
Erstmals gewinnen drei Kandidaten den Donauwörther Poetry- Slam

Der 5. Donauwörther Poetry-Slam begeistert mit lustigen und nachdenklichen Texten. Neben bekannten Künstlern trauen sich Nachwuchspoeten auf die Bühne.
Der fünfte Poetry-Slam in der Aula des Donauwörther Gymnasiums hat mit einem hochkarätig besetzten Teilnehmerfeld aufwarten können. Dabei waren der deutschsprachige Meister, die deutschsprachige Vizemeisterin und der zweifache Thüringen-Landesmeister. Beim Poetry-Slam muss der vorgetragene Text selbst verfasst sein, darf nicht länger als sieben Minuten dauern, und Requisiten sind tabu. Die wichtigste Vorgabe gilt für das Publikum: „Respect the Poet“, was bedeutet, dass allein der Mut, sich auf die Bühne zu stellen, Applaus verdient hat. Applaus gab es an diesem Abend reichlich.
Als erste Künstlerin trug Michelle Mühlbauer aus Großmehring eine nachdenkliche Lobeshymne auf „Female Friendships“, also Freundschaft unter Frauen, vor. Sie erzählte von sogenannten Mädelsabenden, deren Themen nicht nur Jungs, Kleider und Klatsch und Tratsch seien, sondern auch Sicherheit vor übergriffigen Männerblicken und -händen sowie Unterstützung in allen Lebenslagen bieten würden.
Nils Sedelmeier von der FOS/BOS Donauwörth trat an
Der erste Lokalmatador des Abends, Nils Sedelmeier von der FOS/BOS Donauwörth, klärte humorvoll das Publikum über sogenannte harte und weiche Tage auf. Letztere stellen sich nach übermäßigem vorabendlichem Konsum von Glühwein ein, erstere sind die Tage, an denen die Arbeit dem geschundenen Menschen alles abverlangt. Im Hinblick auf die gemischte Altersstruktur des Publikums war er zudem so freundlich, Ausdrücke aus der Jugendsprache für die älteren Semester zu übersetzen, was ihm mit begeistertem Applaus gedankt wurde.
Dieses Vorwissen war hilfreich für den dritten Beitrag des Abends von Lotta Emilia aus München. Frei vorgetragen und in gereimter Form teilte sie ihre Sorge, dass ihre Konzentration arg darunter leide, dass sie gleichzeitig auf zu vielen digitalen Kanälen vor lauter „Scrollen, Posten, Skippen“ am Ende des Tages nichts zu Ende bringen könne. Sie führt die Sucht nach Ablenkung auf ihre Angst vor Ruhe zurück und gab zu, mit analogen Landkarten oder Uhren mit Zeigern nichts anfangen zu können. Die Jury wählte sie ins Finale.

Der darauffolgende schreiend komische Text von Florian Wintels aus Osnabrück war für die Schüler im Publikum von großem Interesse. Statt in der über Bestehen oder Durchfallen entscheidenden Mathematik-Klausur die geforderte Lösung zu errechnen, appelliert er in einem Brief an den Lehrer, doch Mitgefühl walten zu lassen und sein Engagement als Schülerlotse oder zumindest das beigefügte Geld in die Bewertung einfließen zu lassen. Als Schüler musste er trotz allem die achte Klasse wiederholen, dem Autor brachte der Text aber einen Platz im Finale ein.
Den dritten Platz im Finale sicherte sich Skog Ogvann aus Leipzig mit seinen harmlos klingenden, aber bitterbösen Gedichten „Butter auf dem Kopf“ und „§228 Notstandparagraf“. Letzteres schildert einen Ehestreit, der in der Zerstörung eines Saxofons und der darauffolgenden blutigen Rache mündet.

Jana Huß aus München, mit schwesterlichem Schlafsofa in Donauwörth, erzählte in ihrem Gedicht „Wer nicht leiden will, muss fühlen“ sehr anrührend von ihren verschiedenen inneren Instanzen: dem gnadenlosen Richter, dem inneren Kind und der Fassade nach außen, die manchmal in ihr streiten, aber dennoch zusammengehören.
Der letzte Beitrag der Vorrunde kam von dem zweiten – inzwischen ehemaligen – Schüler der Donauwörther FOS/BOS, Julian Riedelsheimer aus Meitingen, der sich trotz seines jugendlichen Alters nach seiner Kindheit und den geordneten Zeiten in Bayern zurücksehnt. Die Krise seiner Generation sei unter anderem auf den Zuzug von „Preißn“ zurückzuführen, die „nicht wählen“ können.
Drei Gewinner beim 5. Donauwörther Poetry-Slam
Nun galt es, einen der drei hochkarätige Finalisten zum Sieger zu küren. Lotta Emilia mit ihrem Gedicht „Ich schaff das schon“ ließ die Zuhörer an ihrem lebenslangen Streben teilhaben, auf eigenen Beinen zu stehen und ohne Hilfe anderer alles selbst zu schaffen. Florian Wintels humorvolles Gedicht über die Vor- und Nachteile des Lebens auf dem Land zeigten auf, dass zwar die zunehmende Gewalt in der Stadt für das Landleben spreche. Leider verleiden andererseits „geisteskranker Fleischkonsum“, reichlicher Genuss von Alkohol und „Kultur“, die nur im Zusammenhang mit Weizen und Mais genannt wird, dem armen Mann die Freude am Landleben und treiben ihn in die Arme von „Blutwurst, Helene Fischer und Alkohol“. Skog Ogvanns Gedicht vom „Freilerner Bernd Pfeiffer“ erzählt die traurige Geschichte einer aufblühenden Romanze, die mit einer Liebeserklärung auf einer Olivetti-Schreibmaschine hätte beginnen können, aber am Analphabetismus des Adressaten Bernd scheiterte.
Selbst nach zwei Runden, in dem das Publikum per Applauslautstärke den besten Beitrag hätte küren sollen, und einer anschließenden „Schinkenabstimmung“ (das Publikum ruft möglichst laut das Wort „Schinken“) war es nicht möglich, den Sieger zu bestimmen. Um dem Publikum den Hammelsprung zu ersparen, gewannen erstmals drei Kandidaten den Wettstreit, der von Klaus Rattenbacher organisiert und Michel Jakob moderiert wurde.
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