"Man muss schon ein bisschen verrückt sein"
"Das war eine blöde Idee, hier mitzumachen", sagt Madalina Dambrowski, wenn man sie fragt, was sie denn gedacht hat, als sie die 261 Stufen des Perlachturms nach oben gerannt ist. Ihre dünnen Beine zittern, "mir tut gerade alles weh, mein Herz klopft wie wild. Aber aufgeben", sagt sie, "das wäre nicht gegangen." So wie die Zehnjährige aus Hochzoll überwanden am Samstag 73 Teilnehmer die 72 Höhenmeter des Perlachturms - vom durchtrainierten Profi bis zum spontan Entschlossenen.
Stefan Sölch zum Beispiel trat in Jeans und Straßenschuhen an: "Ich bin mit meiner Familie auf Wochenendbesuch in Augsburg, wir kamen zufällig hier vorbei", erzählt der 43-Jährige aus der Nähe von Stuttgart. "Sport mache ich sonst eigentlich kaum. Aber dieser Treppenlauf sah spannend aus, also dachte ich, ich probier's mal aus." 1:16 Minute brauchte er - eine Zeit, die ihm den 5. Platz in seiner Altersklasse einbrachte und gar nicht so weit entfernt ist von der des Vorjahressiegers, Turmrekordhalters und Titelverteidigers Roland Wegner.
Bei dem 33-Jährigen läuft nichts ungeplant ab, "mich kann man um 3 Uhr nachts wecken und ich kann jede einzelne Kurve und Stufe des Turmes beschreiben", berichtet er lachend. "Das Treppenlaufen ist eine sehr technische Sportart, neben Ausdauer geht es hier vor allem um Beweglichkeit und Koordination", erklärt er. Der Profi-Sprinter vom TSV Schwaben hat alles im Kopf: Linkskurven, Rechtsdrehungen, die Breite der Stufen, die Höhe des Geländers … "Ja, man muss schon ein bisschen verrückt sein, um das zu machen", gesteht er, "aber ich brauche diese Herausforderung. Ich habe mich wochenlang vorbereitet: Training auf Treppen mit 350 Stufen, keine Süßigkeiten, keine Ausreden. Wenn ich hier antrete, will ich gewinnen." Das tat er dann auch - mit 47,86 Sekunden. Vor allem durch die jüngeren Wettkämpfer steige der Druck auf ihn, "schließlich will man vor den Kids ja nicht schlecht dastehen ..."
Das beste Alter ist 13
"Das beste Alter für diese Sportart ist in der Tat zwischen 13 und 14", erklärt auch Hermann Volkmann von der TG Viktoria, der vor 20 Jahren die Idee zum Perlachturmlauf hatte und diesen seitdem mit organisiert und betreut. "Das geringe Gewicht der Jugendlichen macht sie enorm schnell, außerdem sind sie in diesem Alter schon groß genug, um beim Hochziehen am Geländer von der Hebelwirkung zu profitieren." Und obwohl die Muskeln bei Kindern und Jugendlichen wesentlich schneller übersäuern und dementsprechend schmerzen, war die Beteiligung vor allem in den unteren Altersklassen enorm: Bei der Gesamtwertung der Damen gingen die drei ersten Plätze ausnahmslos an Mädchen unter 13, als jüngste Teilnehmerin trat die fünfjährige Ida Zimmermann an.
Sie war vergangenes Jahr schon dabei und wird die 261 Stufen wohl noch öfters nach oben laufen - genauso wie Madalina Dambrowski. Ihre Beine hatten sich bis zur Siegerehrung wieder erholt, ihre Urkunde für den 11. Platz ihrer Altersklasse nahm sie stolz entgegen. Ihr Fazit? "Wenn man einmal oben ist, ist es wirklich ein tolles Gefühl. Ich mache nächstes Jahr wieder mit."
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