Von Spitzenton zu Spitzenton
Maurice André, der eleganteste unter allen Trompetern, ist tot.
Augsburg Ihm fraß man alles, aber auch alles, was er spielte, aus der Hand. Er war der eleganteste, er war ein technisch vollkommener, er war der einfühlsamste aller Trompeter in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts. Und wenn er auf der Bühne stand und mit seinem kleinen Trompetchen von Spitzenton zu Spitzenton hüpfte, dort, wo die Luft ganz dünn wird, und hier ein silbernes und dort ein güldenes Glanzlicht setzte, um dann schließlich leicht in die Knie zu gehen, wenn der Satz auf jene Gipfel-Abschlusstöne zusteuerte, die dann noch ein bisschen höher und länger und jubilierender erklangen, als es sich das Gros seiner Kollegen zutraute, dann mochte man ihn, den unfehlbaren Trompeten-Bär voller Charme, am liebsten knuddeln.
Ihm fraß man alles, aber auch alles, was er spielte, seit seinem 1. Preis beim ARD-Wettbewerb 1963 in München aus der Hand: das klassische Standard-Repertoire mit u. a. Haydn und Hummel, die barocken Kabinettstückchen, die einverleibten Violin-Nummern und Opern-Koloratur-Arien („Königin der Nacht“). Und die, die aus eigener Praxis wussten, was es heißt, Trompete zu spielen, die fielen ob seiner unglaublich zirzensischen Kunst in tiefe Depression.
Ihr folgt nun die Erschütterung über den Tod des ganz großen Instrumentalisten: Maurice André ist in der Nacht zum Sonntag 78-jährig im südwestfranzösischen Bayonne gestorben. Er, dessen Arbeitsleben einst im Bergwerk begann, ist heute dokumentiert auf über 250 Schallplatten und CDs. Er besaß musikalische Herzensbildung. Wir trauern.
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