Franz Liszt: Der Wunderknabe am Klavier
Heute ist sein 200. Geburtstag: Franz Liszt. Der Pianist und Musiklehrer ist einer der bekanntesten Komponisten überhaupt. Dabei hätte er eigentlich tot sein sollen - mit zarten 17.
Wäre es nach der Pariser Tageszeitung Le Corsaire gegangen, so hätte Franz Liszt sein Leben nämlich schon im Oktober 1828 als Jugendlicher ausgehaucht. Aber die gedruckte Todesnachricht war grundfalsch – und Liszt, dieser Wunderknabe am Klavier wie Mozart, lebte weiter dem virtuosen Konzert-Rausch entgegen, den schon sein Zeitgenosse Heinrich Heine als „Lisztomania“ auf die Schippe nahm.
Franz Liszt wurde am 22. Oktober 1811 in Raiding/Doborján geboren, was damals ungarisches Kronland des Kaisertums Österreich war, und heute im Burgenland liegt. Er wohnte lange Zeit in Thüringen und starb 1886 in Bayreuth.
Aber angenommen, Liszt wäre tatsächlich schon im zarten Alter von 17 Jahren verschieden: Was alles in der Musikgeschichte des 19.Jahrhunderts hätte dann nicht von ihm in die Wege geleitet werden können?
Zum Beispiel das Solo-Recital am Flügel, also ein kompletter Konzertabend voll von Klaviermusik, ausnahmslos. Oder der Impuls zur Beethoven-Rezeption im 19.Jahrhundert – nicht zuletzt durch die eigenen Transkriptionen und Bearbeitungen. Zum Beispiel der Einsatz des Dirigierstocks nicht nur zum Taktgeben, sondern auch zum interpretierenden Gestalten von Musik. Oder die Reformation der akademischen Klavierausbildung mit Unterricht im Schülerkreis und mit Komposition als Pflichtfach.
Nun könnte dem freilich entgegengehalten werden: Wenn es nicht Franz Liszt gewesen wäre, der diese Neuerungen eingeführt hätte, nun, dann wäre es eben ein anderer gewesen. Das stimmt womöglich – und deswegen sei hier nachgelegt mit musikalischen Innovationen, die rein dem individuellen Liszt-Geist entsprangen.
Liszt war Zukunftsmusiker des 19.Jahrhunderts
So hat er, der Virtuose, der Theoretiker, der späte Kleriker, die Musikhistorie allein dadurch vorangetrieben, dass er in Zeiten höchsten Bildungsbürgertums und in Zeiten des literarischen Salons die „Symphonische Dichtung“ als neue musikalische Gattung entwarf. Smetana, Strauss, Schönberg sollten davon profitieren. Hier war Liszt ganz und gar der Zukunftsmusiker des 19.Jahrhunderts, auch wenn seine Symphonischen Dichtungen heute kaum noch im Konzertsaal erklingen – im Gegensatz zu jenen von Strauss.
Und Zukunftsmusiker war Liszt zugleich in manchem seiner Klavierwerke, die Rhythmik und Tonalität ihrer Auflösung hin zuführten. Als Vorgeschichte der Neuen Musik, um einen Essay des Wissenschaftlers Carl Dahlhaus zu zitieren, wurden die kühnen unter Liszts Kompositionen begriffen.
Und couragiert war auch seine Neubelebung der Gregorianik sowie die „Akademisierung“ einer bestimmten Musik aus seiner Heimat, der Zigeunermusik. Bekanntlich wurde Liszt ja in Ungarn geboren – überdies als (einziger) Sohn eines Musikers der Esterházyschen Hofkapelle. In einer seiner bedeutendsten Kompositionen verband Liszt sogar die Reanimation der Gregorianik mit der Melodik der Puszta: in der „Legende von der heiligen Elisabeth“ (Uraufführung 1865 in Pest).
Und noch eines: Franz Liszt formulierte schon früh eine folgeträchtige Vision von „Neuer Musik“. Er schrieb (auf Französisch): „Diese zutiefst religiöse, starke und wirksame Musik, die wir mangels anderer Bezeichnung ,Menschheitsmusik’ nennen möchten, wird das Theater und die Kirche in gewaltigem Ausmaß vereinen.
Heute ist der 200. Geburtstag des großen Franz Liszt. Die Internetsuchmaschine Google widmet dem Komponisten ein eigenes Doodle - wie es sich gehört am Klavier.
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