
Der Poetry-Slam als Werbung für die Dialekt-Dichtung

Wie ein Österreicher den Mundart-Preis in Edelstetten gewann.
Der Vortragende sei völlig ungeschützt, könne sich hinter nichts verstecken. Auch deshalb sei der Poetry-Slam ein so beliebtes literarisches Format. Johannes Elster, der zum dritten Mal einen Poetry-Slam für das Schwäbische Literaturschloss Edelstetten moderierte, traf mit dieser Aussage ins Schwarze. Aber der Reiz eines Poetry-Slams ist ungemein breit angelegt, wie sich beim Wettstreit um den Robert-Naegele-Preis 2019 wieder zeigte. Geist, Witz, Tempo, Rhythmus, Wortspielereien, Klangmalerei, Mundakrobatik, Absurditäten des Alltags, Spontaneität, Körpersprache, all das fasziniert das Publikum, und zwar unabhängig von seinem Alter.
Robert Naegele setzt sich für Mundart ein
Robert Naegele, Schauspieler und Schriftsteller aus Ebershausen, hatte dem Verein „Schwäbisches Literaturschloss Edelstetten“ einen respektablen fünfstelligen Betrag zur Förderung von Mundartliteratur hinterlassen. Zum dritten Mal organisierte der Verein einen literarischen Wettbewerb, um Naegeles letzten Willen zu erfüllen.
Im Finale setzte sich Yannick Steinkellner aus Graz durch, der die österreichische Radio-Liveübertragung eines Riesentorlaufes simulierte. Da schließlich der österreichische Rennläufer die internationale Konkurrenz hinter sich lässt, brennen beim Radio-Reporter alle Sicherungen durch. Zufällig griff auch der zweite Finalist, Wolfgang Heyer aus Ravensburg, zum Medium Radio und zappte wild durch alle deutschen Sender, rasant die Mundarten und Besonderheiten der Rundfunkreporter imitierend und dazwischen die Nebengeräusche der Übertragung einflechtend. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das durch Lautstärke des Applauses, normalerweise der Gradmesser bei Poetry-Slams, nicht zu entscheiden war.
Hohes Niveau beim Poetry-Slam in Edestetten
Aber auch die anderen Teilnehmer, Edith Brünnler aus Ludwigshafen, Andreas Rebholz aus Ulm und Skog Ogvann aus Leipzig, spielten ihre Stärken gekonnt aus, alle Wettbewerbsbeiträge bewegten sich auf hohem Niveau. Kabarettistin Sabine Essinger, die spontan mit einem Beitrag über die Handy-Nutzung beim Autofahren antrat, und Gustl Mair, der die Sprachunterwanderung des Schwäbischen durch das Bayerische singend anklagte, setzten weitere Glanzlichter. Johannes Elster, bekannt auch als Hanz, gehört mit seinen pointengeladenen und ausgesprochen melodischen Moderationen ohnehin zur Spitze der bundesdeutschen Poetry-Slam-Szene. Vereinsvorsitzender Professor Klaus Wolf deutete die Tatsache, dass auch Bewerber aus Ostdeutschland und Österreich antraten, als Indiz für die Attraktivität des Robert-Naegele-Wettbewerbs. Wolf möchte auch im Jahr 2020 den Mundart-Preis in dieser Form vergeben. (hli)
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