Ein Profi erklärt: So fährt man richtig offroad
Wer sich mit dem Wagen ins Gelände wagen will, sollte einige Dinge beachten. Wir haben bei einem Offroad-Urgestein nachgefragt.
München Theatinerstraße. Die SUVs und Geländewagen „flanieren“ rauf und runter. Sieht gut aus, macht Spaß. Ist aber nicht die eigentliche Bestimmung der Allradfahrzeuge. Denn sie sind, mehr oder weniger, dafür gebaut, sich in schwierigem Gelände zu bewähren.
Doch das ist nicht jedermanns Sache. Vielleicht aus deswegen, weil viele dieses Metier nicht genügend beherrschen. Einer, der dies aus dem FF beherrscht, ist Dag Rogge, schon immer Geländewagenfan und seit über 30 Jahren mit Landrover auf extrem fordernden Routen unterwegs. Er gibt Tipps, wie man sein Allradfahrzeug quasi in jeder Situation beherrscht und richtig einsetzt, weltweit.
Allrad, das ist seine Passion. Dag Rogge hat viele der legendären „Camel Trophys“ und deren Nachfolger, alle bisherigen 13 „Landrover-Experience-Tours“ (LET), organisiert, durchgezogen und als Experte mitgefahren. Außerdem hat er ein eigenes Offroad-Gelände und organisiert mit seinen rund 50 Mitarbeitern dort Fahrveranstaltungen. Zusätzlich berät er Landrover in allen Allrad-Entwicklungsfragen und fungiert als Markenbotschafter.
100 Länder der Welt hat der Rheinländer bereist, und das häufig auf Pfaden, die keiner kennt. „Allrad fahren heißt Freiheit genießen“, sagt er. Um für alle Wegeprobleme gefeit zu sein, heißt für ihn das Zauberwort: 4x4. Er begeistert sich nicht nur für die technisch ausgereiften und komplexen Range Rover und Discovery, sondern auch für den seit vielen Jahrzehnten bewährten noch weitgehend mechanischen Defender. Welcher ist besser? „Das kommt auf die Situation an“, sagt Rogge.
Wer sich auf möglichst unkomplizierte Art und Weise in schwierigem Gelände bewegen will, der sollte sich den voll elektronischen modernen Landrovern anvertrauen. „Die Technik ist so komplett, dass sie selbst jeden Untergrund und jede Fahrsituation erfasst und sich darauf einstellt, egal ob auf Schnee und Eis, in tiefem Sand, auf felsigem Untergrund, einfach in jeder noch so schwierigen und komplexen Situation.“ Für den 57-Jährigen ist das wichtigste Regelsystem das ABS, „das man nie ausschalten sollte“.
Elektronik-Skeptiker sollten sich einfach eingehend mit der Gebrauchsanweisung ihres Allradlers befassen und die Systeme ausprobieren, am besten in einem Kurs, in dem auch die komplexen Zusammenhänge erklärt werden. „Was beim alten Defender alles selbst erfühlt, eingeschätzt und zugeschaltet werden muss, das regeln Discovery und Range Rover alles selbständig.“ Darin liegt Rogges Meinung nach auch eine Gefahr: „Die Technik ist heute so gut, dass der Fahrer glaubt, jede Situation sei beherrschbar. Da kann es leicht zu Selbstüberschätzung kommen, durch die natürliche Grenzen überschritten werden. Der ‘Popometer‘ sollte immer noch die letzte Instanz sei. Man muss in sich und sein Auto reinhören.“
Für diejenigen mit viel Erfahrung, die gerne in elektronische Regelsysteme selbst eingreifen, hält Landrover das „Terrain-Reponse-System“ parat. Mit dem Drehregler kann, auch während der Fahrt, nach eigenem Gutdünken auf Fahrzeugeinstellungen wie Motordrehzahl, Getriebe, Fahrwerks- und Lenksysteme zugegriffen werden. Das DSC wird dann automatisch auf die gewählte Einstellung angepasst (Schnee, Sand Matsch ...).
Ein großer Irrglaube sei es laut Rogge, dass Allradfahrzeuge besser bremsen als andere. Bremsen sei in schwierigem Gelände ohnehin ein Problem: „Vor allem auf Sand hat man sich da ganz schnell eingegraben“ sagt er und fügt hinzu: „Die Motorbremse ist immer besser. Räder sollen nie blockieren.“
Am wichtigsten ist aber für Rogge: „Sicherheit heißt das erste Gebot: Sich und das Fahrzeug nicht überfordern.
Basis-Tipps im Überblick
- Vor und nach der Fahrt das Fahrzeug auf Sicherheit überprüfen.
- In schwierigem Gelände nie alleine fahren, immer im Konvoi, zwei Ersatzreifen plus Werkzeug dabeihaben plus stabiles Unterlegbrett
- Vorausschauend fahren (150 bis 200 Meter), frühzeitig reagieren. Immer so langsam wie möglich und so schnell wie nötig fahren und mit viel Gefühl.
- Bei sehr tiefem Untergrund (Matsch, Schnee, Sand) Reifendruck auf 1,4 bis 1,6 Bar reduzieren (Kompressor mitführen).
- Bei tiefen Wasserdurchfahrten es darf kein Wasser in den Motor (Luftfilter) und in den Auspuff gelangen (Gebrauchsanweisung!)
- Bergauf- und Bergabfahrten alle Hilfsmittel des Wagens nützen (Sperren, Untersetzungen, Bremsassistenten etc: siehe Gebrauchsanweisung), möglichst nicht: das Bremspedal betätigen und kuppeln.
- Gräben und Hügel diagonal anfahren, nicht kuppeln, nicht schalten, Sperren verwenden, angepasste Geschwindigkeit wählen.
- Extrem schwieriges und unübersichtliches Gelände zu Fuß erkunden. Eventuell Kennzeichen vorne abmontieren.
- Große Schräglagen fahren langsam, falls der Wagen rutscht: nur talwärts lenken.
- Wellblechpiste (harter welliger Sand): am besten von Wellenspitze zu Wellenspitze „fliegen“, meist etwa mit 70 bis 80 Stundenkilometer (Vorsicht: Wagen schlecht lenkbar, Gepäck sichern)
- Bei Fahrt mit Schneeketten auf dem Allradfahrzeug: eine vorne, eine hinten montieren, wenn keine vier vorhanden sind.
- Das Lenkrad nie verkrampft sondern locker festhalten (Daumen aus den Speichen, besser: Affengriff)
- Wenn man sich festgefahren hat: besser rückwärts raus, vorher mit aufschaukeln versuchen freizukommen, eventuell leichte Lenkbewegungen, wenig Gas geben, nicht immer tiefer eingraben, besser: bergen lassen oder selbst bergen ( mit Seilwinde).
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