Herr Bücker, welches Theater kommt auf Augsburg zu?
Kultur 2017 übernimmt ein neuer Intendant die Leitung des Dreispartenhauses. André Bücker will neues Publikum gewinnen, ohne das angestammte zu vergraulen. Wie er das schaffen möchte und welche Rolle die Sanierung spielt
André Bücker hat die ganze Woche in Augsburg verbracht. Die Leitung des Theaters übernimmt der künftige Intendant zwar erst im September 2017. Doch dann wird er ein Haus im Umbruch leiten. Schon deshalb ist die lange Vorlaufzeit für ihn sehr wichtig.
In den vergangenen Tagen hat sich der 46-Jährige intensiv mit den Sanierungsplänen beschäftigt. Die aktuelle Debatte um die Millioneninvestition und das drohende Bürgerbegehren sieht Bücker gelassen: „Es ist klar, dass eine solche Summe zunächst gewaltig anmutet.“ Werde das Theater nicht saniert, müsse das Große Haus aber geschlossen werden. Bücker geht – trotz aller Debatten – derzeit nicht davon aus, dass es so weit kommt. Und er will dazu beitragen, dass sich die Sanierung nicht nur für die Mitarbeiter des Theaters, sondern auch für Bürger und Kulturschaffende auszahlt.
Was öffentliche Auftritte oder Pläne für seinen ersten Spielplan betrifft, hält er sich noch zurück: „Ich will kein Schattenintendant sein.“ Auch bei der heutigen Premiere von „Ein Sommernachtstraum“ wird man ihn deshalb nicht sehen. Zu manchen Themen hat er sich aber bereits eine Meinung gebildet:
Sanierung Die Arbeiten im Großen Haus sollen Anfang 2017 beginnen. Die Planung des Münchner Büros Achatz hält Bücker für seriös und realistisch. Zum einen, weil mögliche finanzielle Unwägbarkeiten einkalkuliert wurden. Zum anderen, weil die Pläne sowohl auf die Notwendigkeiten eines Theaterbetriebs eingehen als auch eine gewisse Flexibilität zulassen: „Die neue Brechtbühne ist ein zeitgemäßer Theaterraum, der viele Möglichkeiten bietet.“ Dort sei auch Platz für die freie Szene, die zuletzt immer wieder gefordert hatte, das Theater für die eine oder andere Veranstaltung nutzen zu dürfen.
Sanierungskritiker Noch hat André Bücker das Gespräch mit den möglichen Initiatoren eines Bürgerbegehrens nicht gesucht, will aber auf sie zugehen. Viele Kritikpunkte könnte seiner Ansicht nach die aktuell laufende Bürgerbeteiligung ausräumen. Bücker will sich demnächst auch selbst einbringen. „Der Prozess läuft, denke ich, sehr gut.“
Interimsspielstätten Das Theater wird während des Umbaus auf den Kongress am Park und an den Gaskessel ausweichen. André Bücker will sich aber nicht nur auf diese Orte beschränken: „Ich gehe mit offenen Augen durch die Stadt und schaue, welche Räume sich anbieten.“ Theater kann er sich „grundsätzlich überall vorstellen – auch in einem Asylbewerberheim“. In den Stadtteilen zu spielen ist ebenfalls eine Option. Allerdings will Bücker das Theater nicht zur „mobilen Kultureinheit“ machen.
Zuschauerzahlen 258000 Besucher kamen in der letzten Spielzeit, die Zahl der Abonnenten ist auf knapp 7000 gestiegen. Bücker hat sich vorgenommen, die Akzeptanz weiter zu steigern und neue Menschen fürs Theater zu begeistern: „In einem Mehrspartenhaus sind neben klassischem Theater kulinarische Opernabende, Crossover-Veranstaltungen, Tanz und mehr möglich.“ Angestammte Abonnenten will er mit Experimenten „zu einer neuen Sicht verführen“ – ohne ihnen das gewohnte Theater zu nehmen. Denkbar sei auch ein Plus an spartenübergreifenden Programmen.
Spielplan Derzeit „studiert“ Bücker die Programme der letzten Jahrzehnte, um zu sehen, was es bereits gab und wofür die Theatergänger sich interessieren. Neben allseits bekannten Stücken biete auch die Stadt selbst ausreichend Themen.
Freilichtbühne Die Augsburger Open-Air-Spielstätte liegt mitten in der Stadt, die Zahl der Aufführungen ist wegen des Lärmschutzes begrenzt. Bücker will am beliebten „Sommerspektakel“ am Roten Tor nicht rütteln: Auch er wird dort vor allem Musicals spielen – ein Modell, das sich zuletzt sowohl finanziell als auch auf die Besucherzahlen positiv auswirkte. Bücker will sich offenbar aber auf zeitgemäßere, moderne Musicals konzentrieren.
Augsburg „Ich hatte von Anfang an das Gefühl: Augsburg und ich? Das passt.“ So kommentiert Bücker die Frage nach den ersten Eindrücken. Was ihn reizt, sind die Themen, die sich in Augsburg anbieten: Fugger, Brecht, Mozart, Textilindustrie... Auch das vielfach geforderte offene Theater, das sich gesellschaftlich relevanten Diskussionen zuwendet, kann er gut mit seiner Sicht von Theater vereinbaren. Aktuell ist Bücker auf der Suche nach einer Wohnung für sich, seine Frau und den gemeinsamen Sohn; erste Objekte hat er besichtigt. Der 46-Jährige will so schnell wie möglich umziehen. "Kommentar
Feuilleton regional Ein ausführliches Interview mit André Bücker lesen Sie auf Seite 39.
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