Eine junge weiterentwickelte Volksmusik, bodenständige Gruppen mit neuem Anspruch, ein Tanzboden - das war das Markenzeichen des Herzkasperlzelts auf der Oidn Wiesn auf dem Oktoberfest. Damit lockte Münchner Wirt Beppi Bachmaier über Jahre seine Fans. Dieses Jahr wird er wahrscheinlich nicht dabei sein.
Der Wirtschaftsausschuss des Münchner Stadtrats tagte am Dienstag intern und gab dem Vernehmen nach einem anderen Wirt den Vorzug. Auch eine Petition mit rund 12 000 Unterschriften konnte daran offensichtlich nichts ändern. Offiziell ist das nicht bestätigt. Die Stadt hüllt sich in Schweigen. Die Münchner Medien berichten allerdings seit Tagen, dass die Entscheidung intern abgesprochen war und am Dienstag in der nicht-öffentlichen Sitzung nur noch beschlossen werden sollte. Der Beschluss muss auch das Plenum noch passieren.
Die Oide Wiesn im Südteil des Festgeländes mit viel Tradition und historischen Fahrgeschäften ist aus den Feiern zum 200-jährigen Bestehen der Wiesn entstanden und vor allem bei Einheimischen beliebt.
Kopfschütteln bei Karl-Heinz Knoll, Präsident des Festrings München, der unter anderem den Einzug der Wiesnwirte und den großen Trachten- und Schützenzug zum Oktoberfest mit rund 9000 Trachtlern aus vielen Ländern organisiert. "Ich kann mir eine Oide Wiesn ohne Herzkasperlzelt nicht vorstellen und ich bin auch der Meinung, dass der Beppi Bachmaier mit seinem Herzkasperlzelt nicht ersetzbar ist", sagte Knoll dem Bayerischen Rundfunk. Heute entschieden Personen über die Vergabe, die vielleicht "gar nicht das Feeling dafür haben". "Es gibt nicht mehr so viele, die ein Wiesn-Gen haben, die die Wiesn verstehen. Das ist halt schade." Knoll kritisierte, die Bewerbungskriterien der Stadt würden den Anforderungen für die Zulassung von Wirten speziell für die Oide Wiesn nicht gerecht.
Wiesnstadträtin Anja Berger (Grüne) kündigte an, sich für eine Überarbeitung des Punktesystems bei der Bewerbung einzusetzen. Es gebe bereits einen gemeinsamen Antrag der Fraktion Grüne/Rosa Liste und SPD/Volt. "Für den Stadtrat müssen die Diskussionen der letzten Wochen Anlass sein, das Vergabesystem so zu reformieren, dass Volkskultur, Tradition und die Verdienste für die Oide Wiesn stärker gewichtet werden", sagte Berger.
Der mutmaßlich neue Wirt, Peter Schöniger meldete sich bereits zu Wort. Er versprach, es werde weiter die beliebte Volksmusikszene der gegenwärtigen Strömung geben, er wolle gezielt den talentierten Nachwuchs fördern. Er hatte sich mit seinem Zelt "Boandlkramerei" für die Oide Wiesn beworben. Der Boandlkramer ist im bairischen Dialekt der personifizierte Tod - den leicht morbiden Namen erklärte die Wirtsfamilie so: "Wir wollen die Herzen Münchens begeistern, nach dem Motto "Genieße dein Leben, solange du es hast, feiere und habe Freude!""
Die Wirte sollen dieses Jahr mehr Zeit für den Aufbau ihrer Zelte bekommen, er soll nach dem Beschluss des Wirtschaftsausschusses in öffentlicher Sitzung am 1. Juli starten. Außerdem wird es noch mehr kostenlose Trinkwasserbrunnen auf dem Oktoberfest geben, nämlich zehn statt im Vorjahr fünf. "Wir haben mit den offiziellen Beschlüssen die Grundlage geschaffen, dass es eine wunderbare Wiesn 2024 wird", sagte Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU).
Die Oide Wiesn gibt es dieses Jahr außerplanmäßig. Dem vierjährigen Turnus folgend wäre das Zentral-Landwirtschaftsfest (ZLF) an der Reihe gewesen, bei dem die Bauern traditionell den Südteil des Festgeländes für ihre Agrarschau bekommen. Die Bauern hatten die Schau aber erstmals abgesagt.
Das Oktoberfest dauert in diesem Jahr vom 21. September bis 6. Oktober.
(dpa)