Bayern möchte Computerspiele stärker kontrollieren
Bayern möchte Computerspiele stärker kontrollieren. Doch es wird wohl beim Wunsch bleiben. Von Till Hofmann
Höhlen voller riesiger Spinnen, zaubernde Drachen oder Märchenfiguren, die zur unberechenbaren Gefahr werden: Wer in der "Welt der Kriegskunst", dem Online-Rollenspiel "World of Warcraft", bestehen will, muss auch mal töten können. Die Abenteuer, die sich in der Fantasiewelt auftun, fesseln Millionen Spieler an die Bildschirme. Zur tatsächlichen Gefahr aber werden solche Games, wenn Menschen den Weg zurück in die reale Welt nicht mehr finden.
Online-Spiele haben für Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer das Zeug, süchtig zu machen. "Da steckt viel Geld drin", sagt sie über die einflussreiche Branche. Die CSU-Politikerin will ihre Kollegen bei der Zusammenkunft der Länderfamilienminister heute und morgen in Schwerin davon überzeugen, dass künftig die Abhängigkeit von Computerspielen stärker beachtet werden muss. Derzeit werden Suchtgefahren bei der Prüfung durch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) nicht berücksichtigt. Die USK, in der auch die Bundesländer vertreten sind, legt die Altersfreigabe fest.
Um zu verhindern, dass die Spielsucht den Weg ins Kinderzimmer findet, fordert Bayern, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, in der auch die Suchtgefahren bei der Altersfreigabe berücksichtigt werden. Doch die anderen Länder wollen offenbar diesen Weg nicht mitgehen. Sie argumentieren mit fehlenden "belastbaren wissenschaftlichen Ergebnissen, die eine Sucht auslösende Wirkung von Computerspielen belegen". Daher sollen - sehr zu Haderthauers Ärger - laufende Forschungsprojekte weiter beobachtet werden. Empfohlen wird, Gespräche mit der Spieleindustrie fortzusetzen. Um der permanenten Spielerei vor dem Bildschirm Grenzen zu setzen, werden technische Möglichkeiten bevorzugt. Eine jederzeit mögliche Archivierung von Spielresultaten, Zeitkonten oder ermüdende Avatare in der Online-Welt sind einige der Vorschläge. So steht es in der Vorlage für die Minister. Die Zögerlichkeit der Länder kann Haderthauer nicht nachvollziehen. "Die Politik ist gefordert. Die Zeit der Appelle an die Spieleindustrie ist vorbei", sagt sie. Kinder- und Jugendschutz dürfe den Interessen einer mächtigen Lobby nicht geopfert werden. Zwar gebe es rund um München eine beträchtliche Zahl auch großer Firmen, deren Geschäft Computerspiele seien. Diese Unternehmen könnten auch "gerne Spiele entwickeln, aber nicht solche, die unsere Jugend kaputt machen", sagt die Ministerin. Ihre Botschaft dürfte auf der Konferenz in Schwerin kaum Anhänger finden.
In einem weiteren Punkt fehlen ebenfalls die rechtlichen Voraussetzungen: Wenn die USK die Altersfreigabe erst einmal geregelt hat, ist eine Änderung oder gar Indizierung von Computerspielen durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nicht mehr möglich. Familienministerin Haderthauer führt Beispiele von Computerspielen an, "bei denen erst im Laufe der Zeit erkannt wird, welches Gefährdungspotenzial sie haben". Dass dann nachträglich nichts geändert werden kann, hält die CSU-Frau für "schlicht unmöglich". Die Bundesprüfstelle selbst kann einer Sprecherin zufolge "keine politische Aussage machen". Die gegenwärtige Praxis hindere die Behörde aber "in keiner Weise an unserer Arbeit". Aktuell sind in Deutschland 606 Computerspiele indiziert, also dem Zugriff Minderjähriger entzogen. Von Till Hofmann
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