Das sind die besten Berlin-Serien bei Netflix & Co
Amazon, Netflix, Sky: Alle setzen auf die Hauptstadt für modern erzählte Serien. Warum die Beste von allen - "Berlin Station" - stets ein Geheimtipp bleibt.
In der großen Zeit der Vorabendserien wurden Fernsehproduktionen in West-Berlin noch besonders üppig subventioniert, um die Mauerstadt mit ihrer großen Filmtradition in den siebziger und achtziger Jahren fast täglich präsent in den Köpfen der Bundesbürger zu halten. Heute machen Coolness und Hauptstadtglanz die Metropole attraktiv für internationale Produktionen.
Seit der amerikanische Pay-TV-Anbieter Netflix weltweit das Fernsehverhalten mit seinen aufwendigen Serienproduktionen zum Streamen über das Internet revolutioniert hat, erlebt dafür auch Berlin als Schauplatz einen Boom. Doch in manchen Serien dient Berlin eher als staffageartige Kulisse, in anderen übernimmt sie eine Hauptrolle brillant erzählter Thriller nach moderner amerikanischer Machart.
Serienmacher brechen mit klassischen Erzählmustern
Während die bislang teuerste deutsche Produktion "Babylon Berlin" als Verfilmung der Krimiromane Volker Kutschers über das Berlin der zwanziger Jahre eher einer traditionell deutschen Erzählweise folgt, mit klarer Aufteilung in "Gut" und "Böse", gehen andere Serienmacher deutlich weiter und brechen nach US-Vorbild mit klassischen Erzählmustern.
Packend: TNT-Serie "4 Blocks" auf Amazon Prime
Packend gelingt dies dem Spartensender TNT mit der Serie "4 Blocks" über einen kriminellen Berlin-Neuköllner Libanesen-Clan. Fast unweigerlich wird der Zuschauer in eine Perspektive gezwungen, die viel Empathie mit dem vom Drogenhandel lebenden Clan-Boss empfinden lässt. Das liegt auch an dem großartigen Berliner Schauspieler Kida Kohdr Ramadan, der der Hauptfigur ihren widersprüchlichen Charakter schenkt.
"Die Sopranos" geben bis heute den Erzählstil vor
Mit dem Perspektivwechsel, weg von der "guten Seite" Kriminalfälle lösender Polizisten hin zu menschlich gezeichneten Bösewichten, gab Ende der Neunziger die US-Mafiaserie "Die Sopranos" bis heute einen modernen Erzählstil vor: Damals fieberten die Zuschauer trotz dessen Blut an den Fingern empathisch mit dem Schicksal des Mafia-Bosses und zugleich Normalo-Familienvaters Tony Soprano mit.
Seitdem sind ambivalente Hauptfiguren, vom Drogendealer in "Breaking Bad" bis zum über Leichen gehenden Machtpolitiker in "House of Cards" Erfolgsgaranten auf Netflix & Co.
"Dogs of Berlin" von "Tschiller"-Machern floppt gegen "4 Blocks"
Nicht allen der vielen Berlin-Serien gelingt es, dieses Erzählmuster so gekonnt umzusetzen, wie der ersten Staffel von "4 Blocks", die inzwischen im Amazon-Prime-Angebot zu sehen ist. Die deutlich teurere Netflix-Produktion "Dogs of Berlin", die sich ebenfalls der Clan-Kriminalität annimmt, scheitert im Vergleich zu "4 Blocks" kolossal: Netflix setzte auf den Regisseur und Macher der umstrittenen Tschiller-Tatorte mit Til Schweiger, Christian Alvert. So wirkt "Dogs of Berlin" – aufgeblasen mit billigen und prolligen Klischees – wie eine in die endlose Länge von zehn Teilen gezogene "Tschiller"-Folge. Zudem verwandelt dabei Alvert Berlin in einen nicht wiedererkennbaren Moloch.
Amazon-Serie "Beat" badet in zu viel sinnloser Gewalt
Ambitionierter ist die wenig bekannte, von Amazon produzierte Serie "Beat" des bayerischen Regisseurs Marco Kreuzpaintner. Darin stolpert ein drogensüchtiger Techno-DJ ebenfalls durch die Welt des Organisierten Verbrechens. Doch auch "Beat" badet, im Versuch amerikanische Vorbilder nachzuahmen, in – selbst für die eigene Handlung – viel zu viel sinnloser Gewalt.
Spionageserie "Berlin Station" Perle im Netflix-Angebot
Die mit Abstand beste Berlin-Serie kommt interessanterweise – und vielleicht sogar folgerichtig – nicht aus Deutschland: Die hochaktuelle Spionageserie "Berlin Station" um den CIA-Stützpunkt in der Berliner US-Botschaft zählt zu den Perlen in den Tiefen des Angebots von Netflix: Da es sich nicht um eine viel beworbene Eigenproduktion des US-Streamingdienstes handelt, sondern vom hierzulande unbekannten amerikanischen Pay-TV-Sender Epix zugekauft wurde, wächst die in Amerika erfolgreiche Agentenserie hierzulande leider kaum über den Status des Geheimtipps hinaus.
Bestseller-Autor und Oscar prämierter Drehbuchschreiber
Epix gehört dem berühmten Hollywood-Konzern Metro-Goldwyn-Mayer, der auch die James-Bond-Reihe sein Eigen nennt. Entsprechend aufwendig und professionell ist "Berlin Station" produziert: Die Idee und die fast tagesaktuell politischen Drehbücher kommen vom New Yorker Bestseller-Autor Olen Steinhauer, dessen Spionageromanen ("Die Kairo-Affäre") Kritiker bereits mit den Werken John le Carrés vergleichen. Einer der Chefproduzenten ist zudem der für "Forrest Gump" mit Oscar prämierte Drehbuchautor Eric Roth.
Aus dem internationalen Staraufgebot der Serie sticht Rhys Ifans heraus: Der Waliser, der als skurriler Mitbewohner Spike in "Notting Hill" an der Seite Hugh Grants bekannt wurde, spielt darin einen gebrochenen CIA-Killer und Folterer, den die Serienautoren ganz nach dem "Sopranos"-Prinzip zu einem Sympathieträger der Truppe aufbauen.
Deutsche Stars spielen AfD ähnliche Politiker
Auch deutsche Stars buchen die US-Macher: So spielt in der zweiten Staffel Natalie Wörner, Lebensgefährtin von SPD-Außenminister Heiko Maas, ausgerechnet die Chefin der rechtspopulistischen "Perspektive für Deutschland" und Heino Ferch einen dubiosen Strippenzieher der unverkennbar an das Vorbild AfD angelehnten Partei.
Keine Serie porträtiert das heutige Berlin besser
Anders als in all den anderen Serien spielt in "Berlin Station" in den ersten beiden Staffeln die Hauptstadt tatsächlich auch eine unverzichtbare Hauptrolle: Die Epix-Macher beherrschen die Suche nach oft unspektakulär wirkenden Drehorten für jede Szene so perfekt, dass das das heutige Berlin an jeder Straßenecke und U-Bahn-Station atmosphärisch so authentisch daherkommt, als ob man zufällig gerade aus dem BVG-Doppeldeckerbus am selben Ort ausgestiegen wäre und die Luft der Stadt riechen kann.
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