
Volvo S60 T8 Twin Engine im Test: Zwischen den Extremen


Kleiner Elektromotor trifft großen Verbrenner: Der Volvo S60 T8 Twin Engine kann beides sein, Saubermann und Sportsmann. Das ist so faszinierend wie absurd. Der Test.
Verbrenner oder Elektromotor? Schwierige Frage. Doch warum sich zwischen zwei Optionen entscheiden, wenn man beide haben kann? Für Zeitgenossen, welche die alte Welt noch nicht verlassen und die neue noch nicht ins Herz geschlossen haben, bieten sich Plug-in-Hybride an. Sie verfügen weiterhin über einen „richtigen“ Motor, haben aber gleichzeitig ein E-Baby an Bord, sind also, wenn man so will, unter ökologischen Gesichtspunkten zumindest ein bisschen schwanger. Laden lassen sie sich ganz einfach an der Haushaltssteckdose, Tanken noch einfacher an der Tankstelle.
303 PS konventionell und 87 PS elektrisch
Der Volvo S60 T8 Twin Engine gehört zu dieser Spezies, und zwar als einer ihrer am höchsten – Kritiker werden sagen: am absurdesten – entwickelten Vertreter. Denn ein Schmalhans ist der Schwede per se nicht. Während an der Hinterachse ein braver Elektromotor mit 87 PS arbeitet, schiebt an der Vorderachse ein 303 PS starker Vierzylinder-Benziner Dienst. So kommt der „Sport-Hybrid“ (Volvo-Sprech) zu einer Systemleistung von fast 400 PS und zu Porsche-artigen Fahrleistungen. Aua, Greta.
Was lernen wir daraus? Nicht alles was aus Schweden kommt ist ökoradikal. Zwar hat sich Volvo als einer der ersten Hersteller das grüne Mäntelchen angezogen – kein Diesel mehr, höchstens vier Zylinder, alle Modelle nur noch elektrifiziert zu haben -, aber wenn es ans Eingemachte (sprich an den Markt) geht, zählt Leistung auch bei diesem Premium-Anbieter mehr als vieles andere. Jedenfalls im hybriden Top-Modell S60 T8 Twin Engine, das so einen teuflischen Spaß macht, dass man beim Druck aufs Gaspedal an alles denkt, nur nicht an die Erwärmung unserer Erde.
So unbeschwert wie ein Sommer in Schweden
Aus dem Stand profitiert der Wagen vom unschlagbaren Ansprechverhalten einer E-Maschine, die ihr Drehmoment von 240 Newtonmetern nicht irgendwann, sondern sofort bereitstellt. Ab gut 2000 Touren steuert der Verbrenner dann seine vollen 400 Newtonmeter bei. Damit fühlen sich selbst mehr als zwei Tonnen Leergewicht so leicht und unbeschwert an wie ein Sommer in Schweden. Dass die beiden Antriebe so königlich harmonieren wie Carl Gustaf und seine Silvia, liegt neben dem Getriebe – serienmäßig eine feine Achtgang-Automatik – auch an einem integrierten Startergenerator an der Kurbelwelle, der als mächtig dimensionierten Anlasser das Zuschalten des Vierzylinders völlig unmerklich managt. Den Verbrenner hören und spüren die Insassen ohnehin nur im „Power“-Modus so richtig.
So viel verbraucht der Volvo S60 T8 Twin Engine
Der Spritverbrauch: nachhaltig. Ob nachhaltig hoch oder nachhaltig niedrig, entscheidet der Fahrer. Wer die Sportlimousine als solche hernimmt, muss locker mit zwölf Litern rechnen; da säuft, machen wir uns nichts vor, fast jeder Hybride mehr als jeder „Normale“.
Es ginge aber auch anders, ganz anders. Dafür müsste man(n) lediglich seine Leidenschaft zügeln und sich ferner daran gewöhnen, mit einem Ladekabel verheiratet zu sein. Rechnerisch reduziert sich der Verbrauch bei vollem Akku bis auf 1,8 Liter Super und 14,6 kWh Strom auf hundert Kilometern. Sogar Null Emissionen sind drin: rein elektrisch kann der Wagen bis zu 58 Kilometer mit einer Geschwindigkeit von bis zu 125 km/h zurücklegen. Rein praktisch heißt das: laden, laden, laden, an jeder Ecke, zu jeder Zeit.
Volvo S60 T8 AWD Inscription: technische Daten
- Hubraum: 1969 ccm
- Systemleistung: 390 PS
- Systemdrehmoment: 640 Nm
- Länge/B./H.: 4,76/1,85/1,43
- Leergewicht/Zuladung: 2031/469 kg
- Anhängelast gebremst: 2000 kg
- Kofferraum: 396 l
- 0 – 100 km/h: 4,6 s
- Top-Tempo: 250 km/h
- Batteriekapazität: 11,6 kWh
- Reichweite elektrisch: 58 km
- Ladedauer: 3 - 8 Stunden
- Verbrauch WLTP: 1,8 l Super, 14,6 kWh Strom
- CO2-Ausstoß: 41 g/km
- Energieeffizienzklasse: A+
- Preis ab: 59.000 Euro
Die Ladezeit beträgt zwischen drei und acht Stunden
Zwischen drei (16 Ampere) und acht Stunden (sechs Ampere) muss der Schwede an die Strippe, bis die 11,6 kWh fassende Batterie wieder voll im Saft steht. Wer zu Hause und am Arbeitsplatz über eine Steckdose verfügt und nicht weiter als der Durchschnitt pendelt, kommt damit hin und tut ohne Frage Gutes, sofern der Ladestrom ein grüner ist. Die Batterie kann übrigens auch während der Fahrt „schmutzig“, sprich via Verbrenner geladen oder in einem bestimmten Ladezustand eingefroren werden, so dass man beispielsweise nach der Autobahnabfahrt reinen Gewissens emissionsfrei in eine städtische Umweltzone eindringen kann. (Um sich dort ganz legal auf die Elektroauto-Parkplätze zu stellen).
Volvo limitiert die Geschwindigkeit bald auf 180 km/h
A propos Autobahn: Als erster Hersteller will Volvo sämtliche Modelle mit einem eingebauten Tempolimit von 180 km/h ausstatten, zwangsweise, nicht als Extra. Die Produktion soll ab Mai 2020 entsprechend umgestellt werden. Wer sich beeilt und mindestens 59.000 Euro hinlegt, bekommt vorher noch einen „offenen“ S60 T8 Twin Engine. Teuer? Ja, aber zu den Merkmalen deutscher Klimaschutzpolitik gehört, dass derartige „Sport-Hybriden“ steuerlich gefördert werden. Zumindest für Dienstwagen-Fahrer lohnt sich’s: Sie zahlen nur die Hälfte des üblichen Satzes, sprich 0,5 statt einem Prozent auf den Bruttolistenpreis. Ganz egal, ob sie jemals elektrisch unterwegs sind oder nur mit (Firmen)sprit.
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