Die Frage der Woche: Den Schlussverkauf boykottieren?
Beim Schlussverkauf können Kundinnen und Kunden Schnäppchen ergattern. Befeuert die Rabattaktion den Kaufrausch oder können sich auch einkommensschwächere Menschen mehr leisten?
Pro: Die Rabattschlacht geht auf Kosten der Umwelt
Der Blick ins Schaufenster ist verlockend: Schuhe für 20 Euro weniger, Hosen um 50 Prozent reduziert. Die sommerliche Schnäppchenjagd ist eröffnet. Schon die roten Rabattschilder setzen Glückshormone frei. Man möchte sich direkt hineinstürzen in das Waren-Wirrwarr und Sonder(über)angebot. So versunken im Kaufrausch lässt sich die Wirklichkeit hinter der Ware schnell vergessen.
Aber was wird da eigentlich propagiert? Dass Klamotten, die sowieso schon zu Spottpreisen verhökert werden, noch billiger und damit wertloser sind. Dass noch mehr Produkte für weniger Geld gekauft werden sollen. Dahinter steckt eine Haltung, die angesichts von Ressourcenknappheit und Umweltverschmutzung nicht mehr tragbar ist. Um den Konsumwahn zu verdeutlichen: Jeder Deutsche hat rund 95 Kleidungsstücke im Schrank, jedes fünfte wird so gut wie nie getragen. Nach drei Jahren ist die Hälfte der Oberteile, Hosen und Schuhe aussortiert. So werden jedes Jahr rund 1,3 Millionen Tonnen Kleidung entsorgt. Kurz: Die Modetrends von heute sind der Müll von morgen.
Die andauernde Rabattschlacht befeuert die Denke, Klamotten seien Wegwerfprodukte wie Kaffeebecher oder Einweggeschirr. Den wahren Preis zahlen Menschen in Produktionsländer wie China, Indien oder Bangladesch. Sie leiden unter katastrophalen Arbeitsbedingungen und den Folgen für Umwelt und Gesundheit. Statt jetzt also im Sale zu shoppen, lieber mal einen Blick in den Kleiderschrank werfen und erkennen, dass man eigentlich alles hat, was man braucht. Und falls doch ein neues T-Shirt her muss, vielleicht einfach mal im Second-Hand-Shop stöbern. Die Kleidung ist dann zwar nicht neu, aber dafür nachhaltig und individuell.
(Felicitas Lachmayr)
Contra: Bei steigenden Preisen müssen manche sparen, wo sie können
Alles wird teurer. Wegen Ukraine-Krieg und Inflation steigen die Verbraucherpreise. Die Politikerinnen und Politiker diskutieren über Möglichkeiten um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Und nicht nur der sparsame Schwabe dreht jetzt jeden Euro zweimal um.
Da ist es für die arme Studentin, den alleinerziehenden Vater und die unterbezahlte Auszubildende ein Glück, dass selbst jetzt der Einzelhandel auf einen altbekanntes Mittel zurückgreift, um die Lager bei Saisonende zu leeren: Schlussverkauf, im Neu-Anglo-Deutschen auch Sale. Die Preise werden um 30, 50, 70 Prozent gesenkt, um die Sachen, an den Mann oder die Frau zu bringen. Grund genug für einige in Kaufrausch zu verfallen und die eh schon viel zu volle Wohnung mit noch mehr Zeug vollzustopfen, das sie nicht brauchen.
Andere müssen sich Dank der niedrigen Preise aber vielleicht keine Sorgen machen, ob die alte Jacke, die im Kleiderschrank hängt, noch einen Winter hält, können ihren Kindern vielleicht mal ein Geschenk machen, das normalerweise nicht im Budget liegt, oder müssen die Bachelorarbeit nicht an einem Laptop schreiben, der alle halbe Stunde ausgeht. Wer es sich leisten kann, darf gerne auf Einkäufe im Schlussverkauf verzichten, aber nicht alle haben diese Option.
Dazu kommt noch: Alles, was in den Geschäften hängt, wurde bereits zu einem großen Teil Klima-unfreundlich produziert. Der Schaden ist bereits angerichtet. Daran ändert sich auch nichts, wenn das fertige Produkt jetzt genutzt wird oder von der Fabrik über den Laden auf die Müllhalde wandern. In dem ersten Fall wurde der Schaden aber nicht umsonst angerichtet.
(Quirin Hönig)
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Da werden Sie aber bei den Augsburger Sparfüchsen auf Granit beißen... :-)