Russischer Hymnen-Dichter Michalkow tot
Moskau (dpa) - Der Dichter der pompösen sowjetischen und der russischen Nationalhymne, Sergej Michalkow, ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Das teilte sein Sekretär Denis Baglaj am Donnerstag in Moskau mit.
Michalkow schrieb den Text nicht nur im Auftrag des sowjetischen Diktators Josef Stalin zur ergreifenden Musik des Komponisten Alexander Alexandrow. Er verfasste auch den neuen Text für die 2000 vom damaligen Präsidenten Wladimir Putin wieder eingeführte Hymne. Michalkow war auch in der DDR bekannt, etwa für seine urkomische und mit großem Erfolg von dem Schauspieler Eberhard Esche vorgetragene satirische Fabel "Der Hase im Rausch".
Der stets staatsnahe Schriftsteller hatte sich aber auch an sowjetischen Hetzkampagnen gegen Dissidenten, darunter berühmte Autoren wie die Literaturnobelpreisträger Boris Pasternak ("Doktor Schiwago") und Alexander Solschenizyn ("Archipel Gulag"), beteiligt. Präsident Dmitri Medwedew und Regierungschef Putin drückten dem Sohn des Dichters, dem bekannten Regisseur und Oscar-Preisträger Nikita Michalkow ("Die Sonne, die uns täuscht", 1994), sowie der gesamten Familie ihr Beileid aus, wie die Agentur Interfax meldete.
Kremlchef Medwedew würdigte den am 13. März 1913 geborenen Michalkow als russischen Literaturklassiker. Vor allem mit seinen Kinderbüchern habe der Schriftsteller Generationen von Menschen geprägt. Seine Bücher erreichten eine Auflage von 300 Millionen Exemplaren. Russlands Kulturelite wertete den Tod Michalkows als das "Ende einer Epoche". Vor allem dank der Hymne werde der Dichter "unvergessen in den Herzen der Menschen bleiben", teilten seine Verleger in Moskau mit.
Putin hatte die weltbekannte Melodie 2000 wieder zur offiziellen Hymne Russlands erklärt, nachdem jahrelang das wenig geliebte "Patriotische Lied" von Michail Glinka gespielt worden war. Das alte Lied erklang erstmals seit dem Ende der Sowjetunion wieder in der Neujahrsnacht auf 2001. "Die Hymne ist mehr als ein Symbol. Ohne sie kann man nicht leben. Wir werden die Verstimmungen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart überwinden", hatte Putin im Dezember 2000 gesagt.
Liberale Politiker hatten die Wiederaufnahme als Verherrlichung von Sowjetsymbolen kritisiert und an die Millionen Opfer der Diktatur erinnert. Der lange geheim gehaltene neue Text Michalkows beginnt mit den Worten "Russland - unser heiliger, mächtiger Staat; Russland - unser geliebtes Land". In Umfragen hatte sich die Mehrheit der Russen zur Melodie der alten Sowjethymne bekannt. Seit dem Zerfall der UdSSR war in Russland bei offiziellen Anlässen und internationalen Sportwettkämpfen Glinkas Lied ohne Text gespielt worden.
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