Im Zeichen der Körperkunst: Das erlebten Besucher auf der Tattoomesse
Manche schlugen spontan zu, andere überlegten Jahre: Bei der Tattoo-Convention in Vöhringen wurden viele gestalterische Entscheidungen fürs Leben getroffen.
Es muss nicht gleich das viel belächelte "Arschgeweih" sein und natürlich auch nicht die Zone über dem Hinterteil, die zum Bildträger werden soll. Allein was die Motive betrifft, steht den Fans von Tattoos ein ganzes Arsenal an Möglichkeiten zur Auswahl: von Mandala bis gegenständlich, von Pirat bis zur permanent geheimnisvollen Schönen. Oder von Maori über Celtic bis "Trash-Aquarell", wie das in der Fachsprache heißt, in der sich die Insider verständigen. All das war Thema im Wolfgang-Eychmüller-Haus in Vöhringen, das am vergangenen Wochenende ganz im Zeichen der Körperkunst stand.
Wie auf einem Wühltisch haben die Studios ihr motivisches Repertoire an ihren Ständen im Eychmüller-Haus ausgebreitet. Für jeden und jede was dabei, sollen diese Lockangebote signalisieren. Jedes Studio steht dabei für die Expertise in bestimmten Stilrichtungen. Bei "Körperkult" aus Münsingen sind dies "Old school" – mit Motiven wie einem Segelschiff –, "Blackwork“" (Motiv komplett schwarz ausgeführt) und "Fine-Line", also alles voll auf Linie. Mitarbeiterin Lisa, die als Beraterin zur Verfügung steht, ist im Hauptberuf Anlagenmechanikerin, wie sie lächelnd verrät.
Besucherin lässt sich in Vöhringen nach langer Überlegung Tattoo stechen
Das Bedürfnis nach Körperverzierung ist offenbar ungebrochen, auch das wird beim Rundgang durchs Gewühle der mit rund 80 Ständen bestückten Tattoo-Convention rasch klar. Die Kundenplätze waren an den beiden Tagen selten leer. Auf einem sitzt gerade Etienne Carre aus Seeg, der sich bei "Glen Tattoos" einen nordischen Kompass stechen lässt. "Ein Spontanbeschluss", sagte er beim Plausch, doch kein willkürlicher. Er sei seit Kindestagen fasziniert von der nordischen Welt, von Wikingern und all dem anderen. Daraus erklärten sich auch all die anderen Motive, die seinen Körper bereits zieren.
Alles andere als spontan fiel die Entscheidung bei Nadja Schiefele. Wir treffen die Holzheimerin bei "Black Pearl", dem Branchen-Grösus vom Bodensee. An ihrem Oberarm zeichnet sich bereits handflächengroß ab, was fortan zu ihrem Erscheinungsbild gehören wird: eine Rose mit zwei Masken. Für sie ein Symbol für gute und für schlechte Zeiten. Entworfen habe das Motiv eine Freundin, fünf Jahre habe sie es überlegt, ob sie sich die Kreation wirklich stechen lassen will. Sie wollte es schließlich und sitzt nun bereits seit Stunden auf dem Studiosessel, sehr zufrieden mit dem bisherigen Ergebnis. 1200 Euro wird sie das Tattoo kosten. Ich lasse den Urlaub heuer dafür ausfallen, verrät sie. Warum sie das auf sich nimmt? "Gefällt mir und hat Bedeutung", betont sie.
Tattoos sind ein generationenübergreifendes Phänomen
Johanna Hammer aus Oberdischingen ist 68. Sie sitzt bei Jasmin Hofmann von "Triple X" aus Ludwigsfeld. Hoch erfreut, denn sie habe lange gesucht, bis sie eine Zusage für ihre Vorstellung hatte. Sie will sich einen kleinen Eiffelturm als Erinnerung auf den Finger stechen lassen. So wie sie das immer nach einem gelungenen Urlaub pflegt. Die Vorlage dazu hat sie mitgebracht. In Paris aber sei sie nicht fündig geworden. Hinzukommt, dass ein Finger wegen seiner dünnen Haut als Problemzone für Tattoos gelte, so die Inhaberin von "Triple X", die den Eiffelturm zugleich tätowiert.
Ob eher Frauen oder Männer zum Tattoo neigen, das lässt sich beim Rundgang nicht herausfinden. Ebenso wenig, in welchem Alter die Neigung dazu besonders hoch ist. Jürgen Kohn, der Veranstalter dieser Messe, winkt gleich ab. Fest steht: Das Phänomen tritt generationenübergreifend auf. Und auch Männer lassen sich Blumen stechen. Wer in Vöhringen noch schwankte, konnte für den Einstieg ein Tattoo wählen, das auf einer Dauerkerze auf LED-Basis angebracht ist. Die Welt der Tattoo bringt also durchaus sonderbares hervor.
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