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Literatur
12.04.2020

Wer ist hier Mensch, wer kann’s da sein?

„Faust und sein Famulus Wagner nach der Stadt heimkehrend“ – die Darstellung des Osterspaziergangs (samt Pudel) von Goethes Zeitgenossen Carl Gustav Carus.
Foto: Akg

Goethes Osterspaziergang, gelesen in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen. Es treten auf: Faust, die Corona-Patrouille, Trump und ein harmloser schwarzer Pudel

Die Beamten der Corona-Patrouille würden bei ihren Schleichfahrten auf Ausgangsbeschränkungskontrolle wohl ein kritisches Auge aus ihrem silbernen BMW auf dieses Paar werfen: Dieser zaudernde Best-Ager mit linkischen Jungspund da, Seit’ an Seit’ in den anbrechenden Frühling flanierend – dürfen die das denn? Ja, doch, sie dürfen. Sind nicht Vater und Sohn, aber wohnen doch weisungsgemäß zusammen in einem Haushalt, als Gelehrter und Famulus, wo der Jüngere sowieso schon mal nächtens im Schlafrock im Studierzimmer des Alten auftaucht … Wenn der eine krank ist, ist es der andere also wohl eh auch.

Wäre auch zu schade, würden eilfertige Polizisten deren feingeistiges Gespräch durch Zurechtweisungen über ihre blechern dröhnende Außensprechanlage unterbrechen, wie es derzeit ja nicht selten geschieht – also das Dröhnen. Das Feingeistige? Jedenfalls heißt es und scheint durch Legionen berühmter Spaziergänger bewiesen: Wer geht, der denkt. Wobei man heute hinzufügen muss: Sofern der Gehende gerade mal nicht über sein Smartphone wischt oder über Kopfhörer daran angestöpselt ist. Die allenthalben ausgewerteten Bewegungsdaten aus jenen Geräten immerhin bezeugen: Wir gehen derzeit mehr als sonst. Gehen wir also auch ein Stückchen mit den beiden an diesem fast heimtückisch so sonnig sorglos erscheinenden Feiertagswochenende. Denn unaufgestört von Corona-Beamten fallen zwischen ihnen einige der berühmtesten Sätze der deutschen Literaturgeschichte – bei diesem Osterspaziergang aus Goethes „Faust“ nämlich.

Hier bin ich Mensch, / hier darf ich’s sein!

Aber da fängt es ja schon an. Als der Faust nämlich so zum Wagner spricht, tut er dies angesichts des lebendigen Miteinanders im Dorf, wo hier ein Trunk gereicht wird und dort Getümmel der Geschlechter herrscht. „Hier ist des Volkes wahrer Himmel“, seufzt Heinrich. Wir aber begegnen einander ja nicht mal mehr, suchen im Aneinander-Vorbeikommen mitunter Schlangenlinien laufend den gebotenen Abstand zu wahren. Epizentrum Stadt freilich, wo die Stadttauben längst kapiert haben, dass sie nun auch ungestört werktags über die Straßen der Fußgängerzonen für sich beanspruchen können und gurren mürrisch, während sie widerwillig mal einem Menschen Platz machen müssen. Und wer nach Einbruch der Dunkelheit hier noch flaniert, meint am noch milden Abend schon, er sei aus der Zeit gefallen, habe sich mitten in die tiefste, einsamste Nacht verirrt. Bloß dann und wann rauscht einer auf dem E-Bike vorbei, gewiss ein Boxbote mit seiner heißen Ware … Wer ist hier Mensch, wer kann’s da sein? Na, der Wagner. Denn der Famulus hat ja nichts übrig für das normale Treiben: „Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben / Ist mir ein gar verhasster Klang …“ Es ist die Zeit für Vergeistigte, für Stubenhocker, für Freunde der Isolation, die schwärmen wie jener: „Wie anders tragen uns die Geistesfreuden / Von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt!“ Und als Bruder im Geiste würde Blaise Pascal einstimmen: „Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“ Der Faust aber  …

Zwei Seelen wohnen, ach!, in meiner Brust.

Wer – außer eben der Wagner’sche Typ Mensch – könnte da derzeit nicht mit ihm fühlen? Nicht nur, dass wir als ganze Gesellschaften ja in mehr als einem elementaren Zwiespalt stecken: Einer brenzligen Abwägung zwischen Gesundheit und Freiheit da, einer prekären Verflechtung von Wohlergehen und Wohlstand dort … Auch gerade das, was Faust hier der reinen Geistesfreude entgegenhält, offenbart ja in seiner derzeitigen Abwesenheit ihren ganzen Sehnsuchtszauber: „Und führt mich weg zu neuem, buntem Leben! / Ja, wär nur ein Zaubermantel mein / Und trüg er mich in fremde Länder!“ Aber auch wir Reiseweltmeister scheitern ja an der weltweiten Reisewarnung – und wo wollten wir auch hin? Nach Ischgl oder Südtirol, nach Paris, nach Spanien, in die USA? Auf fremde Länder blicken wir doch nur noch, um deren Corona-Fieberkurve mit der unsrigen zu vergleichen.

Hier war die Arzenei, die Patienten starben, / Und niemand fragte: wer genas?

Komische Stelle. Faust gibt sich hier auf dem Osterspaziergang als Sohn eines Quacksalbers zu erkennen. Und woran mag man da heute denken? Vielleicht einen plötzlich selbst ernannt hochtalentierten Hobbyvirologen, der aggressiv und unverdrossen für ein Malariamittel gegen Covid-19 wirbt, dabei Präsident einer Supermacht ist, aber wohl eher in Besitz eines Super-Egos ist als des Superdurchblicks? Im Kontrast dazu: Gab es jemals eine Zeit, in der öffentlich so viel den Wissenschaftlern zugehört wurde? In der hunderttausendfach tägliche Experten-Podcasts gelauscht wird, die schon mal von der RNA erzählen? Die Spur führte eher ins ewige Dickicht von „Faust II“. Heute aber wollen die Menschen wissen – und die Wissenschaft zeigt, wo sie nicht als absolute Wahrheitskünder oder Medien-Dienstleister missverstanden werden, ihre menschliche Seite. Wer da von Eitelkeit und Quacksalberei faselt, spricht eher in einen Spiegel …

O glücklich, wer noch hoffen kann, / Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen! / Was man nicht weiß, das eben brauchte man, / Und was man weiß, kann man nicht brauchen.

Tja, lieber Faust, so könnte es auch scheinen in unserer Unsicherheit über den Fortgang, bei der noch immer tief sitzenden Unbekanntheit der Gefahr. Am Ende deines Dramas wird „von oben“ eine Stimme tönen: „Ist gerettet!“ Aber nicht dich meinen. Von uns Nachgeborenen indes mag jeder dieses „oben“ verstehen, wie er will – österlich, aber erst später in der Tragödie: „Nenn’s Glück! Herz! Liebe! Gott! / Ich habe keinen Namen dafür. / Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch“. Auf diesem Spaziergang jedenfalls könnte man sich selbst danach befragen, worauf man da vertrauen mag. Vielleicht das oben der Vernunft? Vergessen wir jedenfalls den schwarzen Pudel, der sich dem Faust kurz darauf zeigt. Der Manipulator Mephisto hat hier keinen Platz, wir treffen bloß spazierend mehr denn je auf Hunde an der Leine ihrer Herr- und Frauchen. Weil wohl dem, wer einen Pudel hat, der geht nicht mehr nur pflichtbewusst Gassi, sondern bereitwillig hinaus ins Offene. Doch findet Faust zuletzt noch Trost, weiter gehend, weniger denkend, mehr sehend.

Doch lass uns dieser Stunde schönes Gut / Durch solchen Trübsinn nicht verkümmern! Betrachte, wie in Abendsonne-Glut / Die grünumgebnen Hütten schimmern. / Sie rückt und weicht, der Tag ist überlebt, / Dort eilt sie hin und fördert neues Leben …

Einen schönen Osterspaziergang Ihnen – und ein frohes, gesundes Osterfest.

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