Ein Angeklagter räumt Fehler ein
Im Prozess um den Einsturz der Eishalle von Bad Reichenhall mit 15Toten hat einer der drei angeklagten Baufachleute Fehlereingeräumt.
Traunstein l afp, lb, AZ l Als die Namen der 15 überwiegend jungen Opfer verlesen werden, wird es im Sitzungssaal noch stiller als schon zuvor. Bei einem nach dem anderen trägt Oberstaatsanwalt Günther Hammerdinger Alter und Todesursache vor - manche der Angehörigen können schließlich die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Dagmar Schmidbauer lässt sich ihre Trauer nicht anmerken. Gerade hat der Oberstaatsanwalt bei der Aufzählung der Opfer ihre elf Jahre alte Tochter Christina genannt, die durch "unvollständige Abtrennung des Halses vom Rumpf" starb.
Es folgt Christinas achtjährige Schwester Marina, Tod durch Schädelhirntrauma. Fassungslos macht die Liste mit Namen von zwölf Kindern und drei Erwachsenen, die beim Einsturz der Eishalle von Bad Reichenhall ums Leben kamen. Doch die Verantwortung will außer einem überforderten Bauingenieur niemand übernehmen. Zwei Jahre nach dem Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhall müssen sich seit Montag drei Bauingenieure und Architekten wegen fahrlässiger Tötung vor dem Landgericht Traunstein verantworten.
Dagmar Schmidbauer war am 2. Januar 2006 zusammen mit ihren zwei Mädchen auf dem Eis. Es schneite scheinbar unaufhörlich in dem Kurort nahe der Alpen. Die Schneedecke war aber nicht Schuld, dass um 15.15 Uhr über fast fünfzig Menschen die Holzbalken borsten und eine tonnenschwere Last die Schlittschuhläufer auf dem Eis erdrückte oder verletzte. Schuld war unfassbarer Pfusch, der in der Bauplanung begann, sich bei der Montage fortsetzte und auch beim späteren Betrieb der Anfang der 70er Jahre entstandenen Halle nicht mehr korrigiert wurde.
Von ursprünglich fünf Angeklagten bleiben drei übrig
Fast zwei Jahre benötigte die Staatsanwaltschaft, um an diesem Montag drei Männer wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung vor das Landgericht Traunstein zu bringen. Das Verfahren gegen den einzigen Angeklagten der Kommune, den früheren Vize-Stadtbaumeister von Reichenhall, wurde wegen einer Operation des 71-Jährigen überraschend abgetrennt. Ein fünfter Mann starb Ende Dezember.
Die drei nun vor Gericht erschienenen Männer könnten unterschiedlicher nicht sein. Da ist der selbstbewusst auftretende Architekt, 63 Jahre alt. Als die Eishalle von Bad Reichenhall gebaut wurde, stand er am Anfang seiner Karriere - womit er auch seine Unschuld begründet. Er habe damals gar nicht von seinem Chef den nötigen Einblick bekommen, um Verantwortung tragen zu können. "Ich jedenfalls sitze als absolut Unschuldiger auf der Anklagebank."
Der zweite Angeklagte ist 54 Jahre alt und Bauingenieur. Er hatte das Hallendach 2003 begutachtet und als "gut" geprüft. Doch so gründlich daneben diese Einschätzung war, auch er sieht sich als Opfer der Justiz und nicht als Täter. Sein Auftrag sei keine detaillierte Prüfung gewesen, das zeige schon der Preis von 3000 Euro für die Untersuchung.
Bleibt noch der dritte Angeklagte, ein Augsburger Bauingenieur. Der heute 67-Jährige hat auf dem zweiten Bildungsweg seinen Bauingenieur gemacht - und sich selbst damit nach eigener Einschätzung eine Last auferlegt, der er nicht gewachsen war. "Für mich war letzten Endes die Überforderung zu groß", sagt er zu den Gründen, weshalb er nur kurz nach dem Bau der Eishalle seine Baufirma verließ und bei der Feuerwehr anheuerte.
Da hatte er allerdings schon verheerende Fehler gemacht. Eine Berechnung zu der aufs Dach wirkenden Spannung hatte er schlicht vergessen. Schlimmer noch: Der Ingenieur ließ das über 40 Meter breite Dach mit Holzträgern erbauen, die er so hätte gar nicht verwenden dürfen. Der überforderte Ingenieur verließ sich dabei darauf, dass ihm irgendeiner schon sagen würde, wenn die Konstruktion nicht machbar sei. Jetzt, wo es zu spät ist, sagt er: "Ich hätte kritischer sein müssen."
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