Freisprüche im Kaprun-Prozess bestätigt
Kaprun (lby) - Das Oberlandesgericht Linz hat am Dienstag eine Berufung im Prozess um die Gletscherbahnkatastrophe von Kaprun mit 155 Toten verworfen. Damit sind die Freisprüche für alle 16 Angeklagten der ersten Instanz vom Februar 2004 am Landesgericht Salzburg rechtskräftig. Bei dem Inferno vom 11. November 2000 in der Tunnel-Seilbahn zum Kitzsteinhorn waren 155 Fahrgäste, unter ihnen 35 aus Bayern, qualvoll verbrannt oder erstickt. Als Ursache gilt ein defekter Heizlüfter.
Das Oberlandesgericht hatte am Montag Staatsanwaltschaft, Nebenkläger und die Verteidiger der zuletzt acht Beschuldigten angehört. Statt der Ablehnung der Berufung wäre auch in Frage gekommen, das Verfahren ans Salzburger Gericht zurückzuverweisen. Der Prozess um die Schuldfrage bei der Katastrophe hätte dann völlig neu beginnen müssen. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, die Beweisaufnahme in Linz als nächsthöhere Instanz fortzusetzen.
Die Staatsanwaltschaft hatte vor einem Jahr Revision gegen 8 der 16 Freisprüche eingelegt. Sie warf den Beschuldigten Fahrlässigkeit vor und wollte ein neues Gutachten als Beweismittel. Dies lehnten die Verteidiger jedoch ab.
Die deutschen Hinterbliebenen der Gletscherbahn-Katastrophe von Kaprun mit 155 Toten haben sich nach den neuerlichen Freisprüchen für die Angeklagten tief enttäuscht geäußert. "Die Richter haben nicht den Mut gehabt, das Fehlurteil der ersten Instanz zu korrigieren", sagte Uschi Geiger am Dienstag nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz in einem dpa-Gespräch. Die nahe dem Chiemsee in Oberbayern wohnende Mutter verlor bei dem Inferno am 11. November 2000 am Kitzsteinhorn ihren 14-jährigen Sohn. Sie ist Sprecherin der Hinterbliebenen von 37 deutschen Opfern, die fast alle aus Bayern kamen.
Mit der Entscheidung des Linzer Gerichts bleibt die knapp fünf Jahre zurückliegende Katastrophe in dem österreichischen Wintersportort strafrechtlich ungesühnt. Die Urteile des Salzburger Landesgerichts vom Februar 2004 sind rechtskräftig. Den Angehörigen der Opfer bleiben nur noch Schadenersatzforderungen über Zivilklagen.
Weder seien die Angeklagten erneut vernommen noch Gutachter vor die nächst höhere Instanz geladen worden, kritisierte Geiger, die den Prozess in Linz verfolgte. "Dabei hätte es gute Vorgaben der Staatsanwältin gegeben, um erneut in das Verfahren einzusteigen", hielt sie dem Gericht vor. Die Richter hätten erkennbar nicht das geringste Interesse gezeigt, die Katastrophe strafrechtlich sauber aufzuarbeiten.
Geiger äußerte in dem dpa-Gespräch die Vermutung, bei dem Kaprun- Prozess habe es sich von Anfang an um ein von der Republik Österreich gesteuertes Verfahren gehandelt. Dem vom Wintersport abhängigen Staat missfalle es eben, wenn die Sicherheit seiner Seilbahnen in ein schlechtes Licht rücke.
Uschi Geiger kritisierte aber auch die deutsche Regierung. Weder in erster Instanz noch bei diesem Verfahren habe der deutsche Rechtsstaat Flagge gezeigt, sagte die Hinterbliebenen-Sprecherin. Sie begrüßte es ausdrücklich, dass die deutsche Justiz nach dem jüngsten Seilbahnunglück von Sölden mit sechs Todesopfern aus Baden- Württemberg und drei aus Bayern eigene Ermittlungen einleitete. Dies hätte jedoch nach Überzeugung von Geiger auch nach der Katastrophe von Kaprun geschehen müssen.
Uschi Geiger schloss nicht aus, dass die Hinterbliebenen nun auf dem zivilrechtlichen Weg ihre Forderungen einklagen.
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