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Buchbesprechung
06.09.2018

Roman über KZ-Arzt Mengele: Erst Pascha, dann Ratte

Massenmörder in Plauderlaune: (von links) Richard Baer, Kommandant des Stammlagers Auschwitz; Lagerarzt Josef Mengele, Josef Kramer, Kommandant von Birkenau; sowie Rudolf Höß, der erste Auschwitz Kommandant.
2 Bilder
Massenmörder in Plauderlaune: (von links) Richard Baer, Kommandant des Stammlagers Auschwitz; Lagerarzt Josef Mengele, Josef Kramer, Kommandant von Birkenau; sowie Rudolf Höß, der erste Auschwitz Kommandant.
Foto: UfG via Getty Images

Olivier Guez schildert die Jahre des gebürtigen Günzburgers in Südamerika und geht der Frage nach: Wie konnte der Mann mit dieser ungeheuren Schuld leben?

Josef Mengele, der Lagerarzt von Auschwitz, mitverantwortlich für den Tod von Hundertausenden Menschen, berüchtigt für seine bestialischen Experimente, starb 1979 eines natürlichen Todes in Brasilien. Beim Baden im Meer erlitt er einen Herzinfarkt. Erst sechs Jahre später erfuhr die Welt, dass der damals meistgesuchte Verbrecher des Nazi-Regimes in einem Grab auf dem Friedhof von Embu unter dem Namen Wolfgang Gerhard bestattet worden war. Knapp vierzig Jahre nach dessen Tod ist der französische Journalist und Schriftsteller Oliver Guez, Jahrgang 1974, Mengeles Spuren in Südamerika gefolgt. In seinem nun auf Deutsch erschienenen Roman „Das Verschwinden des Josef Mengele“ schildert Guez dessen Zeit im Exil und versucht die Frage zu beantworten: Wie konnte jemand mit dieser ungeheuren Schuld weiterleben? Und was war das für ein Leben? Die Antwort, die Guez in dem in Frankreich mit dem renommierten Prix Renaudot ausgezeichneten Buch gibt, zerfällt in zwei Teile. Erst einmal nämlich sehr gut! Dann erbärmlich. Ein unbelehrbarer Fanatiker aber bis zum letzten Atemzug.

„Der Pascha“ hat Guez den ersten Part des Buches betitelt, in dem er Mengeles Jahre nach seiner Ankunft in Argentinien beschreibt. Präsident Juan Perón hält seine schützende Hand über die Exilanten mit brauner Vergangenheit, weil er sich von ihnen treue und auch fachkundige Dienste beim Aufstieg zur Weltmacht erhofft. Und so wohnt man also in einer Villa im besten Viertel von Buenos Aires, genießt Wagners Opernarien im Theater Colón, geht ins Kabarett, speist fein. An den Tagen, an denen es in der Stadt unerträglich heiß zu werden scheint, fährt man mit Freunden hinaus aufs Land. In die Pampa. Die Freunde? Ulrich Rudel, hochdekorierter Wehrmachtspilot, Wilfried von Oven, einst enger Mitarbeiter von Goebbels, oder der Spion Gerard Malbranc. Geistesbrüder.

„Das Leben meint es gut mit ihm“

Im Gut des Nazifreundes auf dem Lande gibt es ein Schwimmbad, auf dessen Boden ein Hakenkreuz prangt, im Garten eine Hitlerbüste und abends wird bei Spanferkel und Bier gefeiert. Und die Geschäfte laufen gut! Josef Mengele bearbeitet für die väterliche Landmaschinenfirma in Günzburg den südamerikanischen Markt, knüpft wichtige Kontakte, verdient zudem Geld durch illegale Abtreibungen bei den höheren Töchtern der Stadt. Seine Frau Irene hat sich von ihm getrennt, aber der Vater arrangiert eine neue Ehe: Martha, die verwitwete Schwägerin, nach einer ersten Annäherung in der Schweiz, reist sie samt Neffen nach Argentinien, Hochzeit 1958. „Das Leben meint es gut mit ihm“, schreibt Olivier Guez.

Das alles ist nicht neu. Aber beim Lesen erneut unfassbar. Wie langsam die Jagd nach den Nazimördern in Deutschland in Gang kam, derweilen die im fernen Südamerika noch von der glanzvollen Rückkehr träumen. Wie Mengele zum Kurzurlaub nach Chile aufbricht, einen Heimatbesuch in Günzburg absolviert, seinen Decknamen Helmut Gregor ablegt und sich vom westdeutschen Konsulat in Buenos Aires im September 1956 einen neuen Personalausweis auf den richtigen Namen ausstellen lässt . Wie Adolf Eichmann, Hauptorganisator der Judenvernichtung, 1957 dem holländischen SS-Mann Sassen in Buenos Aires großspurig für ein geplantes Buch zum Interview bereitsteht und tönt: „Mich reut gar nichts.“

Das Jahr 1960 verändert alles. Gegen Mengele liegt zwar ein Haftbefehl vor, noch hat er jedoch eine andere schützende Hand gefunden. Paraguay hat ihn eingebürgert, er lebt in einer deutschen Kolonie auf dem Lande. Dann aber entführt der Mossad den enttarnten Eichmann nach Jerusalem. „Die Nazi-Jagd ist eröffnet“, schreibt Guez und lässt Mengele fluchen: „Eichie, dieses eingebildete Arschloch mit seiner verfluchten Selbstüberschätzung.“ Ende des Paschalebens. Mengele fliegt mit Hilfe von Freunden nach Brasilien, nun unter dem Namen Peter Hochbichler, die Familie reist zurück nach Europa. Es beginnt das Leben als …Ratte, so der Titel von Teil zwei, dem Guez ein Kierkegaard-Zitat voran stellt: „Die Strafe entspricht der Schuld: aller Lust zum Leben beraubt, zum höchsten Grad von Lebensüberdruss gebracht zu werden.“ In einem Interview hat Guez erklärt, wie er es fast genossen habe, diese Geschichte zu erzählen, „um diesen Mythos zu zerstören“ und wie er selbst nach der Recherche überrascht war: Der „Todesengel von Auschwitz“, der an der Rampe in Auschwitz die ankommenden Häftlinge selektierte, dabei Arien pfiff, sich als wegbereitender Wissenschaftler sah, „ein so kleiner Mensch.“ Auch die Stammers, ungarische Farmer, die ihm Unterschlupf bieten und die er zu Beginn noch mit zahlreichen Regeln tyrannisiert, zeigt vor dem ungeliebten Mitbewohner irgendwann keinerlei Respekt. Seit sie herausfinden, wen sie da bei sich aufgenommen haben – auf Mengeles Ergreifung sind mittlerweile Millionen ausgesetzt – , lassen sie sich ihr Schweigen teuer bezahlen. Beim Mittagessen muss er ertragen, wie der Hausherr mit einem Sieb auf dem Kopf Hitler „nicht übel nachahmt.“

Der Sohn erträgt den reuelosen Vater nicht

Ein kleiner Mann also, noch immer gerne schwadronierend, aber auch ständig jammernd, weinerlich, paranoid in seiner Angst vor Entdeckung, aus Sorge am Schnurrbart kauend. Als die Stammers es nicht mehr mit ihm aushalten, verfrachten sie ihn in eine Bungalow in einem ärmlichen Vorort von Sao Paulo: „Die Endstation für den Eugeniker aus gutem Hause auf der chaotischen, rassendurchmischten Insel.“ Mengele haust, macht sich an seine Haushälterin heran, die geht, bettelt seinen Sohn an einmal zumindest zu kommen, der reist vorzeitig wieder ab, weil er den reuelosen Vater nicht erträgt. Dann der Tod mit 67.

Nur mit der Form des Romans habe er dem makabren Leben des Nazi-Arztes möglichst nahekommen können, schreibt Guez im Nachwort. Der Schriftsteller ist für sein Werk Mengele nachgereist, hat auch in Günzburg recherchiert, sich durch Bücher und Dokumentationen gearbeitet. Wie konnte der Mann also mit der unfassbaren Schuld leben? Indem er sie nicht annahm, sich unter dem Mantel der Idelogie weiter wegduckte. Dass Guez nun auch im Grunde wenig erhellende Bereiche intim ausleuchtet, von denen der Leser eigentlich nichts wissen mag, Mengele und Sex, dass oft unklar bleibt, wo sich Guez auf Tagebucheinträge und wo auf seine Fantasie verlässt, zählt zu den Schwächen des Romans. Und seine Neigung zu markigen Metaphern („Der Fürst der europäischen Finsternis“) dieser ansonsten so gut zu lesenden, sachlich erzählten Lebensgeschichte. Ein erschütternder Roman. Das aber ist dieses Buch vor allem. Auf die Frage, wie man heute über die Gräuel der Nazizeit und ihre Täter schreibt, geben die Franzosen derzeit eine Antwort. So wie Eric Vuillard in „Die Tagesordnung“, so wie Oliver Guez. Immer wieder neu erzählen!

Olivier Guez: Das Verschwinden des Josef Mengele. Aus dem Französischen von Nicola Denis. Aufbau, 224 S., 20 Euro.

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