Max Strauß für ein langes Jahr vor Gericht
Ab Montag wird Max Strauß wohl für fast ein Jahr lang in Augsburg vor Gericht stehen. Der 47 Jahre alte Politikersohn muss sich wegen angeblicher Schmiergelder in Höhe von rund 2,6 Millionen Euro verantworten. Der Fall ist (nicht nur juristisch) höchst kompliziert. Alles Wichtige zum Prozessauftakt im Überblick.
Von unseren Redakteuren Holger Sabinsky und Josef Karg, Augsburg
Die Anklage: Sie wirft Max Strauß vor, Provisionszahlungen von dem nach Kanada geflüchteten Kauferinger Lobbyisten Karlheinz Schreiber im Zusammenhang mit Panzer- und Flugzeuggeschäften bekommen zu haben. Die 5,2 Millionen D-Mark, umgerechnet rund 2,6 Millionen Euro, habe Schreiber Strauß über das Treuhandkonto Master, später Maxwell gezahlt. Strauß habe diese Zahlung aber nicht versteuert.
Das Geschäft: Es geht um einen Handel im Jahr 1991: Die Rüstungsfirma Thyssen-Hentschel verkaufte 36 gebrauchte "Fuchs"-Spürpanzer an Saudi-Arabien. Gesamtpreis: 446 Millionen Mark. Tatsächlicher Wert der Kettenfahrzeuge. Der offiziell vereinbarte Kaufpreis lag bei 227 Millionen. Die verbliebenen 219 Millionen gingen für ein "Logistikpaket" drauf. Es handelte sich schlicht um Provisionen - man kann auch Schmiergeld dazu sagen. 191 Millionen davon flossen wahrscheinlich an saudische Prinzen. Die restlichen 28 Millionen Mark gingen an Karlheinz Schreiber, der das Geld über ein System von Schweizer Rubrikkonten an Männer weitergereicht haben soll, denen er sich verpflichtet fühlte.
Das erste Urteil: drei Jahre und drei Monate Haft. Strauß ließ das Urteil anfechten. Während das Augsburger Landgericht im ersten Prozess der Argumentation der Staatsanwaltschaft weitgehend folgte, hoben die Richter des Bundesgerichtshofes (BGH) in Leipzig das Augsburger Urteil auf: Ihrer Meinung nach konnte ein Treuhandverhältnis zwischen Schreiber und Strauß nicht hinreichend belegt werden. Ein direkter Geldfluss von Schreiber an Strauß sei nicht nachgewiesen - deshalb sei auch nicht bewiesen, dass Strauß die Millionen auf dem Maxwell-Konto hätte versteuern müssen.
Der neue Prozess: Er ist bislang auf 42 Sitzungstage bis in den Herbst 2007 hinein angelegt. 120 Zeugen werden erwartet. Die Augsburger Staatsanwaltschaft ist zuversichtlich, die Vorwürfe gegen Strauß beweisen zu können. Die Ermittler verfolgen eine neue Strategie: Sie wollen nachweisen, dass der Sohn des früheren bayerischen Ministerpräsidenten bei den Schreiber-Geschäften als Jurist gewerblich engagiert war, dafür Geld erhalten, aber nie Steuern bezahlt hat. Als Geschäftsmann hätte Strauß eine Bilanz erstellen und Steuern zahlen müssen.
Der wichtigste Zeuge der Anklage: Die Staatsanwaltschaft setzt bei der Neuauflage des Prozesses vor allem auf ihren Hauptzeugen Ludwig-Holger Pfahls. Der frühere Rüstungsstaatssekretär hatte vor Gericht das Schmiergeld- und Treuhandsystem von Schreiber bestätigt. Der ehemalige CSU-Politiker wurde im August 2005 zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.
Das Urteil: völlig offen. Der Prozess gegen Strauß beginnt praktisch bei null. Die Sachverhalte müssen neu geprüft werden. Unklar ist auch, wie sich die Intervention der Schweizer Justiz auswirkt. Sie hat, wie berichtet, den deutschen Justizbehörden verboten, Schweizer Kontounterlagen von Schreiber als Beweismittel zu verwenden. Dieses Verbot hat für das Augsburger Landgericht nicht zwingend eine bindende Wirkung. Die Richter entscheiden selbst, ob sie die Kontobelege verwenden oder nicht. Einige Juristen gehen davon aus, dass Strauß freigesprochen werden oder zumindest eine deutlich mildere Strafe erreichen könnte.
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