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Gesellschaft
30.10.2021

Corona, Klima, Wirtschaft: Wir leben im Weltzeitalter des Risikos. Was tun?

Nein, das ist nicht das Ahrtal. Denn plötzliche Überschwemmungen können überall auftreten...
Foto: Sebastian Schmitt, dpa

Wir können nicht mehr auf "Nummer Sicher" gehen. Bleibt die Frage, welche Risiken wir eingehen. Beim Impfen, beim Klimaschutz, aber auch im Kapitalismus. Das beginnt bei jedem Einzelnen.

Es beginnt im Kleinen und Allernächsten und ganz konkret. Denn betrachten nicht schon Eltern ihre Kinder mit dem prüfenden Blick, ob diese nicht zu draufgängerisch sind und sich dadurch selbst gefährden – oder nicht vielleicht zu vorsichtig und sich dadurch selbst hemmen? Wann bremsen, wo ermutigen? Denn wir wissen doch alle aus eigenem Erleben und den Erfahrungen, die wir mit anderen Menschen machen: Der Umgang mit Risiken prägt unser Leben. Wie wir uns entwickeln, wer wir werden, das hängt wesentlich mit davon ab, welche Gefahren wir in Kauf zu nehmen und welche Sicherheiten wir nicht aufzugeben bereit sind. Und die Untersuchungen des „Sozio-ökonomischen Panels“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sagen: „Risikobereite Menschen sind zufriedener als andere.“

Aber kann ich mir das, kann sich mein Kind das überhaupt aussuchen? Die Forscher des federführenden Leibniz-Instituts jedenfalls wollen herausgefunden haben: „Männer wagen mehr als Frauen. Große Menschen sind risikofreudiger als kleine. Wer Eltern mit Abitur hat, geht eher Risiken ein als andere.“ Der Körper eine Frage evolutionärer Rollenbildung, die sich ja ändert, die Kompetenz aber eine Frage der Bildung – die Folge jedenfalls der Wahrscheinlichkeit nach ein Weg über den Umgang mit Risiko zu einem zufriedeneren Leben …

Doch es führt auch zum ganz Großen – und damit auch kurz zum Abstrakten. Vor 35 Jahren erschien das richtungsweisende Werk des inzwischen gestorbenen Münchner Soziologen Ulrich Beck mit dem Titel „Risikogesellschaft“. Er konstatiert darin einen Bruch in der Gesellschaft. Zuvor sei es um die „Logik der Reichtumsverteilung“ gegangen, um „Verteilungsprobleme und -konflikte“ auf dem Weg zum allgemeinen Wohlstand also – „in der fortgeschrittenen Moderne“ aber sei an diese Stelle die „Logik der Risikoverteilung“ getreten, das heißt: Die Risiken in der Gesellschaft nehmen als „Folgeprobleme der technisch-ökonomischen Entwicklung“ immer mehr zu. Das heißt konkret: Die Gefahren der Armut und die Gefahren durch Umweltverschmutzung nehmen zu. Die Frage ist nun: Wie geht eine Gesellschaft damit gemeinschaftlich um?

Wir sind als Einzelne schicksalhaft mit der Menschheit verbunden

Wenn sich hier schon einiges andeutet, was uns heute in Sachen Risiko begleitet – das später fortführende Werk Becks wirkt endgültig gegenwärtig. Es hieß angesichts von ökologischen, ökonomischen und terroristischen Gefahren, die längst global wirkten: „Weltrisikogesellschaft“. Die Herausforderungen betreffen inzwischen die ganze Menschheit, können also nur gemeinsam angegangen werden, Beck: „Nationale Alleingänge sind (…) rückwärtsgewandte Idealismen, kosmopolitische Kooperation ist der Kern der neuen Realpolitik.“ Aber es kommt uns eben noch näher, ins Kleine und Allernächste: „Globale Risiken vergrößern die Horizonte des eigenen Lebens, indem sie (…) etwas anderes, jemand anderen sowie die Realität von Leiden und Zerstörungen über Grenzen und Gräben hinweg in die eigenen Leben integrieren.“ In der Folge: „Der entfernte Andere wird zum inneren Anderen.“ Wir sind als Einzelne schicksalhaft durch die gemeinsamen Risiken mit der Menschheit verbunden – nicht als Ideologie, sondern aufgrund der Tatsachen.

Und als letzten Schritt für hier Becks darum auch nicht ideologisch wirkende Antwort auf die Frage: Was tun? „Bei vielen Entscheidungen über Großrisiken geht es nicht um die Wahl zwischen sicheren und riskanten Alternativen, sondern um die Wahl zwischen verschiedenen riskanten Alternativen.“ Wir können also nur noch entscheiden, welcher Art die Risiken sind, die wir in Kauf nehmen, gefährdet sind wir allesamt sowieso. Es geht also darum, ein gemeinsames „Risikokalkül“ zu entwickeln, einen möglichst klugen, vernünftigen Umgang also.

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Sind wir nicht alle zu ständigen Risiko-Abwägern geworden?

Komplizierte Sache? Eigentlich genau das, was wir in den vergangenen beiden Jahren erlebt haben, weiter erleben und erleben werden. Man könnte jetzt auch über die Verwerfungen der globalisierten Wirtschaft reden mit der Folge immer größerer Armutsrisiken. Aber augenfälliger sind zunächst: die Corona- und die Klimakrise. Ob wir wollten oder nicht: Sind wir nicht alle zu ständigen Risiko-Abwägern geworden in so vielen Gesprächen, aber auch unserem Handeln?

Bei Lockdown die Oma besuchen? Sind die Grippe-Risiken mit denen von Covid-19 zu vergleichen? Welche Maßnahmen der Politik sind angemessen? Muss jetzt schnellstmöglich alles auf Klimaschutz umgestellt werden, auch wenn es ein Risiko für die Wirtschaft bedeutet? Und wenn das nur Deutschland tut, was ändert das am Weltproblem? Soll ich jetzt Vegetarier werden? Haben etwa Dänen und Briten nicht recht, wenn sie die Corona-Maßnahmen beenden? Sind die Impfstoffe sicher genug, was ihre Wirkung gegen Covid, aber auch was ihre Freiheit von Nebenwirkung angeht? Ein Leben des Zweifelns im Zeitalter des Risikos.

Nun kann man ja mit einigem Recht behaupten, dass die Deutschen ohnehin nicht zu den risikofreudigsten Typen des Planeten zählen, dazu sollten die Hinweise auf ihr Verhalten der zwei großen Parkette der Massenbeteiligung genügen: auf dem Fußballplatz und an den Börsen – auf beiden treten sie in der Regel eher strategisch bis zögerlich auf. Ist das nun kluges Kalkül oder auf Erfahrung basierendes herrschendes Sicherheitsbewusstsein oder verklärte Verzagtheit?

Gefährlich? Zum Beispiel das Herumnuckeln am Kugelschreiber

Aber es geht ja schon bei jedem Einzelnen los. Denn der Umgang mit Risiko ist bis hinein in den Alltag höchst selten ein rationaler. Klassisch ist die Angst vor dem Blitz – der aber gerade mal vier Menschen pro Jahr hierzulande tötet; dagegen weithin unterschätzt das Herumnuckeln an kleinen Gegenständen wie Kugelschreiber, dem durch Ablösen von Einzelteilen und dann deren Einatmen und Ersticken mehrere hundert zum Opfer fallen. Noch klassischer, dass dreimal so viele tödliche Unfälle im Haushalt geschehen (2019 waren es laut Statistischem Bundesamt 12346) wie im Straßenverkehr. Andererseits kocht ein gutes Gran Volksseele zuverlässig hoch, wenn es darum geht, in solidarischen Versicherungen die Risiken mitzufinanzieren, denen sich andere ja geradezu mutwillig aussetzen, ob sie nun rauchen oder Bungeejumpen. Wie also soll sich das alles rationalisieren, in der Risikogesellschaft und erst recht in der Weltrisikogesellschaft? Durch vermeintlich objektivierende Kennzahlen wie des Robert-Koch-Instituts oder des Weltklimarates?

Ein Geschäftsmodell ist die maximale Berechenbarkeit von Risiken jedenfalls schon längst. Und nicht nur auf die unseriöse Art, wie es sich beim letzten Finanzcrash zeigte, als findige Börsianer hochriskante Immobiliendarlehen zu hübsch etikettierten Paketchen zusammenschnürten – bis die Blase platzte. Wer sich das zum Vorbild nehmen wollte, kann auch gleich mit Kugelschreiber im Mund Haushaltsarbeit machen oder rauchend Bungeejumpen – oder Arnika gegen Covid nehmen oder zuerst auf die chinesische und indische Klimawende warten.

Manchmal klingt die Wahrscheinlichkeit des Risikos vor allem nach Spielcasino

Höchst kalkuliert dagegen gehen die Rückversicherer mit Maximalrisiken um, die Munich Re an der Spitze der Branche, 2020 mit einem Bruttoumsatz von 37,3 Milliarden Euro. Sie sind Global Player des Risikos, versichern die Versicherungen gegen mögliche Schäden auch in Becks Kategorien von wirtschaftlichen, ökologischen oder terroristischen Katastrophen, die deren Budget deutlich überstiege. Kalkuliert wird durch die höhere Mathematik der Wahrscheinlichkeitsrechnung, mit Ingenieurwissen, Geografie und auch Klimaforschung. Und wenn der wahrscheinliche Höchstschaden ins Gigantische wächst, wird die Versicherung eben noch mal geteilt, in ein ganzes Netz aus Rückversicherern, kalkulierte Abfederung des Risikos durch Verteilung also. Klingt wie im Spielcasino, wo ja auch die Wahrscheinlichkeiten beim Roulette genau zu beziffern sind.

Die Wirklichkeit des Risikos aber ist bislang viel mehr wie beim Pokern, wo zu diesen, gemessen an den aufgedeckten Karten jedenfalls, feststehenden Zahlen ja noch ein entscheidender Faktor hinzukommt: der Mensch. Mit seiner komplexen Psychologie. Und darum muss zum Schluss auch Gerd Gigerenzer zu Wort kommen, deutscher Psychologe, der sich sein Forscherleben lang unter anderem beim Max-Planck-Institut vor allem auch mit Risikoverhalten beschäftigt hat. Und der kann nicht nur aktuell einleuchtende Beispiele erzählen dafür, wie man sich in Gefahr bringt, gerade wenn man auf Nummer sicher gehen will: „Viele Menschen haben gezögert, sich mit AstraZeneca gegen Corona impfen zu lassen und warteten lieber ab, bis sie den Biontech-Impfstoff bekamen. Man versuchte, das sehr kleine Risiko einer schweren Hirnvenenthrombose zu vermeiden und ging dabei unter Umständen das deutlich höhere Risiko ein, sich in der Wartezeit mit Covid-19 zu infizieren und womöglich auf einer Intensivstation um sein Leben kämpfen zu müssen.“

Risikokompetenz als Voraussetzung für "qualifizierte Entscheidungen"

Der 74-Jährige bringt, nicht von ungefähr als Botschaft für die Bundeszentrale für politische Bildung, auch zwei wichtige Kalküle zusammen. 1.: „Die Welt, wie wir sie kennen, würde nicht existieren, wären Menschen nicht immer wieder Risiken eingegangen. Es gäbe heute keinen Handel und keine Innovationen. Risiken einzugehen, ist ein wesentlicher Motor unserer Zivilisation.“ Damit diese Zivilisation in den jetzigen Risiken aber besteht, muss dazu 2.: „Früher hat man gesagt, warum sollten wir allen Menschen Lesen und Schreiben beibringen? Es reicht doch, wenn einige das verstehen und den anderen sagen, was zu tun ist. Heute ist der informierte Umgang mit Risiken und Ungewissheiten genauso wichtig wie damals Lesen und Schreiben.“ Es geht also um Risikokompetenz als Voraussetzung für „qualifizierte Entscheidungen“, auch als eine Herausforderung für die Zukunft der Demokratie.

Hört sich ziemlich anstrengend an, und zwar für jeden von uns. Aber es geht ja auch nicht nur um den entfernten Anderen, der zu unserem inneren Anderen werden soll. Es geht auch um die Kleinen und Allernächsten, ganz konkret – ob sie nun groß gewachsene Männer sind oder nicht. Denn die Möglichkeiten zu einem zufriedenen Leben jedes Einzelnen werden künftig wohl mehr denn je von uns allen abhängen. Von unserer Risikokompetenz. Von der Bildung der Menschen.

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