kinderkliniken zuspitzen würde, war vorhersehbar. Gehandelt wurde nicht. Doch nicht nur Kinder leiden unter den Engpässen im Gesundheitssystem.
Wie konnte es so weit kommen? Dass selbst schwer kranke Kinder fürchten müssen, nicht mehr immer schnell, nicht mehr immer gut medizinisch versorgt zu werden. Dass selbst kranke Kinder fürchten müssen, nicht mehr die passenden Medikamente zu bekommen. In Deutschland. In Bayern. In einem wohlhabenden Land. Einem Land, das sehr viel Geld für sein Gesundheitssystem ausgibt und das sich noch immer rühmen kann, im Vergleich zu anderen eine vorbildliche Gesundheitsversorgung zu haben. Doch wenn schon die Jüngsten nicht mehr versorgt werden können, was ist dann bald mit den anderen?
Zumal hinlänglich bekannt ist, dass die mangelhafte medizinische Versorgung nicht nur kranke Kinder und ihre Eltern spüren. Auch pflegebedürftige Seniorinnen und Senioren, auch behinderte Menschen erleben die Engpässe am eigenen Leib. Um Schwächere ist es bei uns oft nicht gut bestellt. Doch obwohl es immer mehr schmerzlich trifft, hält sich die breite Empörung in Grenzen. Daueraufreger sind andere Themen.
Es herrscht ein dramatischer Mangel auf allen Versorgungsebenen
Und das, obwohl in der Gesundheitsversorgung ganz offensichtlich Grundlegendes nicht erkannt wird: So sollte doch jedem klar sein, dass gerade die gesundheitliche Versorgung der Kinder und Jugendlichen an oberster Stelle stehen muss. Vor allem in sie müsste endlich stärker investiert werden. Denn es ist doch nachvollziehbar, dass Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter das ganze Leben prägen, dass aus jungen Patienten Dauerpatienten werden können, dass alles getan werden muss, damit Kinder und Jugendliche eine exzellente Versorgung genießen, wenn diese Gesellschaft eine gute Zukunft haben will. Die Realität sieht aber leider ganz anders aus. Es herrscht ein dramatischer Mangel auf allen Versorgungsebenen: Gerade auch Kinderkliniken arbeiten nicht erst jetzt vor dem Hintergrund der akuten RSV-Welle weit über der Belastungsgrenze. Therapien für krebskranke Kinder können oft nur über Spenden finanziert werden, es fehlen Kinderärzte, Kinderpsychiater, Kinderpsychotherapeuten und natürlich vor allem auch Kinderpflegekräfte.
Doch gerade bei der Pflege fragt man sich: Wie lange will man noch zusehen, dass immer mehr Personal fehlt? Wie lebensbedrohlich gerade diese Lücken sind, wissen doch alle. Warum also wird dieser Beruf nicht endlich aufgewertet? Wer sich um Pflegebedürftige kümmern kann und will, hat einen der wichtigsten Berufe in einer Gesellschaft, die sich sozial nennen will. Gelingt es nicht, mehr kompetente und empathische Pflegekräfte zu gewinnen, ihnen gute Arbeitsbedingungen zu garantieren, lassen wir es bewusst zu, dass kranke Menschen – ob Säugling oder Senior – früher sterben.
Es muss ein verpflichtendes Soziales Jahr für junge Leute geben
Ja, die Politik muss handeln. Aber es ist auch an der Zeit, dass eine bessere Versorgung ein gesamtgesellschaftliches Thema wird. Daher muss es auch ein Soziales Jahr für alle jungen Leute geben. Nicht freiwillig, verpflichtend. Nicht um schnell billig Personallücken zu stopfen, sondern für die Chance, die berufliche Bandbreite im sozialen und medizinischen Sektor kennenzulernen.
Gesundheitsminister Lauterbach hat eine Reform in die richtige Richtung angekündigt. Das kann aber nur ein Anfang sein. Zu viele Jahre schon stand der kranke Mensch oft nicht im Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung, sondern finanzielle Gewinne. Zu viele Jahre schon wurde die Kinder- und Jugendmedizin sträflich vernachlässigt. Die aktuell beschämenden Zustände in vielen Kinderkliniken waren vorhersehbar, sie wurden einfach in Kauf genommen. Das ist der eigentliche Skandal.
Die Diskussion ist geschlossen.
Ich persönlich hoffe nur dass das verpflichtende Soziale Jahr für junge Leute nicht kommt denn immer mehr Kliniken sind dazu übergegangen diese einfach auf den Stellenplan zu rechnen (z. B. als 25%=1/4-Stelle) - und ist es bei einem ungelernten Mitarbeitenden der mehr oder weniger motiviert oder kompetent ist, aber zumindest sich aus freien Stücken dazu entschlossen, hat schon frustrierend wenn damit Löcher geschlossen werden ("Also ihr habt doch genügend Leute: Da - xx,xx Stellen!") so wird die Situation nicht besser wenn es mehr - aus dem naheliegenden Grund der Unfreiwilligkeit mutmaßlich weniger motivierte - "Lückenbüßer" gibt.
Machen wir mal eine Zeitreise ins Jahr 2018: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Personalmangel-Intensivstationen-am-Limit,intensivpflege100.html
Was hat sich seither getan? Altes Thema, dass v. a. durch Corona wieder aktuell wurde. Dass das Personalthema schon viel älter ist, wird schnell verdrängt. Man muss leider auch sagen, dass die Situation nie ein Thema bei Landtags- oder Bundestagswahlen war, egal von welcher Partei.
Die Politik hat seit Jahren versagt, ob große Koalition oder Ampel. Es wurden tausende von intensiv Pflege Betten stillgelegt.
Je weniger Betten, desto schneller die Überlastung.
Stattdessen schöne Reden mit den üblichen politischen Geblubbere, wie aktuell von Fr Frau Lang. Man nimmt viel Geld in die Hand die die Kliniken.
Dann hoffen wir jetzt mal, dass sich die Politiker nicht weiter mit der Gängelung der Leute und sinnlosen Impfprogrammen und -pflichten im Rahmen der Corona-Hysterie befassen, sondern sich endlich mal ernsthaft den großen Baustellen Personal und Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen widmen!
Das glauben Sie doch nicht wirklich? Wir haben ein Parteienkartell bis auf eine Partei.
@ Alfred W.
Ein Parteienkartell? Bis auf eine Partei? Die mit dem großen A, gel? Aber die wird Ihnen auch kein Krankenhausbett organisieren, wenn SIe es brauchen. Die hat nämlich kein Konzept, wie sie dem kränkelnden Gesundheitswesen auf die Beine helfen will außer mit heißer Luft.
Für mich sind Impfprogramme und -pflichten nicht sinnlos und daher keine "Corona-Hysterie" (edit/mod/NUB 7.2)
Baustellen sind allerdings das Gesundheitswesen und damit auch Arbeitsbedingungen für das Personal.
Tipp:
Arbeiten sie doch mal ein Wochenende in einem Corona-Krankenhaus und danach überarbeiten sie ihren geistigen Ausstoß
Das Gesundheitswesen braucht geistige und finanzielle Unterstützung und keine unqualifizierten Kommentare
Martin M. ist zuzustimmen. Da Impfen nachwievor der beste Schutz gegenüber einer Krankheit ist, sind Impfprogramme zu befürworten
Von mehr oder weniger hilfreichen vierteljährlichen Corona-Impfungen halte ich in der Tat nicht sehr viel. Das gilt aber nicht für alle Impfungen (hatte ich ja auch nie behauptet. (edit/mod/NUB 7.2)
Vielleicht sollte der Herr MM selbst mal in einer wegen RSV überfüllten Kinderkliniken Dienst tun...die letzten zwei hysterischen Corona-Jahre rächen sich nun bei den Kleinkindern, deren Immunsystem durch Sterilhaltung kaum gefordert wurde.
@Martin D.
Kindergartenkinder waren von der Maskenpflicht ausgenommen. Die RS-Fälle nur auf die Coronamassnahmen zu reduzieren ist daher viel zu einfach.
Das Problem ist das Kaputtsparen der Pflege schon vor Corona. Und da alles auf die Politik zu schieben ist auch zu einfach. Der Wunsch nach niedrigen Krankenkassenbeiträge und ungesunde Lebensweise vieler trug auch dazu bei. Da sollte jeder erst mal bei sich schauen. Da nehm ich mich auch nicht aus.
Nur zur Information an denjenigen, der glaubt Kleinkinder haben schon ein voll ausgebildetes Immunsystem. Frühestens ab dem 10. (!) Lebensjahr kann das Immunsystem gegen die gängigen Erreger auftrumpfen.
@H.V.: Sofern die KiTas nicht gleich ganz geschlossen waren und die Turn-, Musik- und sonstigen Betätigungsangebote für Kinder plus Kontakt- und damit Spielverbot von Kindern untereinander in der Freizeit...