Kylie Minogue: "Meine Liebesgeschichte mit Disco begann früh"
Die australische Pop-Legende Kylie Minogue spricht über ihr neues Album, die wilden Zeiten in London und über die Liebe.
Kylie, Dein neues Album heißt „Disco“. Aber so richtig krachen lassen auf der Tanzfläche kann man es gerade nicht, oder?
Kylie Minogue: Tja, so sieht es wohl aus. Bis auf weiteres findet die Disco im Kopf statt. Oder in der Küche.
In der Küche?
Minogue (lacht laut): Kennst du etwa nicht die gute alte Küchendisco? Der beste Dancefloor entsteht immer dann, wenn du vorher die Möbel wegschieben musst. Das gibt zwar meistens blöde Schrammen auf dem Boden, aber dieses Quietschen ist ein untrügliches Zeichen für einen geilen Abend.
Wann hat es denn bei Dir zu Hause das letzte Mal gequietscht?
Minogue: Die letzte Küchendisconacht, an die ich noch sehr intensive Erinnerungen habe, fand vor zwei Jahren in einem Restaurant statt, nach einer Filmpremiere. Wir sind wirklich extrem abgegangen in dieser Nacht. Bei mir daheim hätte ich gerne meinen Freunden das neue Album vorgespielt und dabei anständig Party gemacht. Doch dafür ist gerade nicht der beste Zeitpunkt.
Hast Du trotzdem einigermaßen Spaß gehabt den Sommer über?
Minogue: Die Monate hier in meinem Haus in London waren wirklich sehr, sehr ruhig, Ich bin froh, dass ich meine Arbeit hatte, sie war so etwas wie meine Brücke hinaus in die Welt. Wie wohl jeder von uns habe ich die Dinge vermisst, die sonst immer selbstverständlich waren. Und mir fehlt meine Familie.
Kylie Minogue: "Es kommt mir vor, als wäre meine Familie viel weiter weg dieses Jahr"
Leben Deine Angehörigen nicht sowieso in Australien?
Minogue: Ja, trotzdem kommt es mir vor, als wären die viel weiter weg dieses Jahr. Früher konnte ich, wenn ich Sehnsucht hatte, einfach ein Ticket kaufen und meine Lieben besuchen. Theoretisch ginge das jetzt auch noch, ist aber viel, viel umständlicher und komplizierter als sonst. Was uns bleibt sind Telefon und Videokonferenzen.
„Disco“ ist sogar für deine Verhältnisse ein ausgesprochen flottes und peppiges Album. Taugt die Platte als Medikament gegen die Corona-Trübsal?
Minogue: Es ist sicherlich eine der wirkungsvolleren Maßnahmen, um die Leute aus dem Stimmungsloch zu holen.
Kylie Minogue: "Die Platten meiner Eltern sind eine lebenslange Inspiration"
Du bist Jahrgang 1968. Wie ist Dein Verhältnis zur klassischen Disco-Musik aus den Siebzigern?
Minogue: Meine Liebesgeschichte mit Disco begann früh. Ich muss so neun Jahre alt gewesen sein und hatte gerade gelernt, wie der Plattenspieler meiner Eltern funktioniert. Ich zog mir dann alles rein, was bei denen herumlag – Abba fand ich super, die Bee Gees, Donna Summer, Gloria Gaynor, Chic und wie sie alle heißen. Diese Platten meiner Eltern sind eine lebenslange Inspiration.
Wie sehr bezieht sich „Disco“ auf diesen Sound?
Minogue: Wir legen es locker aus. Nicht alles auf diesem Album erinnert an die 70er, es gibt auch Einflüsse aus den 80ern und Selbstzitate aus meinen frühen 2000ern, dieses Electro-Disco-Ding wie bei „Can’t Get You Out Of My Head“ damals. Ich werfe das alles fröhlich zusammen. Dieses Album beinhaltet das, was du hören würdest, wenn du in meine Disco kämest.
Hast Du viele verrückte Nächte in den Discos dieser Welt erlebt?
Minogue: Als ich alt genug war, um ausgehen zu dürfen, nannte man die Discos schon Clubs (lacht). Bei uns in Melbourne durftest du ab 18 in die Clubs rein, und das bin ich dann auch. Natürlich hatte ich es auch schon mit 16 und mit 17 probiert, bloß war es echt schwierig für mich.
Kylie Minogue: Mit 18 sah ich nicht aus wie 18
Warum?
Minogue: Weil ich selbst mit 18 nicht wie 18 aussah. Geschweige denn vorher. Ständig kam ich nicht rein. Später dann, so zwischen 21 und 25 ungefähr, war Clubbing ein total wichtiger Teil meines Lebens. Ich liebte es. Ich war mittlerweile in London, und dort so ein bisschen Teil einer Szene, und es war einfach jede Nacht was los. Ich war bestimmt ein bis zwei Mal pro Woche so lange unterwegs, bis wir auf die Straße gefegt wurden, wo wir uns mit der Frage „Wo gehen wir jetzt hin?“ beschäftigten. Ich wollte oft noch nicht ins Bett.
Welche Form der Magie besingst Du in deiner neuen Single „Magic“?
Minogue: Speziell in diesem Jahr finden wir Magie an unerwarteten Orten. Bei all den Härten, Dunkelheiten und Tragödien sehen wir dieser Tage auch überall Freundlichkeit und Sonnenstrahlen des Menschlichen. Aber der Song selbst, der behandelt natürlich die Art der Magie, die in der Luft liegt, wenn du jemanden triffst und kennenlernst. Es geht um die Magie der ungezählten Möglichkeiten, die dir in so einem Augenblick durch den Kopf schwirren.
Ich schaue hoffnungsfroh in die Zukunft mit diesem Mann
Wie viel Magie lag in der Luft, als Du vor zweieinhalb Jahren deinen Freund Paul Solomon, Kreativdirektor der Zeitschrift GQ, kennengelernt hast?
Minogue: Ich bin ohne große Erwartungen an dieses Treffen herangegangen. Ich glaube nicht daran, dass das Leben wie ein Kitschroman verläuft. Es war ja auch kein Date, sondern wir haben uns mit mehreren Freunden getroffen. Ich fand auch, ich hätte mich an diesem Abend ganz cool verhalten, so wie immer. Meine Freunde behaupten aber bis heute, sie hätten mir auf Anhieb angesehen, dass mir Paul gut gefällt.
Ich will nicht zu dramatisch fragen, trotzdem: Ist es dieses Mal für immer?
Minogue: Was, meine Beziehung?
Ja.
Minogue: Nein, das ist nicht zu dramatisch. Das ist optimistisch. Ich habe jemanden getroffen, wir haben eine großartige Verbindung und eine tolle Zeit zusammen. Ich schaue hoffnungsfroh in eine Zukunft mit diesem Mann.
Du sagst über „Disco“, dies sei ein erwachsenes Pop-Album. Siehst Du Dich denn überhaupt als eine Erwachsene?
Minogue: Das ist eine knifflige Frage. Einerseits, andererseits, würde ich sagen. Ich bin 52 Jahre alt, natürlich denke ich darüber nach, wie ich in die ganze Popwelt hineinpasse. Mein Kopf und mein Bauch sagen mir, dass ich immer noch in der Lage sein will, Dance Music zu machen. Ich denke, man ist nie zu alt für eine gute Zeit. Von daher: Ich bin eine erwachsene Frau, die erwachsene Disco-Musik macht, aber das Leben hat mich meiner Jugendlichkeit noch nicht berauben können.
Wie wirst Du den heutigen Abend verbringen, gibt es so etwas wie Routine?
Minogue: Wir werden uns was Leckeres kochen, mein Freund und ich. Dann vielleicht eine Serie und vor dem Schlafen ein Anruf bei meiner Familie. Ich bin einer der wenigen Menschen in diesem Land, der noch nicht angefangen hat, Brot zu backen. Das spare ich mir noch auf. Bis dahin habe ich mir vorgenommen, dankbar zu sein für das, was wir tun können und nicht zu motzen über das, was wir gerade nicht tun können.
Lesen Sie hier eine Rezension des Albums.
Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge mit der Augsburger Band John Garner an:
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den Podcast anzuzeigen
Hier kann mit Ihrer Einwilligung ein externer Inhalt angezeigt werden, der den redaktionellen Text ergänzt. Indem Sie den Inhalt über „Akzeptieren und anzeigen“ aktivieren, kann die Podigee GmbH Informationen auf Ihrem Gerät speichern oder abrufen und Ihre personenbezogenen Daten erheben und verarbeiten. Die Einwilligung kann jederzeit von Ihnen über den Schieberegler wieder entzogen werden. Datenschutzerklärung
Die Diskussion ist geschlossen.