Geschichten aus über 600 Jahren
Josef Neidlinger schreibt an einer Chronik über Baumgarten.
Baumgarten Seit zehn Jahren ist es seine Leidenschaft: das Schreiben. Aber Josef Neidlinger verfasst nicht etwa Gedichte oder Kurzgeschichten, sondern er hat sich der Historie seines Heimatortes Baumgarten verschrieben. Erstnennung im Jahr 1366. Angefangen hat alles 2001, als die Vorbereitungen für das 125-jährige Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr begannen und eine Vereinschronik fällig wurde. „Ich habe dann so viel gelesen und gesucht, dass ich mir gedacht habe, da kann ich es gleich für ganz Baumgarten machen“, erzählt Neidlinger, der 35 Jahre Feuerwehrkommandant war und bis heute der 1. Vorsitzende ist. Nachdem er sich einmal auf die Suche gemacht hatte, konnte er nicht mehr aufhören – bis heute.
2008 hielt er zum ersten Mal das Ergebnis seiner Arbeit in den Händen: ein 266 Seiten dickes Buch, gebunden – sein ganzer Stolz. Zehn Exemplare hat er davon anfertigen lassen und nur eines behalten. „Alle anderen habe ich an Freunde, Familie und Helfer verschenkt“, sagt der 69-Jährige. Denn Geld machen will er mit der Chronik nicht. Auch mit der neuen Auflage, die in ein paar Wochen in Druck gehen soll, wird er so verfahren. „Ich möchte einen Dienst für die Bürger von Baumgarten tun“, erklärt Neidlinger, der schon immer in Baumgarten gelebt hat, dort sogar geboren wurde.
„Wer die Vorgeschichte seiner Heimat nicht kennt, kann die Gegenwart nicht bewerten und die Zukunft nicht einschätzen“ – mit diesem selbst gedichteten Motto leitet Neidlinger seine Chronik ein, und er hat sich dran gehalten: Er kennt seine Heimat. Schließlich hat er für seine Recherchen viel Zeit in staubigen Archiven verbracht: „Viele der Informationen habe ich aus dem Fugger-Archiv in Dillingen.“ So zum Beispiel die Daten über Baumgarten, den Ortsteil Windhausen und das ehemalige Schloss.
Und auch auf eine echte Insiderquelle ist er beim Thema Schloss gestoßen: Harald und Juliana Engel aus Wien, Nachfahren der Herren von Paumgarten – den ersten Schlossbesitzern. „Die beiden sind einmal hier gewesen und haben einer Anwohnerin ihre Visitenkarte gegeben“, erzählt Neidlinger.
Als die Nachricht die Runde machte, dass er eine Chronik schreibe, habe sich diese Frau an die alte, kaum noch lesbare Karte erinnert: „Ich habe dann mit dem Ehepaar Engel telefoniert und Auszüge aus dem privaten Familienarchiv von ihnen bekommen.“
Doch Josef Neidlinger hat noch aus zahlreichen anderen Quellen geschöpft: „Ich war im Vermessungsamt Dillingen, wo ich die alten Pläne bekommen habe, und im Staatsarchiv der Uni Augsburg.“ Probleme irgendwo Einblicke zu bekommen, habe er nie gehabt. Daneben haben auch viele Privatpersonen Josef Neidlinger bei seinen Recherchen unterstützt und ihre persönlichen Fotosammlungen geöffnet, besonders Albert Konrad, Architekt aus Aislingen, wie Neidlinger einwirft. Dann erzählt er stolz: „Das älteste Bild stammt aus dem Jahr 1900 und zeigt den Blick auf Baumgarten vom Berg herunter.“ Nach einem anderen Foto hat er lange gefahndet: Es zeigt Josef Grimminger, wie er 1956 die neue Glocke zur Weihe transportiert: „Das Bild habe ich von seiner Frau bekommen.“ Zwei Jahre zuvor gab es den ersten VW-Käfer in Baumgarten und auch das wurde selbstverständlich bildlich verewigt.
In Kürze soll die überarbeitete Neuauflage erscheinen, mit einem Umfang von 340 Seiten. Und dennoch, Josef Neidlinger wird sich nicht zufrieden geben: „Damit kann man nicht aufhören.“
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