Schreibers Aussagen sind peinlich für die CSU
Es mag sein, dass der Angeklagte Karlheinz Schreiber seine "Enthüllungen" nur scheibchenweise präsentieren will. Peinlich für die CSU ist seine Aussage gleichwohl, meint unser Kommentator Walter Roller.
Es mag sein, dass der Angeklagte Karlheinz Schreiber sein Pulver noch trocken hält und seine "Enthüllungen" nur scheibchenweise präsentieren will. Für den Augenblick ist er konkrete Belege für seine Behauptung, die CSU habe ein System schwarzer Kassen unterhalten, schuldig geblieben.
So oder so empfiehlt es sich ja, nicht alle Erzählungen des Waffenlobbyisten für bare Münze zu nehmen. Der Mann hat nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ein "undurchschaubares Lügengebäude" errichtet.
Vieles von dem, was Schreiber an brisanten Informationen auftischt, ist nicht mehr nachprüfbar.
Peinlich für die CSU ist Schreibers Aussage gleichwohl. Denn sie erhärtet den Verdacht, dass die Partei einst tief verstrickt war in die illegalen Spenden- und Schmiergeldpraktiken der siebziger und achtziger Jahre.
Schreiber war eine Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre, in deren Verlauf Kohls System der schwarzen Kassen entdeckt wurde.
Der Augsburger Prozess beschwört die Erinnerung an eine Zeit herauf, als die sogenannten Schattenfinanzierungen von Parteien üblich und Schmiergeldzahlungen zu Exportzwecken sogar von der Steuer absetzbar waren.
Im weitverzweigten Amigo-System des CSU-Übervaters Strauß, das nach dem Motto "do ut des" (ich gebe, damit du gibst) funktionierte, war Schreiber eine feste Größe.
Warum sollte der Geschäftemacher, der einen Staatssekretär nachweislich bestochen und einem CDU-Schatzmeister eine Million DM in bar zugesteckt hat, seine eigene CSU nicht bedacht haben?
Es mag - noch? - keine unwiderleglichen Beweise für die geheime "Kriegskasse" der CSU und deren Geldwäsche geben. Doch deuten alle Indizien darauf hin, dass sich auch die CSU dieser Praktiken bediente.
Da keiner der beschuldigten Politiker heute noch lebt bzw. in Amt und Würden ist, wird der Frontalangriff Schreibers die in der Krise steckende CSU nicht zusätzlich belasten.
Aber die Enthüllung ist doch geeignet, die gern beschworene Erinnerung an die große Zeit unter Strauß zu trüben und das Vertrauen in die Redlichkeit der Politik insgesamt zu unterminieren.
Der Gesetzgeber hat längst die Konsequenzen aus den Spendenskandalen gezogen, für mehr Transparenz und bessere Kontrolle gesorgt.
Wir dürfen davon ausgehen, dass heute keine Partei mehr illegale Geldbeschaffung betreibt. Der Spendensumpf ist mutmaßlich ausgetrocknet. Aber der durch die Skandale früherer Jahre angerichtete Ansehensverlust der Politik wirkt nach.
Auch dies erklärt die Empörung über die Millionenspenden für FDP und CSU aus der Hotelbranche. Sie wirkten weniger anrüchig, wenn es die Exzesse der "Bimbes-Republik" nicht gegeben hätte. Walter Roller
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