
Vom Bauernmarkt in Günzburg profitieren Kunden und Verkäufer

Seit mehr als 25 Jahren findet jeden Samstag im Dossenbergerhof in Günzburg der Bauernmarkt statt. Ziel war es damals, neue Einkommensquelle zu erschließen. Für die Anbieter ist das mit einem großen Aufwand verbunden.
Am Samstag war es wieder soweit: Das Bauernmarktfest lockte zahlreiche Besucher in den Dossenbergerhof – und das schon zum 26. Mal. Das Fest, erinnert sich Walter Thiergärtner, einer der Hauptinitiatoren des Bauernmarktes, war aus der Not geboren. Denn vor mehr als einem halben Jahrhundert hatte der Bayerische Bauernverband eine neue Strategie entwickelt, um bäuerlichen Betrieben in dem immer schnelleren Strukturwandel in der Landwirtschaft neue Einkommensquelle zu erschließen.
Es begann die Zeit der Direktvermarktung. Erste Hofläden entstanden und Bauernmärkte. Johann Krauß, Kartoffelbauer aus dem Donaumoos und Marktständler der ersten Stunden, erinnert sich noch gut: „Die Euphorie war riesig.“ Zu den ersten Versammlungen kamen über hundert Interessenten.
Der Aufwand, einen Stand auf dem Markt in Günzburg zu betreiben, ist groß
„Aber der Aufwand, einen Stand auf dem Markt zu betreiben, ist groß, und so blieb am Ende nur eine Handvoll übrig.“ Er selbst hat vor einigen Jahren als Altersgründen aufgehört. Einen Nachfolger hat er nicht gefunden. Den Stammkunden, die heute den Bauernmarkt im Dossenbergerhof nicht missen wollen, ist kaum bewusst, dass diese Arbeit für die Anbieter eine außerordentliche Zusatzbelastung bedeutet. „Freitag und Samstag sind für uns extrem arbeitsreiche Tage geworden. Wenn wir hier nicht einen Drei-Generationenhof hätten, könnten wir das kaum stemmen,“ sagt Karin Weber, die den Stand von ihrem Schwiegervater übernommen hat und den Vorsitz im Verein innehat. Der Bauernmarkt wurde von Anfang an als Verein geführt. Bedingung war, dass alle Standbetreiber Mitglieder im Bauernverband sind.
„Zunächst sollten nur die eigenen Produkte verkauft werden. Das hat sich aber sehr schnell als unmöglich erwiesen“, erinnert sich Walter Thiergärtner, damals Kreisgeschäftsführer den BBV in Günzburg. „Denn die Produkte der Bauern, die in der Region wirtschaften, sind nicht so vielfältig, um ein attraktives Marktangebot liefern zu können.“ Deshalb wurden die Bedingungen gelockert. Jetzt können die Standbetreiber regionale Produkte von Kollegen mit in das Sortiment nehmen.
Jeden Freitag hat der Hofladen von Familie Weber in Leipheim geöffnet
Die Webers, die in Leipheim einen Biohof betreiben und freitags ihren Hofladen geöffnet haben, bieten zum Beispiel Milchprodukte von der Molkerei an, die sie mit ihrer Milch beliefern. Und die Familie Geiger aus Kötz, die Eier, Nudeln und Eierlikör aus dem eigenen Betrieb mitbringt, hat das Sortiment um die Produkte der benachbarten Molkerei Gast erweitert und verkauft zudem Geflügelfelsich von einem regionalen Bauern.
Günzburgs Altoberbürgermeister Rudolf Köppler beschreibt den Markt als „vital und vielfältig“. Er freut sich, dass er Markt auch nach einem Viertel Jahrhundert noch lebt, schließlich stärke er seither die heimische Wirtschaft durch Eigeninitiative.
Familie Günsel kommt jeden Samstag. Margit Günsel packt am Stand der Gärtnerei Kimmerle ihre Einkaufstasche. Vollgestopft übergibt sie die an Anita, die den ganzen Einkauf sortiert, abwiegt und schließlich die Rechnung aufmacht. Günsels gehen samstags auf den Bauernmarkt und dienstags auf den Wochenmarkt. Dort holen sie jeweils, was sie die halbe Woche über benötigen.
Großeinkäufe auf dem Bauernmarkt sind selten
Solche Großeinkäufe sind auf dem Bauernmarkt eher selten. „Die Leute kaufen fast nur das, was sie am Wochenende brauchen,“ registriert Karin Weber.
Wenn auf dem Markt die Lade der Verkaufswagen Lade hochgeklappt wird, liegt schon stundenlange Vorbereitung hinter den Verkäufern. „Es ist eine enorme Zusatzbelastung, die kann man ohne Personal nur schwer leisten, denn wir haben ja allen noch einen Betrieb daheim, in dem die Arbeit weitergehen muss wie jeden Tag,“ erklärt Karin Weber.
Viele Bauernmärkte sind nach der ersten Euphorie deshalb wieder eingeschlafen. Walter Thiergärtner erinnert sich: „In ganz Bayern sind solche Märkte entstanden. Aber nach der ersten Phase der Neugierde blieben dann doch die Kunden aus.“ Das war in Günzburg nicht anders.
In Günzburg gibt es zwei Märkte
Doch hier waren die Rahmenbedingungen gut. Es gab die Unterstützung der Stadt, die in allen Genehmigungsverfahren schnell handelte und einen der attraktivsten Plätze der Stadt zur Verfügung stellte, und es gab die Struktur des Vereins, in dem alle am selben Strang zogen. Seit mehr als 25 Jahren hat Günzburg zwei Märkte. Zum großen Wochenmarkt ist der kleine Bauernmarkt gekommen. Personalprobleme sind sie größte Sorge der Bauernmarktbetreiber. Denn gute Leute zu bekommen, ist schwerer denn je. Aber auch andere Sorgen drücken den Vorstand.
Durch den rasant voranschreitenden Strukturwandel in der Landwirtschaft nimmt die Zahl der Produzenten rapide ab, die ihre Produkte auf einem kleinen Markt feilbieten könnten. „Die jungen Bauern haben sich meistenteils spezialisiert. Immer mehr betreiben ihren Hof im Nebenerwerb. Wir hätten gerne Anbieter von Fleisch und Wurstwaren, von Lamm und Wild, aber es ist einfach niemand zu finden,“ bedauert Karin Weber. Viele scheuen vor der zusätzlichen Arbeit und den hohen Investitionskosten, schließlich braucht man für rohe Waren gute Kühlwagen und muss perfekte Hygiene einhalten.
Solche Probleme hat Bernd Hödl von der Gärtnerei Eber nicht, doch auch er muss die große Verkaufsfläche attraktiv bestücken, alles her- und nach wenigen Stunden wieder wegbringen. Für ihn ist es vor allem die Präsenz, die zählt. „Wir sind im Birkenried, außerhalb der Siedlungen, da müssen wir mit unseren Produkten zu den Kunden kommen, um uns in das Bewusstsein der Leute zu bringen.“
Am Wochenende kommen vor allem junge Familien
Und er ergänzt: „Wir sind gerne an beiden Markttagen da, denn die haben ein völlig unterschiedliches Klientel. Hier am Bauernmarkt sind es vor allem jüngere Leute, junge Familien, die wochentags arbeiten.“
Und die Stammkundinnen, Inge Beck zum Beispiel, die ihren Bedarf lieber auf dem Markt deckt, wo sie persönlich bedient und immer freundlich beraten wird. Sie kommt jeden Samstag, immer zur gleichen Zeit und kauft für die nächsten Tage dort ein, weil sie hier sicher ist, Waren aus der Region zu bekommen.
Lesen Sie in unsrem Archiv den Artikel über das 25-jährige Bestehen des Bauernmarkts in Günzburg: Tomaten sind die Lieblinge der Günzburger
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