Spektakuläre Sprünge im Seitenwagen
Riedheim Motocross-Rennen werden immer populärer und ziehen viele Fans in ihren Bann. Lautes Motorengeräusch, spektakuläre Sprünge und fesselnde Zweikämpfe machen diesen Sport so einzigartig. Im Bann dieser Faszination steht der 42-jährige Riedheimer Maschinenbau-Meister Hermann Groninger seit 1993. Saß er zu Beginn seiner Laufbahn und danach bis 2001 vor allem im Sattel einer Solomaschine, so sitzt er seit dem Sommer 2006 im Seitenwagen des von dem (in Nördlingen lebenden) 51-jährigen Münsteraners Gerhard Nobbe gelenkten Gespanns. Und das bei Rennen um den Deutschen Motocross-Pokal und zur Deutschen Meisterschaft.
Am vergangenen Sonntag beendeten Nobbe/Groninger zum Saisonauftakt das 35. internationale Schnaitheimer ADAC-Motocross bei Schnee und Regen nach zwei Läufen auf dem 18. Rang. Sie wurden somit das neuntbeste deutsche Team.
Lediglich 1500 Zuschauer kamen bei diesem schlechten Wetter mit Temperaturen von höchstens fünf Grad. Und so war es nur allzu verständlich, dass diesmal über der Schnaitheimer Arena am Hafnerhäule nicht jene Atmosphäre vorzufinden war, die einem sonst wie ein ganz großer, wunderbarer Zirkus vorkommt. Eine Atmosphäre mit einem Hauch von Benzin und Grillgewürzen und schon Stunden vor dem ersten Start leimender Spannung - nicht nur bei den Fahrern, auch bei den Fans.
Eine Atmosphäre, die auch Groninger reizte, als er 1983 mehr zufällig unter den Zuschauern in Schnaitheim stand. "Dieser prickelnde Reiz zog mich schon damals in seinen Bann", erinnert sich Groninger. Und er war für den 23-Jährigen wie eine Herausforderung gegen sich selbst. Es war, als würde ihn jemand fragen: Wo liegen deine Grenzen? Die Antwort darauf suchte er aber erst zehn Jahre später im Sattel einer Viertakt-Maschine. Und sie hieß: Das ist mein Sport.
In den Seitenwagen führte ihn eher der Zufall. Bei einem Oldtimer-Motocross in Schnaitheim wartete Fahrer Lutz Rathke beim Trainingsauftakt vergeblich auf seinen eingeplanten Gespann-Gefährten. Er bat Groninger um Beistand als Beisitzer. Seither sitzt der Riedheimer im Seitenwagen. Nicht mehr bei Rathke, sondern bei Nobbe, dem WM-Dritten von 1988 in Portugal und WM-Fünften 1989 von Spanien, dem Deutschen Meister von 1999 und Deutschen Vizemeister von 2003 und 2006.
2007 wurde Nobbe Fünfter beim Deutschen Motocross-Pokal - mit Groninger im Seitenwagen. Ein erstaunlicher Erfolg für den Riedheimer. Wie er das geschafft hat? "Mit viel hartem Training und der richtigen Technik. Nur so kommt es zur notwendigen Symbiose zwischen Fahrer und Beifahrer. Und das erfordert von mir, immer rechtzeitig das Gewicht zu verlagern, es beim Springen auszubalancieren, damit das Gespann auf seinen drei Rädern gleichzeitig aufsetzt. Das sind Grundvoraussetzungen, um Erfolge zu feiern." Gemeint sind damit auch die Zielsetzungen für die Saison 2008: Titelgewinn im Motocross-Pokal und Platzierung unter den besten zehn der Meisterschaft.
Dem einstigen Anti-Sportler Groninger gefällt heute mehr Sportliches als nur das Motocrossfahren. Man sieht ihn bei Langstreckenläufen und er steigt bei Mountainbike-Rennen über die Alpen bis zum Gardasee.
Doch Motocross mit Helden und Idolen, Siegern und Verlierern, schönen Frauen und hässlichen Pokalen ist sein Sport. Ein Sport, bei dem man viel gewinnen, aber auch viel verlieren kann. "Ich müsste ein kompletter Narr sein, wenn ich mir nicht die Frage stellen würde: Wie weit kannst du gehen? Das wäre ich auch, wenn ich mir nicht darüber im Klaren wäre, wie schnell einer bei meinem Sport seine Gesundheit aufs Spiel setzt", gibt sich Groninger ganz nüchtern. Weil für ihn das Motocross-Fahren ein kalkulierbares Risiko ist, das ungeheuere Gewissenhaftigkeit voraussetzt. Und die ist eine seiner herausragenden Eigenschaften sowohl im Beruf als auch im Sport.
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