69-Jährige attackiert Mann mit Fleischermesser und muss dafür in Haft
Aufwändiger Prozess in Nördlingen. Frau bestreitet die Tat
von Claudia Hamburger
Nördlingen Ein etwas dubioser Fall ist vor dem Nördlinger Schöffengericht nun in einem recht aufwendigen Prozess – es waren drei Verhandlungstage nötig – entschieden worden. Eine 69-Jährige wurde zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, weil sie mit einem Messer auf einen Mann losgegangen war. In dieses Strafmaß floss außerdem ein Verstoß gegen das Waffengesetz ein. Die Frau war im Besitz von zwei Patronen aus dem Zweiten Weltkrieg, für die sie keine entsprechenden Papiere vorweisen konnte.
Die Frau aus Stuttgart war Ende September 2013 im südlichen Ries in das Haus einer Freundin eingedrungen. Nur deren 51-jähriger Mann war zum Tatzeitpunkt zuhause. Laut seiner Aussage habe die 69-Jährige im Eingangsbereich laut rumgeschrien, es fielen Sätze wie „Verarsch' mich nicht!“. Die Frau sei sehr aggressiv gewesen. Als der Mann aus dem ersten Stock zu ihr in den Eingangsbereich kam und versuchte, sie zu beruhigen, habe sie ein Fleischermesser gezogen und mit diesem auf ihn eingestochen. Sie trieb den Mann durch den unteren Stock des Hauses und stach immer wieder kurz auf seinen Körper ein. Der Mann erlitt nur kleine Verletzungen, musste an der Lippe aber genäht werden.
Indes sagten zwei Zeugen vor Gericht aus, die mutmaßliche Täterin kurz vor beziehungsweise nach dem Tatzeitpunkt in Stuttgart und in Oberndorf am Neckar getroffen zu haben.
Gericht und Staatsanwalt kamen dennoch zu der Überzeugung, dass die 69-Jährige im Ries war und schuldig ist. „Die Tat sah geplant aus“, sagte der vorsitzende Richter Helmut Beyschlag. Er fragte sich, warum sich die Zeugen auffällig genau daran erinnern konnten, wann sie sich mit der 69-Jährigen getroffen haben. Der Zusammenhang suggeriere eine Absprache mit der mutmaßlichen Täterin.
Darüber hinaus war die Frau nach Zeugenaussagen mit einem rosafarbenen Roller zur Tat gefahren. Ihr eigener Roller in dieser Farbe war zur Tatzeit aber in einer Werkstatt. Das bestätigte der Inhaber dieser. „Eventuell hat sie sich einen ähnlichen Roller geliehen“, so Beyschlag. Darüber hinaus soll sie nach der Tat zum Opfer gesagt haben: „Du brauchst den Vorfall niemandem erzählen, auch nicht der Polizei. Ich war nicht hier.“ Auch das legte das Gericht als Hinweis auf eine geplante Tat aus. Eine Zeugin sagte zudem aus, dass die 69-Jährige ihr gegenüber die Tat angekündigt habe.
Das Motiv der Frau blieb nach Angabe des Richters vollkommen unklar. „Es kamen eine Menge dubioser Dinge aus ihrem Umfeld zutage“, sagte Beyschlag. Die 69-Jährige beteuerte bis zum Ende, unschuldig zu sein. Ihr Anwalt plädierte für einen Freispruch. Die Staatsanwaltschaft hingegen forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten. Die Verletzungen des Opfers waren laut Beyschlag aber nicht so gravierend. Das deute darauf hin, dass die Frau nicht die Absicht gehabt hatte, den Mann stark zu verletzen. „Wahrscheinlich wollte sie ihn einfach nur stark erschrecken und einschüchtern.“ Die Verurteilte, die nicht vorbestraft ist, erhielt wegen gefährlicher Körperverletzung und eines kleinen Verstoßes gegen das Waffengesetz eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Bei der Verkündung des Urteils zeigte die Stuttgarterin keinerlei Reaktion.
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