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Interview
20.05.2019

Humedica-Gründer Groß: „Ich kann nicht die ganze Welt retten“

Wolfgang Groß hat aus dem Ein-Mann-Betrieb Humedica eine internationale Hilfsorganisation mit hunderten Mitarbeitern gemacht. Der Allgäuer hat selbst in mehr als 100 Ländern gearbeitet.
Foto: Mathias Wild

Vor 40 Jahren gründete Wolfgang Groß zusammen mit seinem Bruder die Kaufbeurer Hilfsorganisation Humedica. Jetzt hört er auf - und erzählt von seinem schönsten Moment.

Egal, ob ein Erdbeben Städte und Dörfer verwüstet, ein Zyklon wütet oder ein Tsunami ganze Landstriche überflutet: Man hat den Eindruck, immer wenn irgendwo eine Katastrophe passiert, sind die Helfer von Humedica schon unterwegs ins Krisengebiet...

Wolfgang Groß: Wir sind häufig schneller als andere Hilfsorganisationen, das stimmt. Weil wir einen entscheidenden Vorteil haben: ganz flache Hierarchien. Deshalb können wir sofort reagieren – auch wenn Weihnachten ist oder Ostersonntag. Außerdem arbeiten wir seit 40 Jahren in Gebieten, in denen es immer wieder zu Naturkatastrophen kommt. Dort haben wir lokale Partner, die wir sofort kontaktieren können. Und wir haben in unserer Kartei rund 500 Ärzte, Krankenschwestern und -pfleger, Logistiker und Koordinatoren, von denen einige einen gepackten Koffer im Schrank stehen haben und innerhalb weniger Stunden aufbrechen können.

Das heißt, Ihre Nothilfeteams reisen schon los, wenn das Ausmaß einer Katastrophe noch gar nicht klar ist?

Groß: Es dauert oft Tage, bis das klar wird. Aufgrund erster Einschätzungen des Erdbebenforschers Max Wyss erhalten wir aber sehr schnell per Mail Informationen über die mögliche Zahl von Verletzten und Toten. Beim Tsunami im Indischen Ozean zum Beispiel, bei dem an Weihnachten 2004 rund 230000 Menschen starben, wusste man sofort, dass ein Seebeben der Stärke 9,1 ganz furchtbare Schäden angerichtet haben muss. Wir sind noch am gleichen Tag losgeflogen nach Sri Lanka. Einen Tag später waren wir als erste ausländische Hilfsorganisation im Katastrophengebiet im Norden des Landes. Wir kamen damit in allen Nachrichtensendungen vor und wurden so ziemlich bekannt.

Es ging also nach dem Tsunami erst so richtig los mit Humedica?

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Groß: Ja, das ist tatsächlich so, obwohl wir natürlich schon zuvor Hilfseinsätze durchgeführt haben. Dabei hatte ich im Frühjahr 2004 einen Herzinfarkt. Mit damals 50 Jahren. Und sollte eigentlich kürzer treten. Humedica hatte 2004 Spendeneinnahmen in Höhe von 1,7 Millionen Euro. 2005 – nach dem Tsunami – waren es 8,4 Millionen Euro. Wir mussten die Kontoauszüge waschkörbeweise bei der Bank abholen und hatten in kürzester Zeit mehrere Millionen Euro zur Verfügung. Als ich aus Sri Lanka zurück war, haben wir sofort angefangen, eine völlig neue Struktur aufzubauen und zusätzliche Mitarbeiter einzustellen. Ich war aber nur der Ideengeber, der Visionär. Oder besser: Der Esel, der gezogen hat. Ohne meine Kollegen wäre das nicht gegangen.

Wie viele Menschen arbeiten inzwischen bei Humedica?

Groß: Allein in der Zentrale in Kaufbeuren haben wir etwa 50 festangestellte Mitarbeiter. Dazu kommen etwa 300 Beschäftigte in den Projekte in verschiedenen Ländern – und hunderte Ehrenamtliche.

Mit wie viel Geld haben Sie Notleidenden geholfen?

Groß: Wir haben heute im Jahr zwischen 13 und 18 Millionen Euro an Spenden und sonstigen Zuwendungen, in den vergangenen 40 Jahren waren es ungefähr 237 Millionen Euro.

Wie kommt man auf die Idee, eine Hilfsorganisation zu gründen?

Groß: Mein Bruder Dieter ist zusammen mit Freunden drei Wochen lang durch Europa und Nordafrika gereist und hat dort viel Elend, Hunger und Armut gesehen. Daraufhin haben wir beschlossen: Da müssen wir etwas tun. Ich wollte eigentlich studieren und Lehrer für Krankenpflege werden, hatte sogar schon einen Studienplatz. Mit einigen Freunden haben wir Humedica gegründet und am ersten Adventssonntag 1979 eine Benefizveranstaltung organisiert. Damals kannte uns kein Mensch, wir haben einfach einige Künstler gefragt, ob sie nicht kostenlos für uns auftreten. Am Ende des „Galaabends der Magie“ hatten wir 5000 Mark.

Und wie ist aus Humedica eine internationale Hilfsorganisation geworden?

Groß: Mein Bruder ist – beruflich bedingt – aus dem Allgäu weggezogen, da habe ich mit einigen Ehrenamtlichen alleine weiter gemacht. Im Haus eines Freundes, das er uns mietfrei zur Verfügung gestellt hat, habe ich mir ein Büro eingerichtet – mit gespendeten Möbeln und einer gespendeten elektronischen Speicherschreibmaschine. Da musste ich die Bettelbriefe nicht mehr einzeln tippen. Ich habe meinen BMW 525 verkauft und von dem Geld gelebt.

Das wird nicht lange gereicht haben...

Groß: Als das Geld ausging, habe ich im Krankenhaus in Marktoberdorf als Dauernachtwache gejobbt. Eine Woche Dienst, eine Woche frei, in der ich gut für Humedica arbeiten konnte. Irgendwann war das zu viel, ich war kurz davor aufzugeben. Ab April 1984 bekam ich von Humedica ein kleines Gehalt.

Anfangs haben Sie andere Organisationen durch Medikamentenspenden unterstützt. Später haben Sie eigene Ärzteteams losgeschickt. Wie kam es dazu?

Groß: Die Idee zu medizinischen Kurzeinsätzen entstand nach dem Völkermord in Ruanda 1993. Es hat dann aber noch einige Zeit gedauert bis zu unserem ersten Erdbebeneinsatz mit vier Ärzten 1999 in Kolumbien. Und dann im gleichen Jahr beim Kosovo-Konflikt, wo wir Flüchtlinge medizinisch betreuten.

Was ist Ihre Motivation?

Groß: Mein christlicher Glaube. Jeder Mensch hat seine Berufung und seine Begabung, die muss man nur kennenlernen. Und ich kann eben helfen und gut Betteln.

Sie waren auch selbst oft im Einsatz. Haben Sie noch einen Überblick, in wie vielen Ländern Sie gearbeitet haben?

Groß: Ich war 20 bis 25 Mal im Jahr unterwegs, in über 100 Ländern der Welt. Wenn ich es hochrechne, war ich in den 40 Jahren bei Humedica etwa zehn Jahre lang im Ausland.

Sind Sie niemals in Gefahr geraten?

Groß: Doch, das schon. 1984 habe ich es mit einer gefährlichen Amöbenruhr aus dem Sudan gerade noch heimgeschafft. 1992 sind wir beim Überqueren der Jaffna-Lagune mit einem Boot von Soldaten beschossen worden. Und 1997 hätte mich eine Malaria Tropica, die ich mir in Kenia geholt habe, fast umgebracht – inklusive Nierenversagen, Blutaustausch, Lungenentzündung.

Sie haben viel Leid gesehen in Ihrem Leben. Wie geht man damit um?

Groß: Ich hatte im Krankenhaus und als Ehrenamtlicher beim Roten Kreuz schon viel erlebt, habe mir dort einen Verarbeitungsmodus zugelegt. Und ich habe irgendwann eingesehen, dass ich nicht die ganze Welt retten kann und nicht darüber verzweifeln darf, sondern mich auf die Menschen konzentrieren muss, denen ich helfen kann. Besonders haben mir aber Gebete geholfen.

Was waren die umfangreichsten Hilfsprojekte für Humedica?

Groß: Der Wiederaufbau in Sri Lanka nach dem Tsunami natürlich. Dann waren wir lange im Sudan, in Darfur, wo wir verschiedene Flüchtlingslager medizinisch versorgten. Nach dem Erdbeben blieben wir in Haiti und sind seit 2012 im Libanon, wo wir 35 Zeltsiedlungen betreuen. Seit 2011 arbeiten wir außerdem in zwei Flüchtlingslagern in Äthiopien – um nur einige Beispiele zu nennen.

Hat sich die Welt verändert?

Groß: Ich würde sagen, dass es gefühlt sehr viel mehr Katastrophen gibt. Aber es hat nicht nur deren Zahl zugenommen, sondern auch ihre Intensität. Vielleicht liegt es zusätzlich aber auch daran, dass es heutzutage bessere Kommunikationsmöglichkeiten gibt – und wir dadurch einfach mehr erfahren.

Und die humanitäre Hilfe?

Groß: Die ist viel professioneller, dadurch aber auch komplizierter geworden. Anfangs ging es mit Ärmel hochkrempeln relativ gut. Heute brauchen wir für die Medikamente ein Zolllager und eine Großhandelslizenz. Alles muss weggesperrt sein, die Temperatur stimmen. Ganz am Anfang haben wir die Medikamente in einer Garage gelagert.

Was sind die größten Herausforderungen der Zukunft?

Groß: Es bedroht uns nicht nur der Klimawandel, sondern auch das Bevölkerungswachstum. Die Ressourcen unseres Planeten werden überbeansprucht – allein schon dadurch, dass sich Länder wie China oder Indien weiter entwickeln.

Gibt es ein Land, an das Sie Ihr Herz verloren haben?

Groß: Oh ja, an Sri Lanka. Ich bin 1983 zum ersten Mal dorthin gereist – und mitten hineingeraten in die Unruhen zwischen Tamilen und Singhalesen. Es waren in dieser Zeit ungefähr 3000 Tamilen umgebracht worden, nachts gab’s eine Ausgangssperre und die Touristenhotels wurden evakuiert. Ich bin geblieben, denn ich kann nicht bei einer Hilfsorganisation arbeiten und in einer solchen Situation davonlaufen. Ich hatte damals auch einen tamilischen Flüchtling kennengelernt. Dessen Cousin war stellvertretender Polizeipräsident von Sri Lanka. Über den bekam ich eine Sondergenehmigung und konnte ins Bürgerkriegsgebiet in den Norden reisen.

Humedica betreibt heute in Jaffna und anderen Teilen der Insel medizinische Einrichtungen, mehrere Schulen und ein Ambulanzboot. Es gibt aber noch eine weitere Verbindung...

Groß: Im März 1993 fuhr ich wieder in den Norden und hatte eine Kamera und Filme dabei. Da ich der einzige mit Kamera war, wurde ich gebeten, eine Hochzeit zu fotografieren. Im Garten knipste ich drei junge Frauen, von denen mich eine besonders anlächelte. Sechs Monate später haben wir geheiratet.

Jetzt gehen Sie nach 40 Jahren humanitärer Hilfe tatsächlich in Rente?

Groß: Nicht ganz. Wir wurden immer wieder gefragt, was Humedica für die Menschen vor Ort tut. Deshalb haben wir die Stiftung „Nächstenliebe in Aktion“ gegründet und in Neugablonz das „Family-Center“ eröffnet, einen Second-Hand-Laden mit Bistro. Darum werde ich mich in Zukunft kümmern.

Zur Person: Der Allgäuer Wolfgang Groß, 65, ist gelernter Krankenpfleger. Dann wollte er studieren, woraus aber nichts geworden ist, weil er stattdessen 1979 Humedica gründete und 40 Jahre lang leitete. Groß ist seit 1993 mit seiner Frau Selvi verheiratet, die aus Sri Lanka stammt, und hat drei erwachsene Kinder.

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