Wie wunderschöne Skulpturen
Die große Gefahr von Galavorstellungen ist, dass sie zur puren Präsentation von sogenannten Highlights verkommen. Welch beglückende und erregende Atmosphäre sich dabei aber auch einstellen kann, erlebten die Zuschauer im bis auf die Stehplätze ausverkauften Großen Haus am Freitagabend bei der Ballettgala des Theaters Augsburg.
Hochkarätige Darbietungen der Tänzer und eine Programmzusammenstellung, die ihre Spannung aus dem Kontrast aus hoher klassischer Schule und modernem Ausdruckstanz bezog, ließen die Zuschauer staunen, bewundern und jubeln. Einen Schwerpunkt im Programm legte Augsburgs Ballettdirektor Robert Conn auf den Pas de deux.
Faszinierende Geschmeidigkeit
Das hat sicher mit der Schwierigkeit zu tun, ganze Compagnien für einen Abend einzuladen, hat seine Berechtigung aber durch die besondere Intensität, die der Pas de deux entfaltet. Mit faszinierender Geschmeidigkeit und Leichtigkeit zeigten dies Anna Syhelia Harms und Christian Bach vom Theater Chemnitz in ihrer Interpretation von Debussys "L'apres midi d'un faun" und die beiden Stuttgarter Solisten Elizabeth Mason und Marijn Rademaker in John Crankos "Legende" und Mauro Bigonzettis "Kazimir's Colours", der die Tänzer wie wunderschöne Skulpturen ausstellt.
Lupenreines klassisches Ballett sah man in Evergreens der Ballettgeschichte wie dem Pas de deux aus "Schwanensee" und dem fulminanten Hochzeits-Tanz aus "Don Quichotte", in dem die beiden Wiener Solisten Maria Yakovleva und Denys Cherevychko mit ihrer Virtuosität glänzten. Technische Brillanz in Kombination mit starker Ausdruckskraft verzauberte auch im Pas de deux aus "Romeo und Julia" mit Nao Sakuma und Chi Cao vom Birmingham Royal Ballet.
Wer beim Ballett auch mal lachen will, kam in der ersten Hälfte auf seine Kosten. Zen Jeffersons Choreografie "Little red rides through the hood" ist eine köstliche Tanz-Parodie auf das "Rotkäppchen"-Märchen, mit einem Großstadt-Django als Wolf, dessen Gefährlichkeit schon beim Hereinfahren mit einem Dreirad konterkariert wird. Die Experten für das komödiantische Element aber waren einmal mehr Gauthier Dance. Durch das Luftgitarrensolo und die Sofa-Anmache der letzten Jahre war die Messlatte hoch, doch mit Beethovens "Fünfter" und einem Dirigenten, der sich gegen sein Orchester durchsetzen muss, überzeugten die Stuttgarter auch bei "Orchestra of Wolves" mit ihrer dynamischen, witzigen und dabei tänzerisch erstklassigen Vorstellung.
Die Augsburger Ballettcompagnie bewies mit den beiden Duetten "Mono Lisa" und "Octet" aus der letzten Produktion "Dancework Orange", dass sie neben den Solisten anderer Häuser nicht zurücksteht.
Eine dramaturgische Schwäche
Mit Auszügen aus "Les Noces", dem letzten Teil der aktuellen "Strawinsky Trilogie" beendeten die Gastgeber die Vorstellung, und dies war die einzige - eine dramaturgische - Schwäche des Abends. Denn das Stück, das im Gesamtzusammenhang der Trilogie eine eindringliche Wirkung hinterlässt, erreichte diese nach einem faszinierenden Gala-Feuerwerk jedoch nicht ganz.
Dennoch konnte man den beiden fachkundig und humorvoll durch den Abend führenden Moderatoren Vivien Arnold und Erich Payer nur zustimmen: "Das Wunder Theater hat wieder stattgefunden."
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