Sorgenkind Ulmer Straße: Was kann man gegen leerstehende Läden tun?
Das Schicksal leer stehender Verkaufsräume teilt Vöhringen mit anderen Kommunen. Kann man etwas dagegen tun? Ja, sagt der Weißenhorner Investor Richard Groer.
Man muss gar nicht lange suchen: In der Ulmer Straße in Vöhringen gibt es eine Reihe von ehemaligen Geschäften, deren Schaufenster mit ihrer gähnenden Leere das Straßenbild bestimmen. Das ist nicht sehr einladend für eine Geschäfts- und Durchgangsstraße. Richard Groer ist Investor, hat an der Ulmer Straße ein Haus renoviert und Wohnraum geschaffen. Im Erdgeschoss befand sich eine Apotheke, die nun auf der anderen Straßenseite ist. Seit einem Jahr sucht Groer einen Nachmieter für die leer stehenden Geschäftsräume - bislang vergeblich. Den Ist-Zustand will er so nicht hinnehmen, neben Eigeninitiative nimmt er auch die Stadt in die Pflicht.
Der 62-Jährige ist Betriebswirt und kennt die Verhältnisse in der Region. Auf seine Initiative hin fand sich eine kleine Runde von Geschäftsleuten zusammen. Erörtert wurden folgende Fragen: Wie kann man das Problem angehen? Was kann man tun, um etwas zu ändern? Oder muss man Leerstände als Zeiterscheinung widerspruchslos in Kauf nehmen? Zu der Runde gehörten Kerstin Perniola, die an der Ulmer Straße eine Modeboutique führt, Petra Heinrich-Spitz, Chefin eines Reisebüros, dem ein Eine-Welt-Laden angegliedert ist, und Thomas Spitz, Mitglied im Vöhringer Gewerbeverein.
Beim jüngsten Marktsonntag in Vöhringen waren kaum Händler da
Einleitend berichtete Groer von diversen Besuchen bei Mietmaklern, bei denen er Verkaufsflächen in Vöhringen angeboten hat. Das Urteil fiel wenig schmeichelhaft aus: Vöhringen ist unattraktiv. Seine Reaktion: Dann muss man Attraktivität schaffen. "Das geht nur über die finanzielle Schiene", sagt der Betriebswirt, "Auf der Stadt herumzuhacken und ihr Versäumnisse vorzuwerfen, ergibt keinen Sinn. Das Ausbluten der Stadtzentren durch die Ansiedlung von Verbrauchermärkten ist der Zeit geschuldet. Die großen Einkaufszentren brauchen Parkraum. Den gibt es innerhalb einer Stadt nicht."
Groers Vorschlagsliste ist lang. Könnte die Stadt bei "Neulingen" für einen gewissen Zeitraum die Gewerbesteuer zurückfahren? Gäbe es die Möglichkeit, Zuschüsse bei den Energiekosten zu gewähren? Auch an eine Reduzierung von Müllgebühren denkt Groer. Der Gewerbeverein sollte seiner Meinung nach Werbeaktionen starten, es gebe es ja schon gute Beispiele wie das Entenrennen im Sommer oder die Goldtaler-Aktion zum Jahresende. Verkaufsoffene Sonntage sollte es auch wieder geben. "Wenn man dann noch einen Flohmarkt anhängt, wird das sehr gut gehen", weiß Groer aus Erfahrung. Thomas Spitz kritisierte allerdings, dass der jüngste Marktsonntag nicht optimal verlaufen sei. Es seien kaum Händler da gewesen.
Kritisch gehen die Gesprächssteilnehmerinnen und -teilnehmer mit der städtischen Entscheidung um, auf eine Adventsbeleuchtung in der Ulmer Straße zu verzichten. Früher wurde die Mitte November montiert. Dass es Beispiele gibt, mit besonderen Veranstaltungen Menschen nach Vöhringen zu holen, hätten doch Initiativen wie "Herbstzauber" gezeigt. Die liefen jahrelang erfolgreich bis Corona kam, sagte Perniola. Da habe sie eine Modenschau vor ihrem Geschäft veranstaltet - mit enormer Resonanz. Petra Heinrich-Spitz hatte durch ihr Reisebüro Beziehungen, die ihr zu einer gewissen Attraktivität verhalfen, was wiederum Menschen in die Stadt brachte. Was so manche Geschäftsleute abhalte, sich in Vöhringen zu etablieren, seien aber auch die hohen Mietkosten. Aber da die Immobilien in privater Hand sind, habe die Stadt wohl kaum Möglichkeit, da regulierend einzugreifen - darin war sich die Runde einig.
Parkflächen im Norden der Stadt könnten für spezielle Events genutzt werden
Ein gemeinsamer Vorschlag: Vereine sollten Eigeninitiativen entwickeln können, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dazu biete die Stadt doch eine Reihe attraktiver Möglichkeiten, zum Beispiel die Freiflächen bei der Pizzeria am Mühlbach - ideal für ein abendliches Standkonzert. Und wenn etwas stattfindet, müsse mit bunten Plakaten, die ins Auge fallen, geworben werden. Warum nicht auch mal wieder eine Einkaufs- und Musiknacht ins Visier nehmen? Die Parkflächen bei den Einkaufsmärkten im Norden der Stadt könnten auch für spezielle Events genutzt werden. Das machen andere Städte vor. Ideen gäbe es genug, sagte Groer, man müsse nur jemanden finden, der sie umsetzt. Alle Vierteljahre sollte eine publikumswirksame Veranstaltung stattfinden.
Vor mehr als zehn Jahren erhielt die Ulmer Straße ein anderes Gesicht. Man versprach sich davon mehr Attraktivität. Nach einem tödlichen Unfall wurde ein Tempolimit von 20 Kilometern pro Stunde eingeführt. Aber die Gesprächsrunde war sich einig, dass dort immer noch zu schnell gefahren werde. Da es keinen Zebrastreifen mehr gebe, sei es für ältere Menschen mit Stock oder Rollator oft schwierig, von einer Straßenseite auf die andere zu kommen. "Wieso kann die Stadt nicht Pflanztröge als Geschwindigkeitshemmer aufstellen?" fragte Groer. Vielleicht helfe auch ein Banner, dass sich über die Straße spannt. Selbst wenn er für seine Vorschlägen belächelt werde, nehme er das in Kauf, sagte Groer. "Es geht mir darum, Kreativität zu wecken."
Aber noch ein anderer Aspekt wird deutlich. Die Ulmer Straße werde nicht sauber gehalten. Dazu sagte Perniola: "Als ein Sturm eine Mülltonne samt Inhalt umgeworfen hatte und ich die Stadt darüber informiert habe, ist gar nichts passiert." Dennoch waren sich alle in der Runde sind sich einig: Man kann etwas für die Ulmer Straße tun, der Wille ist vorhanden, Ideen auch.
Der Vöhringer Bürgermeister verweist auf positive Trends
Bürgermeister Michael Neher kennt das Problem der Leerstände, will die Dinge aber nicht so schwarz malen: "Es gibt nämlich auch positive Trends." Als Beispiel nennt er die Apotheke, das Café Milos, den "Bäck", eine Kombination aus Bäckerei und Café, das Eiscafé Cortina und andere mehr. Nicht verständlich ist für Neher, warum das Blumengeschäft geschlossen wurde, es wurde so gut angenommen. Was den Marktsonntag angeht, so räumt er ein, dass der wirklich nicht gut gelaufen sei. Aber das werde sich im kommenden Jahr ändern.
Ein Hauptproblem ist nach Ansicht von Neher aber Zustand mancher Gebäude, wie zum Beispiel das ehemalige Binder-Haus. Initiativen von Vereinen, wie von der Runde vorgeschlagen, hält er für eine gute Idee.
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