Abstinenz in der "guten Stube": Städte wollen alkoholfreie Zonen
Bierflaschen rollen über den Boden, betrunkene Jugendliche pöbeln Passanten an - geht es nach dem Städte- und Gemeindebund, soll es solche Szenen in bayerischen Städten nicht mehr geben. Der Verband fordert alkoholfreie Zonen auf Kinderspielplätzen und in Fußgängerzonen. In den "guten Stuben" der Städte soll öffentlich kein Alkohol mehr konsumiert werden. Zudem sollen Schilder diese Bereiche kennzeichnen.
Hintergrund der Forderung sei die Tatsache, dass sich "immer mehr Bürger gestört und belästigt fühlen", sagt Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. Vor allem Jugendliche würden immer häufiger öffentlich trinken. Zudem sei es für Touristen unangenehm, wenn sie bei einer Sightseeing-Tour auf Betrunkene stoßen.
Im bayerischen Innenministerium sieht man die Forderung des Städte- und Gemeindebundes jedoch eher kritisch. "Wir können dem Bürger nicht generell verbieten, in der Öffentlichkeit Alkohol zu trinken. Das wäre verfassungswidrig", sagt Sprecherin Ursula Willscheck. Wer mit einer offenen Bierflasche über den Marktplatz gehe, dürfe dafür nicht bestraft werden. Allerdings könnte jede Stadtverwaltung in ihrer Satzung dauerhafte Trinkgelage auf öffentlichen Plätzen verbieten.
Und genau das tun viele schwäbische Städte bereits. Günzburg hat seit 2003 das kollektive Feierabendbier an Badeseen und auf städtischen Grünflächen verboten. "Es gab regelrechte Saufgelage an den Baggerseen", sagt Helmut Stammer vom Günzburger Ordnungsamt. "Vergangenes Jahr mussten wir schon ein paar Mal Bußgelder einsammeln."
Auch in Neu-Ulm und Füssen gilt das Alkoholverbot für städtische Grünanlagen. Die Stadt Memmingen hat gerade jetzt im Juli 2007 ihre Satzung entsprechend angepasst. Anstoß dazu gaben Polizeibeamte, die ohne Rechtsgrundlage gegen die zunehmende Zahl von Betrunkenen nicht vorgehen konnten. Jetzt ist öffentliches Trinken auf den Straßen und auf Grünanlagen - egal in welchen Mengen - grundsätzlich verboten. Wer sich in Memmingen mit Bierkasten und Kumpels auf einer öffentlichen Parkbank niederlässt, um sich dort zu betrinken, muss mit einem Bußgeld von bis zu 150 Euro rechnen.
"Alkoholkonsum auf Spielplätzen ist für uns ein ganz großes Thema", heißt es aus dem Augsburger Ordnungsamt. Immer wieder kämen Beschwerden von Anwohnern, die sich dort von Jugendlichen mit der Bierflasche in der Hand gestört fühlen. Ab November diesen Jahres soll das Alkoholverbot gelten.
Wozu dann eine landesweite Regelung, wenn die Städte schon selbst tätig wurden? "Wir brauchen eine einheitliche Satzung, die es ermöglicht das Problem anzugehen, bevor es überhaupt entsteht", rechtfertigt Uwe Zimmermann vom Städte- und Gemeindebund den Vorstoß. In alkoholfreien Zonen gebe es keine Frage mehr, ob die Trinkenden die öffentliche Ordnung stören oder nicht. Alkohol sei dort einfach grundsätzlich nicht erlaubt. Doch genau dieser Schritt geht dem Innenministerium zu weit.
Angesicht von zunehmenden Flatrate-Parties und Koma-Saufen vor allem Jugendlicher sieht auch der Bayerische Städtetag Handlungsbedarf. "Aber es muss jedem klar sein, dass durch alkoholfreie Zonen das soziale Problem an sich nicht gelöst wird", sagt Sprecher Werner Natter. "Die Jugendlichen trinken dann eben woanders."
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