Bei Margot Marquardt aus Mering kann nahezu alles zur Kunst werden
Die Meringer Künstlerin Margot Marquardt hat sich mit ihren Skulpturen, Installationen und Gemälden einen Namen gemacht. Ihre Kreativität wird durch überraschende Auslöser inspiriert.
Im Sommerkeller, direkt am Meringer Ortsrand, wohnt Margot Marquardt. Ihr Zuhause ist ein Künstlerhaus wie aus dem Bilderbuch - mit malerischem Garten und einem weiten Blick über die Felder. Innen sind liebevoll ihre Werke und Arbeiten anderer arrangiert - eine kleine Schatzkammer, die die unbändige Kreativität der Künstlerin widerspiegelt. Denn Margot Marquardt beherrscht nicht nur die verschiedensten Techniken, sondern sie hat sich auch schon vieler Themen angenommen: Mit einem Teppichmesser hat sie etwa eine schroffe Felslandschaft aus Büchern geschnitten. Die Künstlerin zeigt auf so eine Skulptur, auf die sie einen Baum aus Papier platziert hat: "Das habe ich für meine Tochter gemacht. Die ist vor einiger Zeit mal umgezogen und konnte von ihrer Wohnung weit und breit keinen Baum sehen", erklärt sie.
Andere Bücher hat sie ausgehöhlt, mit Erde und Gras gefüllt und unter dem Namen "Frieden braucht lange zu wachsen" in diversen Ausstellungen präsentiert. Gleich daneben liegt ein genähtes Würfelbuch. Das lässt sich ausklappen, damit man ihre Malereien betrachten und ihre selbst geschriebenen Gedichte lesen kann.
Besonders angetan haben es der Meringerin auch Drahtarbeiten. Sie hat beispielsweise kleine Stühle gelötet, die in der Rückwand eines Schaukasten stecken und von roten LEDs im Staccato angestrahlt werden. Der Titel lautet "Kampf". Ein einzelner Stuhl in einem würfelförmigen Drahtgerüst verkörpert wiederum die Einsamkeit: "Der Stuhl ist eine Metapher für den Menschen. Man sitzt ja immer auf irgendwelchen Stühlen, egal, ob man arbeitet, isst oder Geschichten erzählt", veranschaulicht sie.
Margot Marquardt verarbeitet Fundstücke in ihren Werken
Gemälde, Zeichnungen, Siebdrucke, Fotografien, Skulpturen, Collagen - ihre Arbeiten sind sehr unterschiedlich. "Mir wäre es zu eintönig, immer das Gleiche zu schaffen", sagt sie und verarbeitet deshalb die verschiedensten Gegenstände, die sie findet, geschenkt bekommt oder kauft. Als sie etwa mit ihrem Ehemann unterwegs war, beobachteten die beiden Arbeiter, die gerade Plakate von einer Litfaßsäule schnitten. Zwei große Stücke dieser Wand mit der dicken Schicht übereinander geleimter bunter Plakate hat sie sich geholt und zum Thema "Wertstoffe" neu interpretiert.
Ebenso besondere Holzstücke und Federn, die auf dem Weg lagen oder alte Schuhleisten. Auch ein altes Nachthemd oder der Teddybär ihrer Tochter wurden schon verarbeitet - früher oder später kommt alles zum Einsatz. Genauso vielfältig sind ihre Themen: die Stille beispielsweise, die Farbe Weiß, die Blindenschrift, Frieden, Krieg, die Gefährlichkeit der Worte, das Leid der Flüchtlinge, zwischenmenschliche Beziehungen, gesellschaftliche und politische Ereignisse, Frauen vorwiegend im Spannungsfeld zwischen Familie und Gesellschaft. Oft verarbeitet sie Gedichte - von Literaten oder eigene. "Ich bin wortaffin, ich liebe Worte", betont sie und fügt hinzu: "Mein Vater hatte so einen melodischen österreichischen Dialekt, das war sehr schön zu hören."
Von ihm wurde ihr wohl auch die Kreativität in die Wiege gelegt. "Mein Vater war der Sensiblere. Er konnte sehr gut singen und unterstütze meine Sammelleidenschaft. Meine Mutter war eher ein praktischer Typ." Bei drei Geschwistern habe es aber auch einfach viel zu tun gegeben. 1947 geboren und im Augsburger Stadtteil Bärenkeller aufgewachsen hat Margot Marquardt schon als kleines Mädchen viel gemalt, gezeichnet und gesammelt. Aus einem Kunstkatalog hat sie Abbildungen ausgeschnitten und auch sonst alles über Künstler und deren Techniken gelesen. "Van Gogh, Klee und viele andere - ich habe mir schon als Kind gedacht: Das ist ja fantastisch, welche Fantasie da Menschen entwickeln."
Talent der Meringer Künstlerin wird schon früh gefördert
Ihr Talent wurde gefördert. Sie studierte an der Werkkunstschule in Augsburg und absolvierte die Ausbildung zur Zeichenfachlehrerin. Wissbegierig blieb sie trotz der fertigen Ausbildung noch länger an der Schule, um gute Grundlagen zu erlernen. Als Klavier- und Altblockflötenspielerin und im Fach Gesang machte sie zudem eine zweijährige Ausbildung am Konservatorium. "Ich musste mich dann jedoch für einen Beruf entscheiden - Musik oder Kunst." Weil die Anforderungen beim Klavier extrem hoch gewesen seien, fiel die Wahl auf die Kunst. "Und das war die richtige Entscheidung."
Dennoch war ihr beruflicher Start hart. Sie arbeitete als Kunstlehrerin für Kinder mit Verhaltensstörung und Lernbehinderung in Augsburg. "Ich bin sensibel, und es war hoch schlimm für mich, was diese Kinder erlebt hatten - das ging von Schicksalsschlägen bis hin zu Alkohol und Prostitution", sagt sie. Die Kinder habe sie sehr wertgeschätzt – was auch auf Gegenseitigkeit beruhte.
Ein Jahr blieb sie, danach wechselte sie zu anderen Einrichtungen, allesamt jedoch in sozialen Brennpunkten. "Mir war es immer wichtig, dass die Kinder eine Wertschätzung für ihre Werke bekommen", erzählt sie. Deshalb habe sie deren Arbeiten immer in der Schule ausgestellt. Zudem gab es bei ihr keine schlechten Noten. Wenn ein Schüler oder eine Schülerin gar nicht mitmachen wollte, führte sie so lange Gespräche, bis zumindest eine kleinere Arbeit entstand.
Als sie selbst in den Jahren 1979 und 1980 ihre beiden Töchter Verena und Isabel bekam, zog sie sich aus dem Schuldienst zurück. Mit den Kindern zu gestalten, zu spielen und zu basteln, sei für sie ein wunderbarer Ersatz gewesen. Auch wenn ihr die Mutterrolle Spaß bereitet hat, arbeitet sie auf freier Basis künstlerisch weiter, gibt unter anderem Kurse an der Volkshochschule. Zudem beteiligt sie sich an unzähligen Ausstellungen, sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Derzeit bereitet sie gerade eine in Schloss Hohenkammer vor. "Ich bin durch Zufall auf diese schönen Räume dort in dem Bildungszentrum gestoßen und habe mich mit einem Kollegen darauf beworben. Das hat geklappt. Wir dürfen dort Werke zeigen, aber erst 2023, da die Termine so lange vergeben sind", erzählt sie.
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