Späte Genugtuung für Helmut Kohl - Pfahls entschuldigt sich
Augsburg (lby) - Helmut Kohl ist sichtlich bewegt. Jahrelang hat der Altkanzler mit dem Vorwurf leben müssen, seine Regierung sei möglicherweise käuflich gewesen. Vor dem Augsburger Landgericht bekam der 75-jährige CDU-Politiker am Mittwoch überraschend eine Ehrenerklärung. Der Angeklagte, der frühere Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls (62), bat seinen einstigen Kabinettschef um Entschuldigung .
Augsburg (lby) - Helmut Kohl ist sichtlich bewegt. Jahrelang hat der Altkanzler mit dem Vorwurf leben müssen, seine Regierung sei möglicherweise käuflich gewesen. Vor dem Augsburger Landgericht kann der 75-jährige CDU-Politiker am Mittwoch überraschend eine Ehrenerklärung entgegen nehmen. Der Angeklagte, der frühere Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls (62), bittet seinen einstigen Kabinettschef ausdrücklich um Entschuldigung: Er habe dessen Regierung durch sein eigenes strafbares Verhalten in einen "unzutreffenden Ruf" gebracht.
Um genau zu sein, bittet Pfahls allerdings nicht persönlich um Pardon, sondern lässt dramatisch geschickt die wenigen Sätze von seinem Anwalt Volker Hoffmann vortragen: "Da Dr. Pfahls ob seiner Verhaltensweise Ihnen gegenüber beschämt ist, haben Sie bitte Verständnis dafür, Herr Dr. Kohl, dass ich als sein Verteidiger diese Entschuldigung vorlese", sagt der Anwalt. Der Altkanzler ist gerührt. Einen Augenblick verharrt seine schwere Gestalt reglos auf dem viel zu kleinen Zeugenstuhl. "Ich bin außerordentlich dankbar für diese Erklärung", sagt er dann mit belegter Stimme.
Freilich hat auch Kohl ein schönes Geschenk für seinen einst wenig geschätzten Staatssekretär. Kohls Zeugenaussage führt dazu, dass die Anklage den Vorwurf der Bestechlichkeit gegen Pfahls fallen lässt und ihn "nur" noch der Vorteilsannahme sowie der Steuerhinterziehung bezichtigt. Denn Kohl, der 35. und letzte Zeuge in diesem Verfahren, macht eindeutig klar, dass das umstrittene Panzergeschäft mit Saudi- Arabien 1991 allein auf seine Kappe geht. "Das war meine Entscheidung", sagt er immer wieder. "Das war entschieden und zwar von dem entscheidenden Mann."
Insgesamt flossen bei diesem Deal mit den Saudis mehr als 100 Millionen Euro als Schmiergeld. Pfahls hat gleich zu Beginn seines Prozesses eingeräumt, von dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber insgesamt fast zwei Millionen Euro aus diesem Topf erhalten zu haben. Aber auch die Geschichte Kohls und der CDU_ist mit dem Geld verknüpft. Denn nur wenige Monate nach Abschluss des Geschäfts übergab Schreiber dem früheren CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep in einem Koffer jene eine Million Mark in bar, durch die 1999 der CDU-Spendenskandal ans Licht kam. Die Affäre kostete Kohl letztlich den CDU-Ehrenvorsitz.
Ob auch diese ominöse Million möglicherweise ein Schmiergeld für das Saudi-Geschäft war, hatte schon der 1999 eingesetzte Spenden- Untersuchungsausschuss des Bundestags erfolglos zu klären versucht. Auch wenn die Frage in Augsburg naturgemäß nicht zur Debatte stand, so betonte Kohl doch ebenso vehement wie einst bei seinen vier Auftritten vor dem Ausschuss: "Ich war nie bestechlich und ich werde es auch nie werden."
Auch sonst ließ sich der Altkanzler keinerlei Unmut anmerken, dass die leidige Spendenaffäre ausgerechnet wenige Wochen vor der Bundestagswahl erneut aufs Tapet kommt. Aufgeräumt schritt er Punkt 11.11 Uhr in den Gerichtssaal, drehte sich für die Fotografen lächelnd nach rechts und links und feixte, nach seinem technischen Wissen zu Fuchspanzern befragt: "Man braucht ja als Bundeskanzler vielleicht nicht alles zu wissen, aber völlig doof darf man auch nicht sein."
Weil Kohl das Panzergeschäft ganz allein mit dem damaligen amerikanischen Außenminister James Baker ausgehandelt hat, ist Pfahls aus Sicht der Anklage entlastet. Zwar hat er als Staatssekretär Schmiergeld angenommen, dafür aber nichts Pflichtwidriges getan. Der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz meinte, Pfahls habe wohl im Sinne Schreibers darauf achten sollen, dass bei der Abwicklung des Geschäfts "kein Sand mehr ins Getriebe kommt".
Zumindest Kohl hätte seinem einstigen Staatssekretär wohl auch kaum mehr zugetraut. Der sei ein Mann gewesen, "der die Gnadensonne von Franz Josef Strauß bis hin zum Sonnenbrand genossen hat", frotzelte er.
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