Hinter den Kulissen der italienischen Eismacher
Eis ist die beliebteste Erfrischung bei der Hitze. Aber wie wird es eigentlich hergestellt und welche Eisdielen sind in Augsburg Kult? Ein Streifzug.
Roberto Calchera ist ein Frühaufsteher: Vier Stunden vor der Öffnung seines Cafés ist der Italiener schon mit der Produktion seiner Eissorten beschäftigt. Der Eisprofi zeigt uns, wie man die Delikatesse – auf Italienisch „Gelato“ – zubereitet. An einem heißen Vormittag kommen wir in seine „Fabrik“ in einem kleinen Raum in der Eisdiele. Er ist gefüllt mit zwei Sechs-Liter-Eimern mit unterschiedlichen Eisbasen, jeder Menge Kühlschränke, unterschiedlichsten Zutaten und einer Eispasteurisiermaschine.
Um 10 Uhr ist das gesamte Fruchteis schon fertig. „Es geht am schnellsten und muss am stärksten gekühlt werden“, so Roberto Calchera. Das Fruchteis besteht aus einer Wasserbasis gemischt mit Zucker und der jeweiligen Frucht. Calchera erklärt, dass je nach Fruchtzuckeranteil der zugesetzte Zucker variiert.
Wir kommen gerade richtig für das Stracciatella-Eis. Hierfür wird die weiße Milchbasis aus einem der Eimer verwendet. Sie besteht aus Milch, Sahne, Zucker und einer Geheimzutat. Die Masse wird verrührt und bei 85 Grad entkeimt. Anschließend wird sie direkt auf vier Grad heruntergekühlt. Ab jetzt ist die Masse für etwa drei Tage als Basis für Milcheissorten wie Stracciatella verwendbar.
Fünf Minuten bei minus 40 Grad
In der Pasteurisiermaschine wird das Eis für gute fünf Minuten bei minus 40 Grad luftig geschlagen. „Das Eis muss durch die Pasteurisierung etwa 30 bis 40 Prozent an Luft zunehmen.“ Somit erhält Calchera aus einer Sechs-Liter-Basis etwa neun Liter fertiges Eis. Während die Stracciatella-Basis in der Eismaschine geschlagen wird, gibt Calchera zwischendurch etwas dunkle Schokolade dazu. Dabei entstehen in der Kälte kleine Schoko-splits. Frisch aus der Eismaschine ist das Eis nun locker und cremig.
Nach einer schnellen Säuberung der Maschine kommt auch die gelbe Basis zum Einsatz, wobei der einzige Unterschied die Vanillenote ist. Damit werden die „Standardsorten“ wie Schokolade, Vanille, Haselnuss und auch Tiramisu hergestellt.
Aber jetzt stehen noch außergewöhnliche Eissorten in der Produktion an – wie das Snickers-Eis. Die weiße Basis kommt wieder in die Eismaschine, hinzu ein kräftiger Schuss Erdnussbutter. Nach wenigen Minuten ist auch dieses Eis pasteurisiert und wird noch mit einigen Schichten Karamell verfeinert. Und fertig ist das nächste Eis.
Drei bis vier Sorten pro Stunde
Pro Stunde stellt Calchera etwa drei bis vier Eissorten her. Ganz zum Schluss wird noch das unter Kindern bekannte „Schlumpf-Eis“ gemacht. Auf Milcheisbasis wird hierbei eine flüssige blaue Bonbonmischung hinzugegeben, was auch seine blaue Farbe erklärt. „Das Eis muss ich am Ende machen, weil die Maschine danach immer komplett gereinigt werden muss.
Um halb zwölf, eine halbe Stunde vor Ladenöffnung, hat Calchera das Eis für den Tag produziert. Bei sehr gutem Wetter komme es aber auch vor, dass währenddessen neues Eis gemacht werden muss. Auf Frische legt Calchera sehr großen Wert. Auch wenn er seit dieser Saison mit der Maschine, nicht mehr mit der Spachtel, arbeitet. Es ist dennoch eine Knochenarbeit, die der Italiener mit größter Leidenschaft meistert. In der 45. Saison kann er aber auch langsam ein bisschen kürzertreten, obwohl er das 50. Jubiläum noch voll machen will.
Diese fünf Eisdielen bzw. -verkäufer sind in Augsburg Kult
Santin: Die Eisdiele Santin hat zwei Standorte in Augsburg, in der Bahnhofstraße und in der Steingasse. Beides perfekte Lagen mit unterschiedlichem Publikum. Während der Geschäftsführer beider Filialen Marco Stefani in der Steingasse seine Kunden eher mit den Klassikern bedient, wirbt Kollege Antonio am Hauptbahnhof mit seinem „Diät-Eis“. Man kann sich viel darunter vorstellen, aber tatsächlich ist es als Entgegenkommen für Zuckerkranke gedacht. „Früher nannte man es ,Diabetiker-Eis‘, aber das wurde in den Neunzigern verboten“, erklärt Stefani. In der Produktion des zuckerarmen Eises wird mit Traubenzucker gearbeitet. Wer also auf eine etwas kalorienärmere Erfrischung an den heißen Tagen Wert legt, ist hier genau richtig. Stefani steht dahinter, dass Diabetiker in seiner Eisdiele ebenfalls Eis genießen können. Aber allgemein will der italienische Eismacher bei der Produktion seiner Sorten nicht so sehr auf die Kalorien schauen.
Dolomiti: Der Familienbetrieb Pais gehört zu den beliebtesten Eisdielen in Augsburg. Obwohl das Café in Göggingen auch selbst gemachte Kuchen und italienische Spezialitäten anbietet, wird das Eis hier am besten verkauft. Die Qualität des Produkts ist Michele Pais besonders wichtig. „Wir wollen täglich alles an Eis verkaufen, um es immer so frisch wie möglich zu haben. Im Idealfall sollte es nicht länger als 24 Stunden liegen.“ Seit drei Generationen ist seine Familie schon in der Eisbranche tätig. Pais hat die Kunst des Eismachens von seinem Vater gelernt. Das sei nämlich etwas, wo man hineingeboren wird, betont der Italiener. Entscheidend ist hierbei also die italienartige Qualität seiner Eissorten: Cremig und intensiv im Geschmack. Die meisten Produkte kommen natürlich auch aus Italien, wie die Haselnüsse und Pistazien. Ausgewählte Sorten werden sogar auch laktose- und glutenfrei verkauft. Am beliebtesten bleiben aber die Klassiker wie Schokolade und Vanille.
Der mobile Eismann: Es klingt nach einem Traum, aber das Eis kann auch zu uns kommen. Wenn man das Klingeln eines Eiswagens hört, weckt das Kindheitserinnerungen. Die Dimora-Brüder gehören zu den mobilen Eismännern in Augsburg, die eine kühle Erfrischung zu uns bringen. Ihr Arbeitsmobil haben sie selbst umgebaut und auch das Eismachen wird von den Dimoras selbst übernommen. Je nachdem, wie gut das Wetter wird, starten die Brüder schon nachts mit der Eisproduktion. Mit ihren 19 frisch gemachten Eissorten machen sie ab Mittag ihre tägliche Sommertour von Lechhausen bis nach Kissing. „Unser Vater war vor 40 Jahren schon mobiler Eisverkäufer, das ist eben eine Eisdiele auf Rädern“, erzählt Francesco Dimora. Bei den Temperaturen sind die Leute überall glücklich, wenn die Brüder mit der Erfrischung ankommen. Es gibt aber natürlich auch besonders beliebte Orte. „Wenn wir an den Seen Halt machen, verkaufen wir immer das meiste Eis.“
Juice N'Cream: Der 25-jährige Sinan Yeter hat neben seinem Restaurant Pamukkale vor einigen Wochen eine vegane Eisdiele eröffnet. Er selbst ist auch Veganer, weshalb er auf die Qualität seiner Produkte besonders großen Wert legt. „Wir verwenden Ca-shewnuss-Creme statt Milch und Datteln anstatt Zucker.“ Es handelt sich dabei also nicht nur um veganes Eis, sondern es ist auch noch glutenfreies Bio-Eis. Man könnte also fast von einem „gesunden Eis“ sprechen. Aber gute Qualität hat auch ihren Preis, so zahlt man für eine Kugel 2,20 Euro. Aber Probieren lohnt sich. Denn geschmacklich soll bei dem Eis nicht viel verloren gehen, loben auch die benachbarten Ladenbesitzer. „Das Mango Sorbet kommt bei den Kunden am allerbesten an.“ Jedenfalls spricht der junge Mann mit seiner veganen Eisdiele einen immer größer werdenden Teil der Bevölkerung an. „Wir wollen bis zu 25 Eissorten kreieren“, kündigt Inhaber Sinan Yeter an.
Goldener Erker: Das Café der Familie Tartamella am Moritzplatz ist für seine selbst gemachten Eiswaffeln bekannt – und dass jedes Eis mit einem Gummibärchen gekrönt wird. Mit dem Unternehmen „Mövenpick“ kooperieren die Tartamellas seit 1987 und verkaufen nur deren Eissorten. Wegen der langjährigen Zusammenarbeit haben die Tartamellas auch Eissorten, die von Mövenpick im Fachhandel nicht verkauft werden. „Die meisten Leute kommen wegen der selbst gemachten Waffeln zu uns, der Geschmack der Waffel nach Zimt und Mandeln ist wie eine weitere Eiskugel“, so Tatjana Tartamella. Die Waffel gibt es auch mit Schokoladenkranz oder Verzierungen. Aber auch das Eis ist beliebt, besonders die ausgefallenen Sorten. Das Mango-Guave-Sorbet wurde vom Goldenen Erker diesen Sommer zum „Eis des Jahres“ gekürt. Auch die Sorte „Griechischer Joghurt/Walnuss“ komme als ungewöhnliche Kostprobe bei den Gästen sehr gut an, so Tartamella.
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