2G im Handel finden Landsberger Einzelhändler "überhaupt nicht fair“
Seit einigen Tagen dürfen Ungeimpfte nur noch in Läden des täglichen Bedarfs einkaufen gehen. Der Landsberger Einzelhandel vermisst sowohl verhältnismäßige Vorschriften als auch Weihnachtsstimmung.
Am Eingang des Taschen- und Schuhgeschäfts Bagages weist ein Regenmantel mit aufgeklebten Zetteln auf die aktuellen Vorschriften hin. Mit Ausrufezeichen versehen steht dort, dass keine 2G-Regel im Geschäft gelte. Seit dem 8. Dezember dürfen ungeimpfte Personen nur in bestimmte Läden gehen – nämlich solche, in denen Güter des täglichen Bedarfs verkauft werden. Das LT hat sich am Wochenende in Landsberg umgehört, welche Auswirkungen 2G auf den Handel hat.
Zu den Geschäften des täglichen Bedarfs zählen unter anderem der Lebensmittel- und und Getränkehandel, Apotheken und Drogerien sowie Baumärkte und Tierbedarfshandlungen. Dass Schuhläden auf die 2G-Zugangsbeschränkung verzichten können, überraschte selbst Filialleiterin Karin Utz. Erst Montag, und damit zwei Tage vor der Einführung der Regel, erfuhr sie von einer Kollegin und einem Branchenblatt von ihrem Vorteil. „Wir hatten uns schon darauf vorbereitet“, sagt Utz, die bei der Umsetzung der 2G-Regel Probleme gesehen hätte: „Dafür hätten eigentlich zwei Mitarbeiterinnen im Laden sein müssen, wo wir doch häufig allein sind.“ Dass die Bekleidungsgeschäfte im Gegensatz zur Schuhbranche Ungeimpfte abweisen müssen, findet sie „überhaupt nicht fair“. Ein Schuhhändler habe dieses Recht erstritten, erwähnt Utz.
Schuhhandel ist von der 2G-Regel ausgenommen
Die Landsberger Einzelhändlerin bezieht sich auf den Fall des Händlers Schuh Mücke. Hintergrund ist ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom März. Drei Gründe wurden damals von den Richtern für ihre Entscheidung genannt: Schuhe seien Voraussetzung für die Ausübung zahlreicher beruflicher Tätigkeiten. Sie werden zur Ausübung vieler Sportarten benötigen und tragen damit zur Gesundheit bei. Und für Kinder und Jugendliche, deren Wachstum noch nicht abgeschlossen ist, muss es möglich sein, leicht und schnell Schuhe zu kaufen.
Auch Unternehmen aus anderen Bereichen des Handels werden gegen die aktuellen 2G-Regeln klagen, kündigt unter anderem der Handelsverband Bayern an. Dessen Sprecher Bernd Ohlmann beschreibt die Reaktion der Händler auf die Unterscheidung in 2G und 3G mit dem Wort Fassungslosigkeit. „Während es bei Lebensmitteln klar scheint, fällt es schwer, eine Grenze für weitere Waren des täglichen Bedarfs zu ziehen“, merkt er an.
Einzelhändlerin aus Landsberg fühlt sich benachteiligt
Suzan Gebert, Inhaberin des Damenbekleidungsgeschäfts Suzans in Landsberg, ist mit der Situation alles andere als zufrieden. Sie fühlt sich benachteiligt. Dass unter anderem Schuhgeschäfte von der 2G-Regel ausgenommen sind, kann die Landsbergerin nicht nachvollziehen: „Ich gönne jedem sein Geschäft. Aber es geht ums Prinzip.“ Unter ihrer Kundschaft gebe es recht viele Ungeimpfte. Und diese dürfen nun nicht mehr in ihren Laden. Mit der Kontrolle hat die Inhaberin keine Probleme. Das sei aber auf den unglücklichen Umstand zurückzuführen, dass sehr wenige Menschen einkaufen gingen. „Die Kunden kommen nicht in Scharen. Vorgestern hatte ich insgesamt nur acht Kunden“, betont Gebert, die momentan maximal zehn Personen gleichzeitig in ihren Laden lassen darf. Allgemein komme keine Weihnachtsstimmung auf. „Die Leute haben keine Lust zu shoppen und besorgen nur das Nötigste“, ist Geberts Wahrnehmung.
Sie könne gut verstehen, wenn viele auf die Vorschrift trotzig reagierten und gar nicht mehr in die Innenstadt kämen. Kaum ausgesprochen betritt eine Kundin das Geschäft, zeigt Ausweis und Nachweis, doch Spaß mache der Einkaufsbummel so nicht, gibt sie Gebert zu verstehen. Später kommen drei weitere Kundinnen, alle zeigen Gebert bereitwillig die erforderlichen Dokumente. Doch letztens habe eine Stammkundin zwar das Zertifikat vorweisen können, jedoch ihren Personalausweis vergessen. „Obwohl ich sie schon lange kenne, musste ich sie wegschicken“, schildert die Einzelhändlerin die skurrile Situation. Eine andere Größenordnung herrscht da im Einrichtungshaus „Poco Domäne“ im Landsberger Norden. Marktleiterin Maike Rauscher spricht von einem „reibungslosen Ablauf“. Insgesamt vier Mitarbeitende sind im Möbelhaus für die Kontrolle der Nachweise abgestellt. Die Richtigkeit der Zertifikate wird digital per App überprüft. Nur „sehr selten“ stünden Menschen vor allem aus Unwissenheit ohne Nachweis vor dem Personal. Ein gewisser Umsatzrückgang mache sich bemerkbar, sagt Rauscher. „Doch ich kann schlecht sagen, ob es am schlechten Wetter der vergangenen Tage liegt oder an der 2G-Regel.“
2G im Landsberger Einzelhandel: Schikane oder sinnvolle Regel?
Im Geschenkeladen von Angelika Obermayer wird man schon am Eingang von der Besitzerin empfangen. „Probleme mit 2G habe ich nicht, die meisten meiner Kunden sind gut informiert. Ein Pärchen habe ich wieder wegschicken müssen, sie hatten keinen Ausweis dabei.“ Die Kunden seien sehr kooperativ.
Susan Czerny, Inhaberin des Geschäfts „Dampf Generation“, darf ihre E-Zigaretten weiter an Ungeimpfte verkaufen, da diese Waren zur Grundversorgung zählen. Doch auch bei ihr sei es deutlich ruhiger geworden. Viele wüssten gar nicht mehr, wo sie ohne Impf- oder Genesenenachweis einkaufen gehen könnten, berichtet Czerny. Sie geht von einem Umsatzrückgang von 50 Prozent aus. Eine einheitliche Lösung für den gesamten Einzelhandel hätte sie bevorzugt.
Ähnlich sieht das Dominik Apostolopoulos, der seit Anfang 2020 das Modehaus Hecht führt. Die Vorgaben seien machbar, aber mit viel Mehraufwand verbunden. Mit einer Überprüfung per App sei an diesem Wochenende ein Mitarbeiter beschäftigt. Unter der Woche müsse die Kundschaft im Eingangsbereich auf die Kontrolle warten. Über die Sinnhaftigkeit des Ganzen hat Apostolopoulos eine klare Meinung: „Das ist reine Schikane gegenüber den Ungeimpften.“ Der nun nicht mehr mögliche Einkauf in Bekleidungsgeschäften wird seiner Meinung nach als Druckmittel verwendet, sich impfen zu lassen. „Wenn ein Kunde eine Unterhose kaufen möchte, ist das doch auch ein Hygienebedürfnis“, betont der „Modehaus Hecht“-Geschäftsführer.
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