Neue Heimat im Alter
Eine Stufe übersehen oder in der Dusche ausgerutscht? Das kann schnell passieren. Gerade im Alter können vermeintlich kleine Fehltritte zu schweren Verletzungen führen. Doch deshalb gleich sein Zuhause verlassen und in ein Heim ziehen? Das wollen die wenigsten. Welche Alternativen aber gibt es?
Dank vieler verschiedener Betreuungs- und Wohnangebote können heute die verschiedensten Wünsche erfüllt werden. Letztendlich hängt es aber vom Gesundheitszustand und der finanziellen Ausstattung des Seniors ab, welche Möglichkeiten offen stehen.
Unterstützung bei Bedarf: Ambulante Dienste
Wer in seinem Lebensumfeld bleiben möchte und nur hin und wieder Hilfe braucht, kann auf ambulante Hauswirtschafts- und Pflegedienste zurückgreifen oder einen Hausnotruf abonnieren.
Wichtig ist in Notfällen nämlich schnelle Hilfe vor Ort. Ein Hausnotruf kann Sicherheit vermitteln, ohne die Selbstständigkeit einzuschränken. Das System besteht aus einer Basisstation und einem mobilen Notruf-Sender, der beispielsweise als Armband oder Halskette getragen wird. Im Ernstfall ist es egal, wo sich die Person befindet. Ein kurzer Knopfdruck – und die Rettungsleitstelle ist informiert. „Dazu muss kein Telefonat geführt werden“, so Daniel Klein, Hausnotruf-Experte der Johanniter Augsburg. Außerdem liegen dem Rettungsteam alle Daten über den Betroffenen vor. So sind die Ersthelfer schon vor dem Eintreffen informiert. „Das kann im Ernstfall, zum Beispiel bei einer Medikamentenunverträglichkeit, den entscheidenden Zeitfaktor ausmachen“, so Klein. Der kleine Notruf-Sender kann mit anderen Geräten erweitert werden. „Der Trend geht zu intelligenten Systemen“, so Klein. Es gibt auch die Möglichkeit, dass ein Alarm ausgelöst wird, wenn etwa der Rauchmelder anschlägt. Der Hausnotruf kann im Falle einer Pflegestufe von der Pflegekasse bezuschusst werden.
Seniorenheim um’s Eck
Wer mehr Hilfe benötigt, sollte den Umzug ins Seniorenheim erwägen. Auch hier gibt es ganz besondere Angebote: Das kleine, feine Heim, fast mit Familienanschluss oder das wohnortnahe im Stadtteil, wo einen Freunde und Bekannte leicht besuchen können. Im Seniorenheim gibt es Freizeitangebote, wie Stuhlgymnastik, gemeinsame Ausflüge und Veranstaltungen sowie Dienstleistungen, die das Leben erleichtern. Gleichzeitig können rüstige Senioren gerne bei einfachen Tätigkeiten im Heim mithelfen. Das Seniorenheim Ebnerstraße in Augsburg-Oberhausen ist so ein Domizil. Viele Bewohner kommen aus Oberhausen und Kriegshaber und leben teilweise seit ihrer Geburt in den Stadtteilen. Es ist ihre Heimat, die sie auch im Alter nicht verlassen wollen. Zu Veranstaltungen wie Oktoberfest oder Weihnachtsfeier kommen Angehörige und Freunde sowie Ehrenamtliche – man kennt sich.
Hilfe ist nicht weit: Betreutes Wohnen
Reichen ambulante Pflegedienste, die mehrmals täglich vorbei schauen oder ein Hausnotruf nicht mehr aus, gibt es die Möglichkeit des betreuten Wohnens. Dieses Angebot hat sich gut etabliert und bietet vielen eine Sicherheit: Man lebt zwar selbstständig, im Bedarf ist Hilfe aber jederzeit verfügbar.
Betreutes Wohnen findet man inzwischen wohnortnah, sodass sich der Lebensmittelpunkt nicht groß verschiebt. Zum Beispiel in Dinkelscherben. Gerda Kröner war 70, als ihr Mann verstarb. Für sie war klar, dass sie es kaum schaffen wird, das Haus mitsamt Garten alleine zu bewirtschaften. Die Heizung war marode, das Dach hätte neu gedeckt werden müssen. Von einer Freundin hört sie vom betreuten Wohnen. Im gleichen Ort, kaum fünfhundert Meter zu ihrem alten Haus entfernt, betreibt die Sozialstation Augsburger Land eine Seniorenwohnanlage mit 23 Eigentumswohnungen. Alle sind barrierefrei, es gibt einen Aufzug und die Möglichkeit rund um die Uhr Hilfe zu bekommen, wenn es nötig ist. Ansonsten unterscheidet sich das Haus kaum von anderen.
„Das war die beste Entscheidung hier her zu kommen“, sagt Gerda Kröner. Fünf Jahre wohnt sie schon in der Anlage. Liebevoll hat sie sich ihr Zwei-Zimmer Appartement eingerichtet, zahlreiche Fotos der Urenkel zieren die pastellfarbenen Wände. Ihre Selbstständigkeit hat sie nicht einbüßen müssen, im Gegenteil. Seit zwei Jahren fährt die lebensfrohe Rentnerin sogar wieder Auto. „Der Rollator war mir auf Dauer zu langweilig“, sagt sie und lacht.
Angelika Wagenseil ist Betreuerin im Haus. Zweimal die Woche schaut sie nach dem rechten, im Notfall ist sie sofort erreichbar. Sie weiß wie wichtig die Eigenständigkeit der Menschen ist. „Man muss sie lassen, solange sie es noch körperlich schaffen“, sagt sie. Das betreute Wohnen eignet sich für ältere Menschen, die ihren Alltag alleine und ohne viel Hilfe bewerkstelligen wollen. Ziel ist es, die stationäre Pflege so weit wie möglich hinauszuschieben. Verschiedene Angebote wie Essen auf Rädern oder ein Reinigungsservice können optional dazu gebucht werden. Zudem sorgen Gymnastikkurse, gemeinsame Veranstaltungen oder das wöchentliche Gehirnjogging für Abwechslung. „Die Gemeinschaft ist gerade für ältere Menschen unglaublich wichtig“, so Wagenseil.
Mit den Eltern und Großeltern unter einem Dach, das war vor nicht allzu langer Zeit noch ein gängiges Wohnkonzept. Doch was früher als normal galt, kam irgendwann aus der Mode. Jetzt erlebt die Mehrgenerationen-Wohnform ein Comeback.
Gemeinsam stark: das Mehrgenerationenhaus
In Königsbrunn steht so ein Großfamilien-Idyll. In 57 Wohnungen leben rund 120 Bewohner unterschiedlichen Alters in einem Generationenpark. Der Jüngste ist wenige Wochen alt, der Älteste über 80 Jahre. Es gibt Familien, Singles, Senioren und alleinerziehende Eltern. Es ist der Querschnitt einer modernen Gesellschaft.
Petronella Van de Ven wohnt seit zwei Jahren im Generationenpark. „Ich hatte Angst im Alter alleine zu sein und keine Aufmerksamkeit mehr zu bekommen“, erinnert sich die 66-jährige. Die pensionierte Physiotherapeutin gibt regelmäßig Gymnastik Kurse für die Bewohner des Hauses. Ihre Freundin Luzie Krzok ist 74 und engagiert sich in der hauseigenen Bücherei. „Hier findet jeder etwas, wo er sich einbringen kann“, erzählt sie. Pädagoge Achim Friedrich gehört zu den Initiatoren des preisgekrönten Projekts. „Wir fördern bewusst die Begegnung der Menschen.“ Die halten zusammen, auch in schweren Zeiten. Im vergangenen Jahr verstarben zwei Mieter des Hauses. Neben dem Pflegedienst waren es vor allem die Nachbarn, die sich liebevoll kümmerten. „Beide Anwohner blieben fast bis zum letzten Tag in unserer Gemeinschaft“, erzählt Friedrich. Eben wie in einer Großfamilie.
Manuela Rauch, Birgit Waldmann
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