Feuerwehrmann angegriffen: "Keine Chance, mich zu wehren"
Der ehemalige Kommandant Michael Hirsch wurde im Einsatz niedergeschlagen und erzählt von der Situation. Aggressive Passanten sind kein Einzelfall.
Es ist Samstag, der 27. April. Michael Hirsch von der Gundelfinger Feuerwehr hält bei der Luitpoldstraße Absperrdienst, denn der Nordschwabenlauf ist in vollem Gange. Gegenüber stehen drei jüngere Kollegen. Neben ihnen hält ein Auto an, Hirsch hört Geschrei aus dem Fahrzeug. Der 39-jährige Fahrer versucht, an der Absperrung vorbeizukommen und überfährt fast zwei Feuerwehrleute. Der ehemalige Kommandant Hirsch will den aggressiven Autofahrer daraufhin zurechtweisen und sein Fahrzeug fotografieren. Dieser wiederum steigt aus seinem Auto aus und schlägt den Feuerwehrmann zu Boden. "Ich hatte gar keine Chance, mich zu wehren", sagt Hirsch. "Er war beleidigt und total aggressiv." Solange, bis ein Teilnehmer des Nordschwabenlaufs dazwischengeht, geht der Autofahrer den Feuerwehrmann weiter an. "Der Läufer hat ihn weggestoßen." Die Polizei wurde alarmiert.
Michael Hirsch hat im Nachgang "nur" eine geprellte Hand vom Sturz, sagt er. Der anfängliche Verdacht auf einen Haarriss in der Handwurzel habe sich nicht erhärtet. "So etwas ist mir in meinen 37 Jahren bei der Feuerwehr noch nie widerfahren", sagt Hirsch. Mittlerweile gehe es ihm wieder "ganz gut so weit". Dass Feuerwehrleute bei Einsätzen angegangen werden, das sei leider nichts Ungewöhnliches, sagen sowohl der ehemalige Gundelfinger Kommandant Hirsch als auch der aktuelle Kommandant Michael Wohlhüter. Da sei von Pöbeleien und Beschimpfungen bis Beleidigungen und Drohungen fast jedes Mal etwas dabei. Aber "dass wirklich jemand körperlich angegriffen wird, das gibt es zum Glück nicht oft", sagt Wohlhüter.
Michael Wohlhüter wurde auch bei Einsatz in Gundelfingen angegriffen
Er wurde vor zwei Jahren selbst angegangen. "Wir wurden in der Silvesternacht wegen einer brennenden Hecke gerufen", erzählt er. Dort hatte wohl jemand einen Böller hineingeworfen. Ein Anwohner hatte sich dem Kommandanten zufolge wohl gestört gefühlt. "Der Nachbar des Anrufers hat die Tür von unserem Einsatzfahrzeug aufgerissen, reingebrüllt und mich an der Schulter angepackt." Aus welchem Grund, das fragt sich Wohlhüter noch heute. Besonders bei Verkehrsabsicherungen sei das Risiko für Konflikte groß. "Die Leute fahren teilweise einfach um schräg auf der Straße geparkte Feuerwehrautos herum", sagt Wohlhüter. Geahndet wird das meist nicht, sagt der Kommandant, denn "wenn wir jedes Auto melden würden, das das macht, würden wir nicht mehr fertig werden".
Wenn Feuerwehrleute im Einsatz schlimme Erfahrungen machen, kann der jeweilige Kommandant eine "Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte" hinzuziehen, erklärt Kreisbrandinspektor Jürgen Schön. Das sind speziell geschulte Kräfte, die nach dem Vorfall Gespräche mit den Betroffenen führen. Reicht das nicht aus, führt der Weg etwa zum Arzt oder Psychiater.
Niedergeschlagener Gundelfinger Feuerwehrmann will weitermachen
"Es ist wichtig, was sich die Betroffenen wünschen", ergänzt Schön. Denn oft wollten sie keine Betreuung, besonders wenn sie schon Jahrzehnte im Einsatz sind und sich nicht zum ersten Mal in einer schlimmen Situation vorfinden. Die psychosoziale Betreuung gibt es nicht nur für Einsatzkräfte, sondern auch für Menschen, denen die Feuerwehr hilft. Denn für die sei das meist ein absoluter Ausnahmezustand.
Michael Hirsch hat nach seiner Erfahrung beim Nordschwabenlauf ein Gespräch in Anspruch genommen, trotz seiner langjährigen Dienstzeit. Innerhalb der Feuerwehr Gundelfingen werde derzeit überlegt, ob Einsatzkräfte bei Absperrungen nicht mehr allein postiert werden sollten. Dafür müssten allerdings mehr Menschen eingesetzt werden und die Kosten für Veranstalter würden ansteigen. Entschieden sei noch nichts. Unabhängig davon steht für den ehemaligen Gundelfinger Kommandanten fest: "Ich werde weitermachen."
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Diesen Personen gehört der Führerschein entzogen.
Wenn hier weiterhin mit irgendwelchen Bagatellstrafen gearbeitet wird, wird sich daran auch nichts ändern. Beginnt doch schon beim Nichtbilden der Rettungsgasse. Ein paar hundert Euro und Punkte, das wars. Sieht man nach Österreich, da bewegt sich solch ein Vorfall im Tausenderbereich. Deutsche Gerichtsbarkeit muss endlich den Ernst der Lage erkennen und nicht immer den Schonhandschuh anziehen.
Nach meiner Meinung haben Täter derartiger Übergriffe keinen Anspruch auf Täterschutz . Und nach Feststellung kann auch kein "in dubio pro reo " in Anspruch genommen werden . Dann sollte eine Art öffentlicher Pranger zeitnah zum Einsatz kommen . Auf Hinweise bezüglich Mittelalter möchte ich verzichten , da solches Verhalten bis Heute im Urwald in lichter Höhe vorkommt !
Hilfreich fände ich auch "Deeskalations-Schulungen" für Feuerwehrleute.
Ich will keinesfalls die Übergriffe auf Hilfskräfte entschuldigen - aber härtere Strafen verhindern keine solchen Übergriffe.
Ich glaube nicht, dass eine Deeskalationsschulung in der Situation noch Erfolg gehabt hätte, in der der Feuerwehrmann war. Das Problem ist doch eher, dass sich die Menschen immer weniger im Griff haben und beim geringsten Widerstand durchdrehen. Ich würde eher ein Antiagressionstrainig für auffällige Personen anregen, das diese aber selbst bezahlen sollten.
Wahrscheinlich würden Sie auch noch deeskalierend Einwirken, wenn hinter Ihnen Ihr Haus brennt. Welch eine Vorstellung. Hier gibt es definitiv nichts zu debattieren, hier sind Maßnahmen erforderlich.
Glauben Sie allen Ernstes, dass bei solchen Zeitgenossen eine Deeskation wirken würde. Bis Sie überhaupt dazu kommen, haben Sie schon dreimal eine reingehauen. Dann können Sie froh und dankbar sein, wenn nicht auch noch Fußtritte dazu kommen.
Man muss sich schon fragen woher diese ganzen Aggressionen kommen. Egal ob es sich um Feuerwehr-, Polizei- oder Rettungseinsätze handelt. Ich möchte nur von jedem, der sich in solchen Situationen dermaßen daneben benimmt, erfahren was er davon halten würde, wenn es seine Gesundheit, sein Eigentum handelt. Lassen wir doch dann sein Haus niederbrennen oder warten wir ab bis er keinen Rettungswagen mehr benötigt. Der Leichenwagen hat dann unendlich Zeit. Und der Egoismus solcher Zeitgenossen hat sich von alleine erledigt.
Sollte natürlich Deeskalation heißen. Einfach mal langsamer tippen und so etwas passiert erst gar nicht.
Wer Hilfskräfte von Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienst körperlich angreift, sollte dafür mit harten Sanktionen belegt werden. Ich bin dafür, dass in solchen Fällen auch im Erwachsenenstrafrecht ein Dauerarrest von beispielsweise 4 Wochen von den Gerichten verhängt werden kann. Bewährung und/oder Geldstrafe sollte nur die Ausnahme sein.