
Es darf ein bisschen weniger sein


Der Fasching ist vorbei und die Fastenzeit beginnt. Die einen verzichten auf Süßes, manche auf Alkohol und andere aufs Kartenspielen – oder auf die ewigen Ausreden.
Gold-gelb und fettig glänzend leuchten seit Wochen die Faschingskrapfen aus den Auslagen der Bäckereien. Gestern am Faschingsdienstag stand fest: Egal, ob mit Marmelade, Vanille oder Schokolade – ein Schmalzgebäck muss her. Heute, am Aschermittwoch, hat sich das Blatt gewendet. Die Fastenzeit ist da und mit ihr der Verzicht auf lieb gewonnene Sünden: Zigaretten, Alkohol, Kaffee und eben Süßigkeiten.
Den meisten geht es darum, ein paar Pfunde zu verlieren
Mit dem richtigen biblischen Fasten hat das aber meist wenig zu tun. Das meint auch Dekan Hans Huber aus Bellenberg: „Viele Menschen sehen die Fastenzeit als Anlass, um sich selbst etwas Gutes zu tun. Für den Frühling sollen meist ein paar Pfunde purzeln. Aber eigentlich liegt der Sinn des Fastens darin, sich mit der Botschaft Gottes auseinanderzusetzen und ganz bewusst auf etwas zu verzichten und innere Einkehr und Ruhe zu finden.“ Viele denken, zur Fastenzeit gehöre es, auf Fleisch zu verzichten. Allerdings, so der Dekan weiter, mache es wenig Sinn, auf ein Steak zu verzichten, wenn die geheime Leidenschaft Mehlspeisen sind. „Man sollte schon bereit sein, ein Opfer zu bringen.“
Sieben Wochen ohne faule Ausreden
Heute, so glaubt Huber, nähmen nur noch wenige Menschen die Fastenzeit wirklich ernst. Früher, erinnert er sich, sei das alles noch anders gewesen. Da sei die Kirche während der Fastenpredigt immer voll gewesen. Eine aktuelle Umfrage auf der Internetseite unserer Zeitung scheint diese Annahme zu bestätigen. 40 Prozent der Teilnehmer gaben an, in den nächsten sieben Wochen auf nichts zu verzichten. 23 Prozent können sich vorstellen, keine Süßigkeiten mehr zu essen und 14 Prozent wollen versuchen, weniger häufig zum Alkohol zu greifen. Für 23 Prozent ist die Fastenzeit hingegen ein absolutes Muss.
Auch in der evangelischen Kirche wird in den kommenden sieben Wochen verzichtet. Und zwar auf Ausreden. An der bundesweiten Kampagne „7 Wochen ohne“ nehmen jedes Jahr zwei Millionen Menschen teil. In diesem Jahr soll Schluss sein mit faulen Ausreden. Auch bei unangenehmen Themen: Laut einer Umfrage im evangelischen Magazin „Chrismon“ würden 53 Prozent der Befragten nur sehr ungern zugeben, den Partner betrogen zu haben, 32 Prozent würde nicht sagen wollen, einem parkenden Auto den Seiten-spiegel abgefahren zu haben. Wer bei „7 Wochen ohne“ mitmacht, der müsste auch hier Tacheles reden.
Der evangelische Pfarrer Jochen Teuffel aus Vöhringen will sich auf die Aktion einlassen und ist schon gespannt, wie es ihm ergehen wird. Doch im Mittelpunkt der kommenden Passionszeit steht für ihn etwas anderes: „Es geht darum, eine neue Freiheit für sich selbst zu gewinnen. Wer sich von Gewohnheiten lösen kann, der darf neu anfangen. Aber für mich ist es auch wichtig, die kommenden sieben Wochen als Passionszeit anzugehen, wo Lebens- und Sterbeweg Christi im Vordergrund stehen.“
Nicht nur die Christen, sondern auch in den anderen großen Weltreligionen gibt es eine Fastenzeit. Im Judentum kennt man mehrere Fastentage, an denen 24 Stunden auf Essen und Trinken verzichtet wird. Der Wichtigste heißt Jom Kippur.
Im Islam ist im Monat Ramadan das 30-tägige Fasten für alle Muslime ab der Pubertät verpflichtend. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang dürfen die Menschen nicht essen, trinken und rauchen. Nach Sonnenuntergang darf dann wieder geschlemmt werden.
Wer sich hierzulande auf das Fasten einlassen möchte, muss länger als bis zum Anbruch der Nacht warten, um wieder eine Tafel Schokolade oder ein Glas Wein genießen zu können. Erst am Sonntag darf das Fasten offiziell unterbrochen werden. Dann kann Dekan Huber auch endlich wieder Schafkopf spielen. Denn das ist sein Laster, auf das er in der Fastenzeit verzichten möchte. „Ich bin ein leidenschaftlicher Kartler, das wird mir schon fehlen.“
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