Als man sich als Hochzeitsgesellschaft verkleidete
Jede Zeit hat ihre eigenen Kostüme. Was die Kleider von Zylinderern und Schlorpern widerspiegeln.
Auch wenn Mittelschwaben nicht gerade als Fasnachtshochburg bezeichnet werden kann, haben sich doch auch dort Traditionen entwickelt, die sich in den Kostümen und den Veranstaltungen widerspiegeln. Dazu kamen dann in der Nachkriegszeit die Entdeckung des Rheinischen Karnevals und eine Belebung der alemannischen Fasnacht. Diese Faschingsformen brachten ihre jeweils eigenen Maskeraden mit: Die mehrspitzige Narrenkappe hat ihre Heimat im Rheinischen. Das aus vielen Stoffteilchen gefertigte, genau vorgeschriebene Häs hat sich in der alemannischen Fasnacht erhalten. Und dazwischen gibt es die Mittelschwaben, die zur Faschingszeit einfach die Faschingstruhe aufgemacht haben. In der wurde gesammelt, was einst schön war, zu altmodisch oder abgenutzt, um es zu tragen, aber zu gut zum Wegwerfen.
Mit dem Fasching wird in manchen Familien noch immer die Klamottenkiste geöffnet. Zwar gerät sie mehr und mehr in Vergessenheit, seit Supermärkte und Kaufhäuser, Spezialgeschäfte und Online-Shops Kostüme und Masken in jeder Preisklasse wohlfeil anbieten. Doch in manchen Faschingskreisen haben sich die Traditionen erhalten. Ganz besonders in Krumbach: Dort lebt eine schichtspezifische Faschingstradition fort, die Einblick gewährt in die Kostüme von einst. Denn die Faschingsgesellschaften der Zylinderer und der Schlorper lassen sich schon in das vorletzte Jahrhundert zurückverfolgen. Und in all den Jahrzehnten hat sich nichts an ihrer Kostümierung geändert: Die Zylinderer, die Gesellschaft der Kaufleute und Fabrikanten, gibt sich auch im Fasching elegant: biedermeierlicher Frack und Zylinder, die närrisch aufgehübscht werden mit roten Schleifen. Diese Art der Verkleidung findet man auch in Jettingen: Dort tragen das Komitee und die Fähnriche eine ebensolche „Uniform“. Die Schlorper aber, in denen sich die Krämer und Handwerker organisiert haben, zeigen mit dem Tiroler Schurz Flagge. Mit der Trachtenkulturberaterin Monika Hoede und Willi Fischer vom Heimatverein kann sich Krumbach auf zwei Fachleute stützen, die die Entwicklung und Tradierung der Faschingskostüme verfolgen und dokumentieren. Was die Zylinderer und die Schlorper bis heute aufrecht erhalten, ging in der Masse im Laufe der Wirtschaftswunderzeit allmählich unter: Faschingskostüme, die die Festtagskleidung nachbilden. Närrisch werden die Sonntagkleider, indem zu lustigen kleinen Veränderungen gegriffen wird, die das Gewand von einst ironisch spiegeln: Der Hochzeitsanzug vom Opa wird bewusst als schräge Hochwasserhose mit schlotternder Jacke getragen, und wenn sie gar zu gut passt, kann man sie ja mit ein paar bunten Flicken aufhübschen. Aus der Sonntagstracht der Oma kann man allerhand neckische Teile generieren, weiß Monika Hoede, die so allerlei wertvolle Stücke in ihrem Archiv beherbergt. „Da hat eine Nachfahrin ganz einfach das Trachtenmieder mit Lurex überzogen. Manchmal haben auch schon Bordüren oder bunte Knöpfe ausgereicht, um aus der alten Tracht ein Faschingskostüm werden zu lassen.“ Solche Stücke bringen ihr Erben ins Haus, die oft erst auf den zweiten Blick erkannt haben, dass sich hinter der Faschingsklamotte ein kulturgeschichtliches Schätzchen verbirgt. Im Trachtenarchiv werden diese umfunktionierten Schätze so wie sie sind aufbewahrt. „Auch ihre Funktion als Maskerade gehört ja zu ihrer Authentizität.“
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