Der Schock sitzt tief
Blankes Entsetzen herrscht am Tag danach. Der Amoklauf des 17-jährigen Tim K. im württembergischen Winnenden hat auch die Gymnasial-Schulleiter in Günzburg schockiert. Mit Prävention und vielen Gesprächen wollen die Pädagogen die tragischen Ereignisse in den nächsten Tagen aufarbeiten. Die Realschulleiter in der Region enthielten sich dagegen gestern jeglicher Stellungnahme.
"Mit größtem Entsetzen" hat Monika Welz, Leiterin des Maria-Ward-Gymnasiums in Günzburg, die Nachrichten aus Winnenden aufgenommen. "Auch wenn wir als Mädchenschule nicht so gefährdet sind", wie die Pädagogin gestern der Günzburger Zeitung mitteilte. Ebenfalls schockiert war Dr. Christoph Henzler, Direktor des Günzburger Dossenberger-Gymnasiums. Er sei sofort der eigenen Situation in Günzburg gedanklich nachgegangen: "Man denkt danach sofort an die eigene Schule - wo gibt es bei uns eventuell noch Lücken und Mängel?"
Beide Schulleiter meinten jedoch, dass in den vergangenen Jahren an den bayerischen Schulen bereits viel Positives in puncto Sicherheit geschehen sei. "Die Schulen bekamen nach dem Amoklauf von Erfurt vermehrt Psychologen zugeteilt und auch mit den Schülern wird nun anders gesprochen", berichtet Henzler. Prävention werde groß geschrieben in Günzburg. Der Lehrer, vor allem der Klassenleiter, sei eigentlich der wichtigste Ansprechpartner der Schüler, gerade auch in schwierigen Situationen. "Wenn wir Probleme erkennen, dann gehen wir auf die Schüler und auch auf die Eltern direkt zu; wir suchen das Gespräch", so Henzler weiter. Der Lehrer als mitfühlender und sensibler Partner seiner Schüler sei zunehmend gefragt.
Dennoch: Schwierig sei es, gesellschaftlichen Umbrüchen entgegen zu steuern. Allein gelassene Kinder, hohe Trennungs- und Scheidungsraten - diese Phänomene haben laut Henzler in den letzten Jahren zugenommen und negative Auswirkungen auf einige Heranwachsende gehabt. "Wir vermitteln seit jeher Werte", meint dazu Schulleiterin Welz. Gerade in Zeiten drohender Orientierungslosigkeit bei Minderjährigen sei dies von enormer Bedeutung. Schüler dürften mit ihren Problemen keinesfalls alleine bleiben. Nur rein kurzfristige Maßnahmen wollen aber beide Schulleiter nicht ergreifen.
"Metalldetektoren wären eine Bankrotterklärung"
"Metalldetektoren wie in den USA wären im Schulbereich eine Bankrotterklärung", kommentiert Henzler die latent aufkommenden Forderungen nach mehr sichtbarer Sicherheit.
Trotz aller langfristiger Maßnahmen - Schulpsychologen, Elterngesprächen, engagierten Klassenleitern: "Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht", meint Monika Welz. Auch Henzler hält dies für "illusorisch", "es kann auch bei einem Spaziergang jederzeit jemand um die Ecke kommen und losschießen."
Wichtiger sei daher das Ansetzen an den Wurzeln: Wie sieht es in den Elternhäusern aus? Wie geht es den Schülern wirklich und was sind ihre Probleme? Die Günzburger Schulleiter sind sich unterdessen einig: Gesamtgesellschaftlich, nicht nur schulisch, müsse hierbei noch Einiges getan werden.
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