
Vater soll Baby totgeprügelt haben - und schweigt vor Gericht

Ein 22-Jähriger aus Kaufbeuren soll sein acht Monate altes Baby so brutal misshandelt haben, dass es zwei Tage später starb. Vor Gericht schweigt er.
Der Angeklagte hat den Blick gesenkt, nervös spielt er an einem Stift herum. Er ist blass und wirkt angespannt. Als der Staatsanwalt vor dem Kemptener Landgericht die Anklage verliest, kämpft der junge Mann mit den Tränen. Ihm wird vorgeworfen, seinen eigenen Sohn in einer Kaufbeurer Wohnung so schwer misshandelt zu haben, dass der Säugling an den Verletzungen starb.
Er soll das acht Monate alte Baby geschüttelt, es mit solcher Kraft an sich gedrückt haben, dass die Schlüsselbeine brachen. Es gegen die Gitterstäbe des Kinderbetts und ins Gesicht geschlagen haben. Der 22-Jährige habe sich an der Mutter rächen wollen, die sich zwei Wochen zuvor von ihm getrennt hatte. Außerdem habe das Schreien und Weinen des Kindes ihn verärgert. Es ist der erste Verhandlungstag in dem Mordprozess gegen den jungen Mann.
Prozess in Kempten: Vater soll Baby zu Tode geschüttelt haben - und schweigt vor Gericht
Der Angeklagte schweigt. Weder zu den Tatvorwürfen noch zu seinem persönlichen Hintergrund will er aussagen. Sein Anwalt begründet das damit, dass die Anklage auf Mord lautet und nicht, wie es in solchen Fällen üblich sei, auf Totschlag. Die Staatsanwaltschaft sieht indes gleich zwei Mordmerkmale gegeben: niedrige Beweggründe wegen des Racheaspekts und Grausamkeit wegen des besonders brutalen Vorgehens. Was an dem Tattag im August 2018 passiert ist, schildern zahlreiche Zeugen, darunter auch die Mutter des Kindes.
Ihr Ex-Freund habe auch nach der Trennung immer wieder auf den Kleinen aufgepasst, sagt die junge Frau. So auch an jenem Abend. Sie sei derweil wenige Häuser weiter bei einer Freundin zu Besuch gewesen. Dann rief der Vater ihres Babys an. Er habe verzweifelt gewirkt, geweint, gesagt, dass er dem Kind wehgetan habe. „Ich bin sofort rüber gerannt, habe meinen Sohn aus dem Bett geholt – und gemerkt, dass sich der Körper komisch anfühlt“, sagt die 20-Jährige unter Tränen. „Ich habe sofort den Notruf gewählt.“ Kurz vor Eintreffen von Polizei und Rettungskräften habe der Vater dann im Türrahmen des Kinderzimmers gestanden und sich die Arme aufgeschnitten.
Der Säugling kam zunächst ins Krankenhaus in Kaufbeuren, dann in eine Spezialklinik. Zwei Tage später erlag er seinen Verletzungen. Unter anderem wurde ein Schädelhirntrauma diagnostiziert. Nach Aussage eines Polizisten soll der Vater gesagt haben: „Es ist besser, ich komme ins Gefängnis. Dann kann mein Sohn ohne Gefahr aufwachsen.“
Handelte der betrunkene Familienvater aus Frust der Ex-Freundin gegenüber?
Bei späteren Vernehmungen, sagt ein Beamter der Kriminalpolizei, habe er angegeben, das Kind fest an sich gedrückt und ins Bett geworfen zu haben. Ob er es mit dem Kopf gegen die Gitterstäbe geschlagen habe, daran konnte er sich angeblich nicht erinnern. Er wisse nicht genau, was passiert sei. Seine Erinnerung setze erst wieder beim Eintreffen der Polizei ein. In einer der Vernehmungen sei auch der Satz gefallen: „Sie hat sich von mir getrennt, aber zum Aufpassen auf das Kind war ich noch gut genug.“
Am Nachmittag vor der Tat war der junge Mann mit einem Freund und dem Baby unterwegs. Die Männer tranken Gin, auch Drogen waren im Spiel. Das sagt der Freund des Angeklagten aus. Er war zum Tatzeitpunkt in der Wohnung, will von den Misshandlungen aber nichts mitbekommen haben.
Ein am Tatabend durchgeführter Test ergab beim Vater einen Alkoholwert von 1,6 Promille. „Hätte ich gemerkt, dass er getrunken hat, wäre ich nicht weggegangen“, sagt die Mutter. Das Baby sei ein Wunschkind gewesen, die Beziehung zum Vater habe fünf Jahre gehalten. Sowohl die Kindsmutter als auch die Mutter des Angeklagten sagen aus, dass sich der junge Mann über den Nachwuchs gefreut habe. Zu Gewalttätigkeiten sei es zuvor nie gekommen. „Ich möchte einfach wissen, was genau passiert ist“, sagt die 20-Jährige. Ihr Ex-Freund sagt dazu nichts.
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