In der Weihnachtszeit Glühwein trinken?
Erhitzter Wein mit Gewürzen – die einen lieben es, die anderen können es nicht ausstehen. So ist das auch bei unserem Autoren-Team, es schreibt von Tradition und Plörre ...
Ja, Glühwein gehört einfach zur Weihnachtszeit
Wenn man die erste Tasse Glühwein in den Händen hält, das heiße Getränk die kalten Finger wärmt, mit dem Dampf feine Duftnoten von Orange, Zimt, Nelken und Sternanis die Nase emporklettern und sich mit dem ersten Schluck des vollmundigen Rotweins eine wohlige Wärme von innen ausbreitet, dann ist es so weit: Es weihnachtet.
Glühwein kann mehr als bei unsachgemäßer Dosierung für Kopfschmerzen sorgen. Er vermittelt mit jedem Schluck Vorfreude auf Weihnachten, wie kein anderes Heißgetränk es vermag. Er ist eine Tradition, die niemals aus der Mode kommt. Er vereint Jung – natürlich nicht ganz Jung – und Alt und verbreitet vorweihnachtliche Heiterkeit. Beim Geschenke-Shopping ist er ein Rettungsring nach der Odyssee durch die Geschäfte. Und was ist eine bessere Belohnung für eine anstrengende Arbeitswoche als eine Tasse mit guten Freunden?
Dass Corona dem Glühwein dieses Jahr erneut seine wichtigste Wirkungsstätte – die Weihnachtsmärkte – nimmt, sollte nicht entmutigen. Ganz im Gegenteil. Auch in Zeiten von Kontaktbeschränkung lässt sich das Glühweintrinken zelebrieren: mit dem eigenen Hausstand oder den Freunden bei einem virtuellen Treffen. Der Glühwein-Verzehr in den eigenen vier Wänden bietet sogar Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind: Vor dem Glühweintopf auf dem Herd bildet sich keine lange Schlange, für die eigenen Tassen muss man kein Pfand bezahlen und das Glühweinfenster – also der Zeitrahmen mit angenehmer Trinktemperatur – ist neben dem heimischen Kachelofen länger geöffnet als bei Minusgraden auf dem Weihnachtsmarkt. Gerade in der tristen Pandemie-Zeit können wir doch alle einen Schluck Normalität brauchen, der uns unweigerlich vermittelt: Es weihnachtet. (Alexandra Hartmann)
Nein, Glühwein ist eine bizarre Sache
Es wär nun ein Leichtes, sich hinter einem Stilpapst zu verschanzen. Denn der große Max Goldt hat in einer Erzählung namens „Vom Zauber des seitlich dran Vorbeigehens“ (anspielend auf die baurechtlich vorgeschriebenen Abstände zwischen Weihnachtsmarktständen, die ein Entkommen immer ermöglichen) mit so feiner Feder wie wuchtiger Wirkung erklärt, wie bizarr es ist, ausgerechnet Wein zu erhitzen, der davon nie profitiert und in den meisten dieser Fälle doch nur Plörre ist, die man mit Gewürzen kaschiert. Und darum meistens Kopfschmerzen erntet. Natürlich hat er recht, aber das wäre jetzt zu billig. Denn ja, natürlich gibt es auch anspruchsvoll gemachten Glühwein, auf ordentlichem Wein basierend, und natürlich kann man den abseits von Märkten auch stilvoll konsumieren. Ist das also nicht einfach nur Geschmackssache, ob man halt mag oder nicht?
Ist es nicht. Denn, um mal nur ein paar Augenfälligkeiten ins Feld zu führen: Es spricht einfach zu viel gegen Glühwein. Selbst wenn der zugrunde liegende Wein ein guter ist, ist er ja als Wein ein guter – wird aber dann in seiner Feinheit durch die Gewürzbeigaben verpanscht. Nicht selten ist dabei auch noch Süßendes im Spiel, Zucker also. Das – lassen wir mal die Kalorienfrage aus dem Spiel – zerstört nicht nur jeden guten Wein, sondern sorgt auch noch dafür, dass die Wahrscheinlichkeit folgender Kopfschmerzen schon mal rein wissenschaftlich steigt. Und sorgt auch dafür, dass der Alkohol schneller ins Blut geht – kombiniert mit der angeratenen Hitze beim Konsum macht das dann deutlich schneller betrunken. Nur merkt man’s nicht so, wiederum des Zuckers wegen. Also trinkt man vielleicht noch einen? Und so weiter. Viel Text, ein Satz als Aussage: „Glühwein ist Teufelszeug!“ (Wolfgang Schütz)
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