Abgewatscht vom Meister des Tanzes
Günzburg Vorurteile sind absolut nicht angebracht. Auch wenn mir Sendungen wie DSDS und Popstars verhasst sind. Ja, ich gestehe: Bislang hatte ich höchstens ein mildes Lächeln für solche Shows übrig. Der ehrliche Ausweg konnte nur heißen: Probiere es erst mal selbst. Mach´ mit, sei dabei, wenn Detlef D! Soost nach Günzburg kommt. Die Sparkasse Günzburg-Krumbach hat dieses Event zu ihrem 175. Geburtstag eingefädelt und die "Move"- und "Step"-Koryphäe kam tatsächlich aus dem großen Berlin in das pittoreske Günzburg.
Bekannt durch Zitate wie "Pam, pam, pam" hat D! schon einige Bewerber bei Tanz-Castingshows verrissen oder hochgelobt. Wurden sie aus der Sendung geworfen, so standen den armen Kids meist die Tränen im Gesicht. Nun also war der Meister also in meiner Nachbarschaft zu Gast.
Sonntagnachmittag, 13.30 zeigt mir meine Uhr. Bisher war ich völlig entspannt. Doch nun: Ich bin tatsächlich aufgeregt. Werde ich Günzburgs Dance-Star? In der Rebayhalle komme ich mir an diesem herrlich-heißen Sommertag inmitten der Trauben von etwa 100 Jugendlichen zwischen acht und 16 Jahren etwas fehl am Platz vor. Naja, ein schniekes "Nike"-Shirt habe ich ja wenigstens an, vielleicht übertüncht das ja in Sachen Coolness die Geheimratsecken, die verraten, dass ich hier als Einziger zielgenau auf die Dreißig zusteuere.
Die Halle hat sich inzwischen gefüllt. Ich stehe etwas abseits und komme mir einfach nur doof vor. Das ist nicht meine Altersgruppe hier, ich bin hier fremd - und außerdem: Es sind fast nur Mädchen da. Naja, sei's drum. D!s Pressesprecherin hat mich inzwischen unschwer entdecken können. Die kleine, blonde und wortgewandte Frau fragt mich, ob ich D! ein paar Fragen stellen wolle. "Nein", sage ich verwundert, "ich will hier nur mittanzen". Etwas enttäuscht darüber geht sie wieder. Wie ein Hündchen renne ich ihr jedoch nach, um gleich klar zu machen, dass ich unheimlich gerne ein Foto zusammen mit dem Meister hätte. "Mal sehen, ob das vor der Veranstaltung geht", meint sie. Langsam merke ich, dass ich es hier mit einem Star zu tun habe. Stars sind auch nur Menschen, denke ich und freue mich umso mehr, als es endlich so weit ist. Lights out, Spot an! Bässe wummern … Bummm, Bummbummm, Bummmm …
"Immer schön ladylike", meint D!
"Hallo Leute! Yeah!" Yeah, D! ist da, und schon geht's los. Ich renne D! erst mal wie ferngesteuert hinterher, um noch die Sache mit dem Foto zu klären. Doch irgendwie störe ich gerade. "Nee, nicht vor den Anderen!" meint D!, um den sich inmitten der Rebayhalle alle Kids im Kreis geschart haben und die Hände im Takt durch die Luft wirbeln. "Hey Leute! Immer schön ladylike!" motiviert der große D! die Günzburger Jugend die ersten Steps. Keine Ahnung, was das heißt, es ist mir auch egal, denn ich bin bereits nach den ersten Aufwärmübungen etwas aus der Puste. Mittlerweile habe ich mich von der vorletzten in die letzte Reihe der Tanzenden gestohlen. D! steht mittlerweile über allen. Auf einer kleinen Bühne, wo auch auf dem Hintergrundbild nur einer überlebensgroß zu sehen ist: D! Ich wackle die genau abzuzählenden, ruckartig-zuckenden Schritte mit. Hilfe suchend schaue ich nach Leuten, die die Schritte auch nicht ganz so super können, aber eben etwas besser als ich. Schwierig. Rafael lacht unterdessen. Er muss das tun. Ständig. Rafael ist D!s Profi-Mittänzer auf der Bühne und lachen ist einer seiner Jobs. Rafael hat aber auch schöne Zähne, keine Frage. "Ihr müsst lächeln!" meint D! Meine Schritte klappen allerdings immer noch nicht. Ich beschließe daher, erst einmal eine Pause zu machen.
Während die Bässe wummern, D! die Jugend motiviert - "ihr könnt das!" - mache ich mich auf den Weg zum Apfelschorle, gepaart mit einer kalorienreichen Salamisemmel. Die Krux: Ich bilde mir tatsächlich ein, dass ich mir die Mahlzeit verdient hätte.
Das Ganze war ein Fehler. Ich hätte mir niemals ein Päuschen nehmen dürfen. Ich merke dies unweigerlich, als ich wieder in der letzten Reihe stehe. Die anderen sind mir meilenweit voraus. Sie zucken, sliden, drehen sich, "immer schön ladylike, yeah!" ... und ich? Ich gebe leider langsam auf und warte auf die Pause. Die Richtige. Umso mehr freut mich D!s Erbarmen. Jetzt gibt's erst einmal was zu trinken und natürlich: die Autogramme vom Meister. Die zierliche, blonde Pressefrau hat mir inzwischen Hoffnungen gemacht. Hoffnungen darauf, dass ich D! nun endlich fotografieren darf. Als er dann leibhaftig vor mir sitzt, am Autogramm-Tischchen, fühle ich mich wie ein Casting-Opfer bei den "Popstars" im Fernsehen. Und genau so soll es schließlich auch kommen.
"Du kommst nich aufs Bild"
"Nee, Du kommst nich aufs Bild mit mir - Du hast Dir keene Mühe gegeben" … Okay, da muss ich schlucken. Schließlich schwitze ich immer noch. Und dann: "Ick hab dich die janze Zeit jenau beobachtet." Okay, kein Foto mit dem Meister. Wie damals im Sportunterricht nach dem gescheiterten Vorturnen am Reck latsche ich abgewatscht zu meinem Turnbeutel. The Show is over - jedenfalls für mich. Pech. Ich hatte mir einfach nicht genug Mühe gegeben und das habe ich nun davon. Unterdessen geht die Show für die anderen weiter: Lächelnd und ladylike, yeah!
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