Starpianist Fazil Say will mit Musik Brücken bauen
Hamburg (dpa) - Fazil Say, gleichermaßen Komponist wie Pianist, gehört zu den bekanntesten Künstlern der Türkei. Sein Werk "Black Hymns" komponierte er mit 16 Jahren.
Auch international ist der 1970 in Ankara geborene Virtuose schon lange kein Unbekannter mehr. Gerade erst begeisterte er in der Hamburger Laeiszhalle mit Stücken von Wolfgang Amadeus Mozart und Anton Webern. Doch während seine Musik große Anerkennung findet, eckt er in der Türkei mit seinen politischen Ansichten an.
Wellen schlug ein Interview in der "Süddeutschen Zeitung": Er denke darüber nach, wegen des Kurses der islamisch-konservativen Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seine Heimat zu verlassen. "Unsere Träume wurden ein bisschen getötet in der Türkei. Die Frauen aller Minister tragen Kopftücher, die Islamisten haben ohnehin schon gewonnen. Wir sind dreißig Prozent, die sind siebzig. Ich denke darüber nach, woanders hinzuziehen", sagte er.
Auf solche Äußerungen führt Say es zurück, dass das türkische Kulturministerium die Aufführung seines "Nazim Hikmet Oratoriums" in letzter Minute auf der Frankfurter Buchmesse 2008 abgesagt habe. Stattdessen wurde ein anderes Oratorium eines anderen türkischen Künstlers aufgeführt. 2001 hatte Say das im Auftrag des Ministeriums komponierte Werk in Ankara in Anwesenheit des Staatspräsidenten uraufgeführt.
"In letzter Zeit gibt es in der Türkei im Bereich von Kunst und Kultur Zensur und Stornierungen", sagte Say der Deutschen Presse-Agentur dpa vor dem Hamburger Konzert. Dennoch gebe es auch positive Entwicklungen wie die erst kürzlich beschlossene Wiedereinbürgerung von Nazim Hikmet, der als Begründer der modernen türkischen Lyrik gilt und 1963 im Exil in Moskau starb.
Der internationale Durchbruch gelang Say 1994, nachdem er beim europäischen Nachwuchswettbewerb für Musiker, dem Young Concert Artists International Auditions, den ersten Preis gewann. Nach einem Klavier- und Kompositionsstudium am Staatlichen Konservatorium in Ankara setzte er von 1992 bis 1995 seine Ausbildung am Berliner Konservatorium fort.
Zurzeit arbeitet Say an einem Ballett-Projekt zur Verbesserung der türkisch-armenischen Beziehungen. Das anatolische Epos "Ahtamar" handele von der Liebe zwischen einem armenischen Mädchen und einem türkischen Jungen. "Zülfü Livaneli und Sezen Aksu zum Beispiel haben mit griechischen Künstlern gearbeitet und dadurch wurden wichtige Künstlerfreundschaften begründet", sagt der Komponist. "Gesellschaftliche Freundschaften sind sehr wichtig. Ich bin davon überzeugt, dass Künstler bei der Begründung von Freundschaften eine Brückenfunktion innehaben", sagt Say mit Blick auf die schwierigen Beziehungen der Türkei zu Nachbarländern wie Armenien und Griechenland.
Says Tournee 2009 führt ihn in Deutschland nach München (1.3.), Dortmund (22.3.), Düsseldorf (23.3.), Ulm (25.3.), Stuttgart (26.3.), Wiesbaden (28.3.), Aachen (29.3.), Aschaffenburg (27.4.), Braunschweig (3.5.), Dortmund (3.6.), Hamburg (9.-12.6. und 7.9.), Bad Kissingen (23.6.), Stuttgart (9.7. und 8.9.), Mecklenburg-Vorpommern (15.8.), Rheingau (17.8), Traunstein (9.9.), Bremen (13.9.), Kleve (10.11.), Köln (1.12.).
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