Istrien für Feinschmecker: Das Land, wo Wein und Olivenöl fließen
Istrien ist mehr als nur Badeziel. Denn das Hinterland hat Genussmenschen so viel zu bieten. Liegt das auch am italienischen Erbe der Halbinsel?
Als Badeziel ist Istrien eigentlich viel zu schade. Wer nur wegen Sonne, Strand und Meer hinfährt, versäumt, was die kroatische Halbinsel zu einem Genussland macht: die kleinen Dörfer im Hinterland, zu denen Sträßchen führen, die nicht einmal auf der Karte zu finden sind, die ländlichen Konobas, in denen noch gekocht wird wie zu Omas Zeiten, die Olivenöl-Haine und Weinberge. Manchmal hat man unterwegs das Gefühl, man sei in der Toskana gelandet. Und wenn in den Dörfern der venezianische Löwe in Stein gemeißelt ist, fühlt man sich erst recht nach Italien versetzt.
Ganz so falsch ist das gar nicht, war doch Istrien zwischen den Weltkriegen tatsächlich Teil Italiens und Venedig beherrschte über Jahrhunderte hinweg die Küstenstädte. Italienische Töne kann man zwischendurch auch hören, doch unter Tito wurden die meisten Italiener vertrieben, viele auch ermordet. So wie in Oprtalj, einem aussichtsreich gelegenen Örtchen, das am Eingangstor verspricht, ein Künstlerdorf zu sein. Doch die meisten Gebäude sind verfallen, Putz bröckelt, in leeren Fensterhöhlen wuchern Sträucher. Fast trotzig wirken die paar Häuser, in denen sich tatsächlich Künstler niedergelassen haben. Oprtalj ist authentischer als das inzwischen von Touristen vereinnahmte Künstlerdorf Grosnjan. Viel Gras ist inzwischen über die traurige Geschichte gewachsen, mit der Unabhängigkeit haben die Kroaten einen großen Schluck aus der Pulle Selbstbewusstsein getrunken – auch die Istrier.
Motovun wirkt wie ein Freilichtmuseum
Heute wird das italienische Erbe auf der Halbinsel ebenso gepflegt wie das der K.-u.-k.-Zeit. Man ist stolz auf die Geschichte und präsentiert sie gerne wie im Städtchen Motovun. Hoch auf dem Berg thront die Festung, die im 13. Jahrhundert von den Venezianern errichtet wurde – mit Kirchen und Palästen und einer das Ganze umfassenden Stadtmauer. Hier lässt sich Geschichte an Mauern ablesen und ganze Busladungen von Touristen kommen in normalen Zeiten hierher, um in diesem Geschichtsbuch zu lesen und den Ausblick auf das Tal der Mirna bis hin zum blauen Meer zu genießen. Vielerorts allerdings wirkt Motovun eher wie ein Freilichtmuseum. Souvenirshops reihen sich an Cafés und Restaurants. Und was gibt es zu kaufen neben Gestricktem und Gehäkeltem? Trüffel, Olivenöl und Wein. Der Dreiklang des istrischen Genusses.
Die Produzenten waren meist Pioniere, und wer sie besuchen will, muss die ausgebauten Straßen verlassen und sich auf steinigen Wegen in abgelegene Weiler trauen. Zum Beispiel nach Ipsi, wo gerade mal 16 Menschen leben. Zwischen verfallenden Häusern – eine Folge der Landflucht – steht das schmucke Anwesen der Familie Ipsa, die hier seit 1998 wieder Oliven anbaut, auf Terrassen, so, wie es schon die Großeltern von Klaudio Ipsa machten. „Früher hatten wir eine Bar“, erzählt Irena Ipsa, aber irgendwann hätte ihr Mann ihr gesagt „Ich will wieder Olivenbauer werden“. Gesagt, getan. Die verwilderten Terrassen wurden instand gesetzt, neue Olivenbäume gepflanzt und über hundertjährige Bäume durften wieder Oliven produzieren. Irena zeigt stolz auf ein paar besonders alte Exemplare. Geerntet werden die Früchte der 3500 Bäume per Hand und gleich kalt gepresst. Der übrig gebliebene „Ölkuchen“ dient als Dünger. „So geben wir den Bäumen auch etwas zurück“, sagt Irena. Rund 6000 Liter Olivenöl produzieren die Ipsas im Jahr, seit 2015 bio-zertifiziert. 2017 waren ihre Olivenöle unter den 15 besten der Welt. Von den vier Sorten, darunter ein Cuvée, mag Irena Leccino am liebsten ein fruchtiges Öl in hellem Grün, das leicht nach frischem Gras schmeckt, aber auch nach Rosmarin.
Der Malvasier ist der typische Weißwein Istriens
Weil das Öl-Tasting eine Wissenschaft für sich ist, hat Irena eine Olivenöl-Sommelier-Schule durchlaufen, ihr Mann Klaudio hat sogar noch einmal studiert und ist inzwischen „Ingenieur in mediterraner Landwirtschaft“. Seit einem Jahr produzieren die Ipsas auch Wein, zunächst eigentlich nur für den Familienbedarf. Inzwischen beliefern sie auch Hotels und Restaurants in Istrien und verkaufen bis nach Deutschland. Gefragt ist vor allem der heimische Malvasier. „Der Wein ist wie Trüffel“, meint Irena, „entweder man mag ihn oder man mag ihn nicht“.
Der Geruch von Trüffeln liegt im Spätherbst nicht nur in Restaurants in der Luft, im Verkaufsraum von Prodan Trüffel werden die Besucher zu jeder Jahreszeit von einer „Duft-Wolke“ empfangen. Hier stehen alle Erzeugnisse, die mit der teuren Knolle veredelt werden: Salz, Käse, Salami und natürlich Olivenöl. Die Prodans sind Trüffelsucher seit 60 Jahren. Damals startete der Vater von Vanda als einer der Ersten das Geschäft ein. Und nach einer Trüffelsuche mit den Trüffelhunden zeigt Vanda den Gästen, wie vielseitig sich Trüffel in der Küche verwenden lassen. Besonders köstlich sind ihre Rühreier mit geriebenen und gehobelten Trüffeln.
Dazu passt natürlich am besten ein Malvasier. Der typische istrische Weißwein wird auch im Weingut Kozlovic produziert, einem der Vorzeige-Weingüter in Istrien, das gegenüber dem Kastell Momjan ein architektonisches Ausrufezeichen setzt. Das Highlight des Design-Baus, der mit den Bändern aus Metall wirkt wie von Weinreben umwachsen, ist die begrünte Dachterrasse mit Blick auf Weinreben und Kastell. Gianfranco produziert bereits in der vierten Generation Wein; die Anfänge waren bescheiden, wie seine Frau Antonella sagt und wie Besucher im Weinkeller nachlesen können. Das gerade mal 35 Quadratmeter kleine Häuschen der Eltern wurde in den neuen Baukörper integriert.
30 Hektar bewirtschaften die Koslovic’, und alle Trauben werden von Hand gelesen. 25 Menschen arbeiten im Weingut, auch die 88 und 86 Jahre alten Eltern. Aus einem großen Fass zapft Antonella jungen Wein. „Malvazija“, sagt sie, der Wein, der das Weingut bekannt gemacht hat, weil er ihm 1998 den Titel „bester Wein in ganz Kroatien“ eingebracht hat. 250000 Flaschen produzieren die Koslovic’ im Jahr. Der Tipp der Sommelière und studierten Wirtschaftswissenschaftlerin Antonella für den am besten ausgewogenen Malvasier ist „Po Mojen“ (My Way). Aber den gibt es nur im Frühjahr zu kaufen.
- Die Corona-Situation in Istrien:
In Istrien schwankt die Inzidenz um die 50 (Stand Mitte April). Ganz Kroatien ist als Hochrisikogebiet eingestuft. Damit müssen Istrien-Fahrer nun wieder in Quarantäne. Aktuelles zur Einreise unter www.istra.hr/de. Wer mit dem Auto anreist, darf in Österreich nur für einen Kurzstopp anhalten.
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