Weshalb Bausparen eine Renaissance erlebt
Mit den steigenden Baugeldzinsen erlebt der Bausparvertrag einen zweiten Frühling. Für wen sich der Abschluss des Klassikers jetzt lohnt.
Der Traum von den eigenen vier Wänden ist für viele Menschen scheinbar in weite Ferne gerückt: Auf Handwerkertermine wartet man oft monatelang, die Materialkosten sind explodiert – und dann sind auch noch die Bauzinsen in die Höhe geschnellt. Da platzt so manches Finanzierungskonzept. Folgerichtig ist das Neugeschäft mit Baufinanzierungen eingebrochen, die Baubranche berichtet über eine Stornierungswelle. Doch etwas abseits der großen Aufmerksamkeit feiert ein Klassiker sein Comeback: der Bausparvertrag.
Um rund 40 Prozent sei das Neugeschäft beim Bausparen 2022 nach oben geschnellt, berichtet Bernd Hertweck, Vorsitzender des Verbands der Privaten Bausparkassen. Die durchschnittliche Bausparsumme je Vertrag liege mittlerweile auf dem Höchststand von über 70.000 Euro. Die Summe gehe auch deswegen nach oben, weil die Verträge weniger dafür genutzt würden, Geld sicher zu parken – sondern weil die Menschen wirklich die Option auf Finanzierung von Eigentum oder einer Renovierung ziehen wollten. Denn beim Bausparen ließen sich noch langfristig Bauzinsen zwischen 1,5 und 2,5 Prozent sichern, sagt Hertweck. Zum Vergleich: Zahlen des Vergleichsportals Check24 zufolge lagen die Zinsen für Baufinanzierungen in Höhe von 300.000 Euro bei Banken Ende vergangenen Jahres zwischen 3,0 und 5,2 Prozent. Der Verbandschef erwartet daher auch für dieses Jahr "eine Verstetigung des Neugeschäfts auf hohem Niveau".
Bausparen: Kombination aus Sparvertrag und Immobiliendarlehen
Ein Bausparvertrag kombiniert einen Sparvertrag mit einem Immobiliendarlehen. In der Sparphase wird zunächst mit festen Einzahlungen Eigenkapital gebildet – in der Regel die Hälfte der vereinbarten Bausparsumme. Sind bestimmte Voraussetzungen erfüllt, wird der Vertrag zuteilungsreif. Das bedeutet, die Kunden können sich ihr Guthaben auszahlen lassen und es mit einem Bauspardarlehen zum beim Vertragsabschluss vereinbarten Zinssatz kombinieren. In der anschließenden Tilgungsphase wird dieses Darlehen dann zurückgezahlt. Auf diese Weise können sich Bausparer auch in Zeiten steigender Bauzinsen den zu Beginn vereinbarten niedrigeren Darlehenszins sichern. „Ziel des Bausparens ist es, Kunden den Bau, Kauf oder die Sanierung eines Hauses oder einer Wohnung zu ermöglichen“, betont Ralf Oberländer, Finanzexperte bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall.
Klassischerweise wird ein Bausparvertrag genutzt, um sich ein finanzielles Polster für einen später geplanten Bau oder Kauf einer Immobilie aufzubauen und sich niedrige Zinsen für das künftige Vorhaben zu sichern. "Das gilt auch für Immobilienbesitzer, die energetisch sanieren, altersgerecht umbauen oder für mögliche Reparaturen vorsorgen möchten", erläutert Oberländer. Neuanschaffungen wie eine Wärmepumpe, der Austausch von Fenstern und auch die Dämmung der Gebäudehülle lassen sich so aus finanziellen Rücklagen mitfinanzieren.
Bereits für die Kinder einen Bausparvertrag abzuschließen, kann sich lohnen
Ein Bausparvertrag kann aber grundsätzlich nicht nur für Häuslebauer interessant sein: Neben einer Baufinanzierung kann er nämlich auch für das Ansparen von Eigenkapital oder als Vorsorgeinstrument genutzt werden. Mitunter kann es sich lohnen, bereits für Kinder oder Jugendliche einen Bausparvertrag abzuschließen – zumal sie ab einem Alter von 16 Jahren von der staatlichen Wohnungsbauprämie profitieren, ohne das Geld später wirklich wohnwirtschaftlich verwenden zu müssen. Junge Berufstätige wiederum haben die Möglichkeit, vermögenswirksame Leistungen ihres Arbeitgebers in einen Bausparvertrag einzuzahlen und dafür die Arbeitnehmersparzulage zu erhalten. Und wer schon baut, kann Bausparverträge auch für die Anschlussfinanzierung nutzen, indem beim Auslaufen der Zinsbindung des Hypothekendarlehens die Restschuld ganz oder teilweise mit einem zuteilungsreifen Bausparvertrag abgelöst wird. Dadurch lassen sich Laufzeit und Gesamtkosten der Baufinanzierung erheblich reduzieren.
Außerdem können Bausparer auch von der Riester-Förderung profitieren: Mit Wohn-Riester fördert der Staat den Hausbau oder -kauf als private Altersvorsorge. Der Zuschuss ist nicht durch Einkommensgrenzen beschränkt und kann beispielsweise auch für den altersgerechten Umbau einer Immobilie genutzt werden. Um schneller ins eigene Zuhause zu kommen, gibt der Staat bei Alleinstehenden jährlich 175 Euro, bei Eheleuten 350 Euro dazu. Familien erhalten eine Kinderzulage von bis zu 300 Euro je Kind.
Aufbau von Eigenkapital für Bau, Kauf oder Sanierung
Der richtige Zeitpunkt für den Abschluss eines Bausparvertrags hängt von verschiedenen Faktoren ab: Wie sieht das geplante Vorhaben aus? Welche Finanzierungssumme ist notwendig? Und wie viel Geld steht monatlich für die Einzahlungen zur Verfügung? Ein Beispiel: Wer mit einer Bausparsumme von 10.000 Euro plant und in der Sparphase monatlich 65 Euro einzahlt, kann in der Regel nach knapp sieben Jahren mit der Zuteilung des Bausparvertrags rechnen, also über Guthaben und Darlehen verfügen. Zukünftige Bausparer sollten sich also vorab darüber im Klaren sein, wann sie das geplante Vorhaben in Angriff nehmen wollen, um ihren Bausparvertrag zum richtigen Zeitpunkt einsetzen zu können.
"Ein Bausparvertrag kann für viele Menschen das geeignete Mittel sein, um Eigenkapital aufzubauen, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen, es zu modernisieren oder energetisch zu sanieren", sagt Schwäbisch Hall-Experte Oberländer. Dabei sei allerdings eine gute Beratung unerlässlich, um die Ziele und Wünsche sowie die finanziellen Möglichkeiten abzustimmen – und den für die individuelle Situation passenden Vertrag abzuschließen.
Wie Bausparen vom Staat gefördert wird
Wer einen Bausparvertrag abschließt, kann von verschiedenen Prämien und Zulagen profitieren.
• Die Wohnungsbauprämie soll Geringverdienern dabei helfen, Eigenkapital für den Bau, Kauf oder die Renovierung eines Eigenheims aufzubauen. Die maximale Prämie beträgt 70 Euro im Jahr für Alleinstehende und 140 Euro für Verheiratete. In Anspruch nehmen kann man die Förderung, wenn das zu versteuernde Jahreseinkommen nicht höher ist als 35.000 Euro.
• Wer vermögenswirksame Leistungen seines Arbeitgebers in einen Bausparvertrag investiert, kann dafür die Arbeitnehmersparzulage in Höhe von 43 Euro (86 Euro bei Verheirateten) erhalten. Auch hier gilt eine Einkommensgrenze: Für Unverheiratete liegt sie bei einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 17.900 und bei Ehepaaren bei 35.800 Euro.
• Mit dem Wohn-Riester fördert der Staat den Hausbau oder -kauf als private Altersvorsorge. Alleinstehende erhalten jährlich 175 Euro vom Staat dazu, Eheleute 350 Euro. Zudem gibt es eine Kinderzulage zwischen 185 und 300 Euro abhängig vom Geburtsjahr des Kindes. Für den Zuschuss gibt es keine Einkommensgrenzen.
Die Diskussion ist geschlossen.